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14.1.1996

Konzerte

Max Lässers Madamax

Joachim Witt live

Kruder & Dorfmeister

Harfensphären

Clawfinger

Black Sabbath am OASG

Herbert Groenemeyer

Therapy

Judas Priest

EAV im Volkshaus

Pippo Pollina

Konzert: Sisters of Mercy

Uriah Heep am Touren

U2 in Prag

Dance Night

Die Prinzen in Zürich

Patent Ochsner in Winti

Konzert der Fanta 4

Björn im Xtra

Südstaatenrocker Georgia Satellites

Irisch, punky, cool: Big Geraniums

Mr. Ed Jumps The Gun

Element of Crime

Le _soldat inconnu

Fettes Brot

NO FX

Blümchen

Yothu _Yindi

Urban Cookie Collective

21. Winterthurer Musikwochen

Rainbirds

Gurd

Tic Tac Toe

Gaswerk

Hosen

Aerzte

Transglobal Underground

Die Verleihung des städtischen Pop-Oscars.

Ear

Pippo Pollina

Sina

Altan

Sven Väth

Paradise Lost

Marco Polo

Irish folk rock in Zurich

Irland, so sagt mensch, sei die Insel der Sänger und Barden (wie gewohnt werden dabei die Frauen mitgedacht). Nicht von ungefähr, denn seit Jahrhunderten bringt das sonst nicht besonders reich gesegnete irische Volk immer wieder haufenweise begnadete MusikerInnen hervor, die meisten wachsen in den Strassen oder in den Pubs der Dörfer und Städte der "Grünen Insel" auf und sind auch vom uralten keltischen Verständnis für lyrische Musik geprägt. In den späteren Siebzigern und den beginnenden Achtzigerjahren schafften es etliche irische KünstlerInnen, mit ihrer urwüchsigen Folk-Musik den Sprung auf den Kontinent. Während Sänger wie Van Morrison oder Bob Geldof und seine Boomtown Rats die Vorläufer der populären, rocklastigen Hitparadenmusik waren, die im Welterfolg der Dubliner Combo U2 gipfelte, pflegten viele KünstlerInnen weiterhin die folkigen, bluesigen Traditionals, die einen als Liedermacher alter Schule wie Luca Bloom, die anderen, an vorderster Front Clannad aus dem County Donegal, eine Fusion aus Folk mit sehr modernen Elementen. Den eigentlichen Höhepunkt bildeten die Jahre 1983-1986, als die aus der Clannad-Familie stammende Enya die Hitparaden stürmte, als Bands wie die Hothouse Flowers mit ihrem eingängigen Folk-Rock auch in unserer Generation grosse Erfolge feierten. An ihren Konzerten trafen sich gleichermassen E-Musikfans, wie auch Anhänger des damals sehr starken alternativen New Age-Sound, die sich oft auf die traditionellen irischen Songstrukturen beriefen. Urplötzlich wurde es dann still um die irischen Gruppen. Sie wurden gegen Ende der Achtzigerjahre zur Ausnahme, nur noch Bands wie U2, die sich gänzlich von der irischen Tradition getrennt hatten, oder viel später die unsägliche Kelly-Familiy, die ein kitschiger und billiger Abklatsch jener Tradition ist, waren bei uns noch zu hören. Irland verschwand aus den Hitparaden, sicher auch eine Folge des Trends der Neunzigerjahre "weg von der Natur", hin zu individualistischem und geistlosem Musikkonsum, dessen bisherige Spitze die derzeitige Easy-Listening-Welle bildet.

