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Alles verscheissender Gören-Rap
"Ich find dich scheisse", plärren drei gerade den Windeln entstiegene Gören aus dem
Glotzophon und teilen mir mit ziemlich deftigen Worten mit, was für ein Arsch ich sei.
Immer wieder muss ich mich durch den Dreck ziehen lassen, anscheinend ist das üblich so,
dass jetzt sogar die Frauen keine Rücksicht und Harmonie mehr kennen. Erst beim fünften
Hören merke ich dann, dass nicht ich gemeint bin, sondern die Machos all over the world.
Das beruhigt mich, denn von drei dahergelaufenen Teenies lasse ich mich nicht
verarschen.
Als "Frei nach Schnauze" bezeichnen Tic Tac Toe ihr neues erstes Album "Tic Tac Toe".
Das weibliche Ruhrpotttrio hat mit She-Gangsta nach dem Vorbild von Salt'n Peppa
seinen ver"schissenen" Weg nach oben gefunden. Mit "Funky" ziehen sie den Faden weiter,
sie boasten, was das Zeug hält und
reimen ihren Alltagsfrust besser durch die silberne Scheibe als z.B. die politischen Rödelheimer.
Die meisten ihrer Texte sind alltäglich, fast profan und reizlos, vielmehr der
erfolgreiche Versuch dreier "Gören", sich gegen den Alltagstrott Luft zu verschaffen.
"Soziale" Themen wie Mann/Frau-Geschichten, Musik und Lifestyle geben den Ton an,
die meisten Texte die Meinung der drei zum Thema Liebe, Sex und Zärtlichkeit
wieder, und sie haben eine (fast penetrante) postpubertäre Schulmädchenattitude. Messages,
wie sie auch in den politisch angehauchten Songs des Vorbildtrios Salt'n Peppa zu finden sind,
erachten Tic Tac Toe als unnötig. Das Stichwort "Politik" ist ihnen fremd. "Politik?
Oh Gott", meinte die hübsche Ricky, "Haben wir nichts damit zu tun", gab Lee kund und die
dritte im Bunde, Jazzy, relativiert:"Wir machen unsere eigene Politik". "Lebenserfahrung,
Gefühle und Träume" seien ihnen wichtig. Aber sie könnten sich wenigstens vorstellen,
gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu rappen, fügten sie auf eine Folgefrage hinzu.
Das sei nicht politisch. Das würde sich aber vielleicht ändern, wenn sie älter werden.
Sie sehen sich als "Gören", die der Welt sagen, was sie von ihr halten. Es interessiert
sie leider nicht, was die Welt von ihnen hält. Aber beim Intitermin mit Biwidus gaben
sich die drei viel natürlicher, alberten herum, laberten, was das Zeug hielt und
versuchten, Schweizerdeutsch zu lernen. Die süsse Rocky war sogar etwas erkältet. So
wurden aus den erfolgreichen Gören aus Viva vorlaute Schulmädchen aus dem Ruhrpott, so
wirkten sie uns bedeutend sympathischer. Anschliessend haben wir mit ihnen ein
Spiel gemacht, das Freud-Spiel. auf ein Stichwort von uns warfen sie den ersten
Begriff ein, der ihnen einfiel.
Schweiz?
Skifahren, Berge
Deutschland
Da lebe ich
Rap und Hiphop?
Cool, Musik, Amiland
Rödelheim
Packt eure Dödel ein - geht zurück nach Rödelheim (lacht), dissen, Frankfurt
Männer?
Nett, hmmmm, ohne sie gehts nicht
Frauen?
Genauso. Aber ich bin nicht lesbisch
Erfolg?
Macht Spass
Internet?
