The Darks were in Prague
Mutig mutig. Da ist es seit Jahren still um die Sisters of Mercy und auf
einmal sind sie wieder da. Aber nicht etwa mit einem Album, sondern viel
mehr mit einigen Konzerten und im Koffer mindestens fünf Jahre alte
Songs. Na da kann man mal gespannt sein.
Eines ihrer seltenen Konzerte hielten sie aber nicht etwa in der
Schweiz, oder sogar in Zürich, welches seinen Ruf als Konzertstadt
No. 1 in der Schweiz immer mehr zu verlieren scheint, sondern in Prag,
der aufstrebenden Szenestadt an der Moldau.
Die Mala Sportovni Hala war mit ca 2000 Besuchern proppevoll
gefüllt. Doch mussten die Zuhörer zu erst einmal zwei
Vorgruppen über sich ergehen lassen. Die erste Vorband vermochte
die Besucher mit ihrem Pixies-ähnlichem Sound auch mitzureissen,
doch verspielten sie sich ihre Sympathien, als sie einen Song mit
deutschem Text anstimmten und sich somit als Deutsche outeten, welche
bei den Tschechen nicht gerade hoch auf der Beliebtheitsskala stehen.
Eigentlich schade, dass nationales Denken den Musikgeschmack
übertönte.
Die zweite Vorband mit dem programmatischen Namen Motorazor war dann der
sprichwörtliche Schlag ins Gesicht. Mit einem Gemisch aus KLF und
Napalm Death mit Industrial-Einschüben schufen sie einen Klangbrei,
der seinesgleichen sucht. Ihr Set bestimmte die Eintönigkeit der
Songs verbunden mit einem nervösen Herumgerase der Musiker. Auch
diese Band zog sich den Unwillen der Zuhörer- einschliesslich des
Autors- zu. Diesmal aber auf musikalischer Ebene und ausserdem noch zu
recht.
Nach der Motorazor'schen Marter war es dann aber endlich so weit. Die
Sisters kamen auf die Bühne. Andrew Eldritch mit einem modischen
blondierten Kurzhaarschnitt und der obligaten Sonnenbrille (was
wäre der gute Mann ohne diese Sonnenbrille...) stieg aus dem
Kunstnebel zum Mikro und schon knallte der erste Song los- Dominion/
Mother Russia. Was für ein Beginn im ehemaligen Satellitenstaat.
Obwohl die Songs erwatungsgemäss düster rüberkamen war
die Lichtshow sehr farbenfroh. Durch ihre Positionierung hinter der Band
und dazu omnipräsenten Kunstnebel wurde zwar die Bühne farbig
ausgeleuchtet, nichtsdestotrotz konnte man von den Musikern vielfach nur
die Silouetten erkennen. Der Höhepunkt des Lichtes war aber ohne
Zweifel ein Hochfrequenzstroboksop, welches dem Zuschauer die hinterste
Windung des Gehirnes durchleuchtete.
And the Band played on... Die Sisters spulten in ihrer Show
glücklicherweise nicht einfach ihr Greatest Hits-Album ab, sondern
zeigten einen repräsentativen Querschnitt durch ihr Schaffen, wobei
vor allem die schnelleren Songs dominierten. Obwohl die Klassiker Marian
und Vision Thing fehlten, kamen die Sisters nicht darum herum in der
Zugabe den heissersehnten Tempel of Love zu geben.
Nach nur eineinhalb Stunden neigte sich die kraftgeballte Show der
Sisters ihrem Ende zu. Meiner Meinung nach ein bisschen zu früh.
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