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16.12.1995

Konzerte

Max Lässers Madamax

Joachim Witt live

Kruder & Dorfmeister

Harfensphären

Clawfinger

Black Sabbath am OASG

Herbert Groenemeyer

Therapy

Judas Priest

EAV im Volkshaus

Pippo Pollina

Konzert: Sisters of Mercy

Uriah Heep am Touren

U2 in Prag

Dance Night

Die Prinzen in Zürich

Patent Ochsner in Winti

Konzert der Fanta 4

Björn im Xtra

Südstaatenrocker Georgia Satellites

Irisch, punky, cool: Big Geraniums

Mr. Ed Jumps The Gun

Element of Crime

Le _soldat inconnu

Fettes Brot

NO FX

Blümchen

Yothu _Yindi

Urban Cookie Collective

21. Winterthurer Musikwochen

Rainbirds

Gurd

Tic Tac Toe

Gaswerk

Hosen

Aerzte

Transglobal Underground

Die Verleihung des städtischen Pop-Oscars.

Ear

Pippo Pollina

Sina

Altan

Sven Väth

Paradise Lost

Marco Polo

Stell dir vor, Sven kommt nach Rümlang...

... und kein Medium darf darüber berichten. Genau dies ist letzten Samstag passiert. Der Frankfurter Star-DJ Sven Väth war in die tiefste Provinz nach Rümlang gekommen, das ist ein kleines Kaff beim Flughafen. Dort steht ein massiver Unterhaltungskomplex, der Groodonia heisst und grösste finanzielle Schwierigkeiten hat. Und in eben dieses Groodonia hatte die Partyveranstalterin Leila von der in Medienkreisen berüchtigten Dekadence zusammen mit dem Leuten vom Tarot-Club den grossen Gast eingeladen. Nach dem Lokalmatador Styro 2000 und der Berliner Newcomerin Maja hätte Punkt Mitternacht der König der Könige auflegen sollen. Dies hat er vielleicht auch getan. Wir wissen es nicht, denn wir wurden mit dem Hinweis, dass die OrganisatorInnen über diesen Anlass eine Publikationssperre hatten verfügen müssen, wieder heim geschickt.

Die Sache schien anfänglich ganz einfach. Biwidus tauchte im Groodonia auf und war schon mal nicht schlecht überrascht, als unzählige Autos im Umkreis des Lokals herumstanden, zum Teil aus Italien und Deutschland. Der Andrang war nicht schlecht, und schon um diese frühe Zeit wurden die ersten Autos abgeschleppt, ein böses Erwachen nur für eine Party. Im Groodonia selbst standen schon viele Chics (und was für welche!!!) und Pricks herum, na ja, das Uebliche. Aber der Witz an der ganzen Sache ist, dass alle diese jungen Leute hier eigentlich nichts mehr zu suchen haben.

In einem Interview erzählte uns Leila ("Dekadence"), dass dies eine der letzten grossen Parties im Groodonia von ihrer Seite aus gewesen ist (und Nosie vom Tarot pflichtete ihr bei). Die Behörden hätten ihr als Organisatorin Auflagen gemacht, die ihr es nicht mehr ermöglichten, weiterzumachen. Im Juni mache Dekadence den Laden im Groodonia dicht. Beispielsweise hätte die Gemeinde eine maximale Anzahl an RaverInnen zugelassen. Das ist an sich kein Wunder, denn offensichtlich platzte die Location aus allen Nähten, mit allen Nachteilen, die tausende von autobewehrten und meist völlig ignoranten PartysanInnen immer mit sich bringen. Um Sicherheitsdienste (in der Fachsprache und in intellektuellen Kreisen "Securitate" genannt - aus naheliegenden Gründen) und den Parkplatz- und Verkehrskollaps müsse sie sich kümmern. Das an sich sei verständlich, aber auch hier wurden Forderungen gemacht, die sie nicht mehr ertragen könne. Und deshalb seien beide Partyfirmen weder an einer Berichterstattung in unserem Magazin, noch an einer in sonst einem Medium aus dem Groodonia interessiert, von Photos ganz zu schweigen. Ich gebe zu, dass der Zusamenhang zwischen Berichterstattung und Maximaleintrittszahl etwas konstruiert ist, aber mir ist klar, dass durch mehr Berichterstattung vielleicht (!!!) mehr Leute kommen könnten an den nächsten Parties. Und dass die VeranstalterInnen durch den enormen Druck von oben zu Kurzschlussreaktionen tendieren und solchen Schwachsinn wie Mediensperre verhängen, kann ich in dieser Situation verstehen. Handumkehrt lässt sich auch die Frage stellen, warum die OrganisatorInnen denn ein solches Line-Up wie den guten Sven einladen wenn sie einen solchen Publikumsaufmarsch offensichtlich gar nicht ertragen, resp. nicht einmal brauchen können. Etwas weniger bekannte DJs würden zwar weniger Publikum und auch etwas weniger Geld, aber auch weniger Ausgaben und Probleme mit sich bringen. Auch hier fehlt die Kooperationsbereitschaft ein bisschen.

Wir wurden wie andere Journis offenbar auch abgewiesen, während im Groodonia die Party mit dem Ehrengast weiterlief und hunderte von Ravern und Raverinnen (!!!) aus der Agglomeration sich unterhielten (Merke: auch Agglos sind Menschen).

Spass beiseite. Offensichtlich hat die Gemeinde Rümlang kaum Verständnis für die Interessen der Jugend aus der näheren und fernern Umgebung. Das Groodonia wird der Gemeinde eine Last und muss noch bräver und auch uninteressanter werden. Im riesigen Betonklotz ist einfach zu viel Action. Es ist trotzdem eine Tatsache, dass das Verlustgeschäft Groodonia der Gemeinde kaum Steuern zahlen kann und ihr deshalb auch nichts positives bringt. Polizeivorstand Heinz Lusti hat dies gegenüber Biwidus auch bestätigt. Dass Parties nicht mehr geduldet werden, weiss man schon länger, Tarot-Chef Ramesh hat sich genug darüber ausgelassen. Leila meinte sogar, man wolle sie schlicht herausekeln. Aber sie zeigt kaum Verständnis für die Probleme der kleinen Schlafgemeinde, die einfach nicht geeignet ist, zu einem Partyzentrum zu werden. Rümlang hat heute ihre liebe Mühe mit den Megaraves im Groodonia. Es gab zum Beispiel nie eine Ausschankbewilligung, meinte der Polizeivorstand der Gemeinde, die Parkiersituation werde jedesmal zu einer Katastrophe, und auch Sachbeschädigungen seien an der Tagesordnung. Ganz abgesehen davon, dass PartyzanInnen einfach in irgendwelche Gärten und Ecken schissen. Rümlang sei einfach "(...) überfordert (...)" mit dem Partyzentrum Groodonia. Schade, denn das aggloverseuchte Groodonia wäre durch diese Raves zu einem regelrechten Partyzentrum geworden. Also werden die Jugendlichen doch wieder mit der Stadt vorlieb nehmen müssen.

Schade auch, das mit dem guten Sven, wir hätten gerne ein paar schöne GIFs von ihm und seinen HörerInnen gebracht. Aber es bleibt bei diesem Bericht. Biwidus wird wohl oder übel auch in Zukunft bei Dekadence und Tarot-Veranstaltungen präsent sein, aber das Groodonia hat uns gesehen. Und Rümlang eigentlich auch.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) vor dem Haupteingang des Groodonia in Rümlang beim Flughafen.