Was?, Scheisse, cool, gewisse Sachen müssen rausgenommen werden,
z.B. Naziparolen und Kinderpornographie
Jazzy (18) ist die Wortführerin der drei und sprüht einen schalkhaften Charme in
die Welt hinaus. Die attraktive Ricky, ebenso 18 Jahre alt und frische
Autofahrerin, war mal Model und ist die Nichte des Rap-Zahnarztes Dr. Alban aus
Schweden. Und Lee schliesslich, jetzt mit kurzgeschorenem und gebleichtem Haar,
rundet mit ihrer ruhigen Art das Trio ab. Die drei Rapperinnen, die mit ihrer
Art den Uebergang vom Kind zu erwachsenen Frau auszuleben scheinen, haben innert
kürzester Zeit einen Hype entfesselt, der sich interessanterweise vor allem
unter SEHR jungen Jugendlichen wie ein Lauffeuer ausbreitet, gerade unter
Mädchen. Und ihr gerade erschienenes Album "Tic Tac Toe" wird zum Manifest
dieser frühreifen Jugend, der Texte wie "Ich find dich Scheisse!" und "Verpiss
dich!" genauso eingetrichtert werden, wie die Thematisierung von Sex.
Selbstbewusstsein wollen die drei Girls dort auf der Bühne ausdrücken, die 12-
bis 14-jährigen jedoch könnten diese Attitude druchaus auch als Aufruf zur
Rücksichtslosigkeit und zur Glorifizierung des Individuums auslegen, geistig
unreif und beeinflussbar, wie mensch in diesem Alter halt nun mal ist.
Wie schon dem letzten Abschnitt zu entnehmen ist, war der Autor von den drei und
vor allem vom Konzert alles andere wie begeistert. Bevor die drei
Ruhrpotterinnen ins Zürcher Volkshaus kamen, traten sie im Berner Theater
National auf, wo wir sie abfingen. Sie spielten dabei immerhin das erste
vollständige Konzert ihrer Karriere (i.e. mit dem ganzen CD-Repertoire). Etwa
hundert Personen wollten dieses "Konzert" sehen. Und was für Personen! In der
kleinen Halle stolperten kleine Dinger herum, die mensch zweifellos als "Kinder"
bezeichnen muss, denn wer über 16 war, kam sich in diesem Gewühl aus
Kindergarten- und PrimarschülerInnen wie ein Grufti vor. Das musste sogar
Gaudimax feststellen, der am Tag davor 18 geworden ist. Die Kleinen kreischten
schon bei der Vorgruppe, der Baslerin Luana (neben Tic Tac Toe geradezu ein
Rap-Profi) und DJ Ace, nach Tic Tac Toe, wie die älteren bei Take That und wir
bei den Hosen. Es war ein lustiger und für uns ungewohnter Anblick, wie da die
heutige Bravogeneration, sekundiert in vielen Fällen vom sorgenden Elternteil,
sich an der Girlie-Musik der drei aufgeilten (sorry, aber so war es). Dabei
frage ich mich ernsthaft, ob sie den Inhalt z.B. von "Funky" ("ich sitz auf
deinem schoss, ein kleiner Traum wird riesengross") auch wirklich verstehen.
Wie auch immer. Das Konzert war ziemlich billig gemacht, ohne Lichteffekte und
sonstige dramaturgische Spielereien, wie sie auch bei Rap-Gigs üblich sind.
Natürlich kam die Musik ab Playback (ich hoffe, NUR die Musik). Die CD wurde
einfach von vorne nach hinten durchgenommen, eine neue und unsympathische
Tendenz in der Musikszene. Originalität war nicht gefragt, hätte wohl auch
nichts gebracht. also rappten und wiegten sich die drei im 4/4-Takt durch eine
Stunde Sound. Die Sprüche dazwischen wirkten zwar nicht langweilig, aber doch
unbeholfen - kein Vergleich zum Beispiel zu den viel lebendigeren Girls von
Wemean. Na, Tic Tac Toe haben in Bern die kindlichen Massen begeistern können,
das ist die Hauptsache. Aber ob es für die Qualität ihrer Musik spricht, sei
einmal dahingestellt. Ein langer Weg liegt noch vor ihnen - und das ist nicht
zweideutig gemeint....
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