Es gibt sie jedoch noch, die Ueberbleibsel jener glorreichen Zeit der irischen Bands. Während früher die häufig stattfindenden Irish Folk Festivals hohe BesucherInnenzahlen zu verzeichnen hatten, sind sie heute fast zu esoterischen Veranstaltungen verkommen, die kaum mehr jemand besucht. Trotzdem wollen sie es wissen, Bands, wie beispielsweise die Gruppe Altan aus dem County Donegal. Altan tourte früher regelmässig mit diesen Folk Festivals mit, in den letzten Jahren versuchen sie es solo und traten letzten Montag im Zürcher Volkshaus auf. Wie erwartet war das durchschnittliche Alter des Publikums etwas zwischen 25 und 30 Jahre. Die Leute, die mit dieser Musik aufgewachsen waren, hielten ihr auch in dieser ach so schweren Zeit die Treue. Trotzdem fiel auf, dass sehr viele Jüngere anwesend waren, Leute, die sicherlich nicht zur alternativen Szene der Achtzigerjahre zuzurechnen sind.

Seit nun zehn Jahren spielen und touren sie, die Band Altan, fünf unauffällige Irinnen um die feengleiche Sängerin Mairead Ni Mhaonaigh. Im Gegensatz zum letzten Jahr war das Volkshaus heuer nicht ganz ausverkauft, die hintersten Reihen waren noch leer. Die Band, die nach fünf erfolgreichen Releases (das letzte Studioalbum war "Island Angel" aus dem Jahr 1993) gerade ihr Greatest hits-Album "The first ten years" promotet, hat es geschafft, Publikum aus allen Altersklassen in den Kreis 4 zu lotsen. Das Konzert stand im Rahmen des Weltmusikwelt-Festivals, einer lockeren Veranstaltungsreihe mit Folk-Konzerten aus verschiedenen Ländern.

Nach dem unerwarteten Tod des Fiddlers und Altan-Mitbegründers Frankie Kennedy hatte man der Band prophezeit, dass sie die Frische ihrer Musik abrupt verlieren würde. Dem ist zum Glück mitnichten so. Mairead, sowie ihre Bandmitglieder Ciaran Tourish, Dermot Byrne, Ciaran Curran und Daithi Sproule heizten dem Publikum mit ihren Traditionals regelrecht ein. Das Konzert fand natürlich ohne jegliche elektronische Instrumente statt. Von den paar Mikrophonen natürlich abgesehen war alles "unplugged", wie es in Neuhochdeutsch heisst. Die verschiedenen Instrumentalstücke kribbelten derart in den Beinen, dass mensch regelrecht mittanzen wollte. Wahrscheinlich haben die OrganisatorInnen gerade deshalb vorsorglich auf eine Tanzfläche verzichtet und nur gestuhlt - wer kann in diesem Land schon einen echten Jig tanzen, oder? Trotzdem schafften es einige, aufzustehen und in den Gängen herumzutanzen. Je länger das Konzert ging, desto mehr standen auf und tanzten, die Band goutierte das mit einem Dankeschön an das "Ballet of Zurich". Bei den ruhigeren Stücken kam auch so etwas wie Lagerfeueratmosphäre auf. Ueberhaupt sind Altan trotz ihres Erfolges auf Bühnen noch immer im positiven Sinne eine Pub-Band. Zeitweise verfielen die Bandmitglieder sogar ins Jammen, was eher selten ist in den Gigs heutzutags, leider. Die Balladen, vorgetragen meistens von Mairead, waren geradezu herzerweichend. Und weil die Band nicht nur aus Irland, sonden auch aus dem nordwestlich gelegenen County Donegal kommt, waren sie auch in ihrer eigenen Sprache gesungen, dem Gälisch, einer keltischen Ursprache, sehr melodiös und poetisch. Mairead hat eine kristallklare Stimme, die sich genauso für Kinderlieder, wie auch für Lovesongs eignet. Schade, habe ich meinen Gälisch-Kurs schon nach der ersten Lektion abgebrochen, denn wenn ich sie verstanden hätte, wären sie wohl noch viel tiefer in mein romantisches Herz eingedrungen.

Das Publikum bekam Irisch Traditionals vom Feinsten serviert, ganz zweifelsohne. Es ist zu hoffen, dass Bands wie Altan wieder vermehrt auf unseren Bühnen spielen werden, ich denke da zum Beispiel auch an die kommende Open-Air-Saison. Altan selbst tourt jedenfalls weiter und fuhr im Rahmen ihrer German Tour 1996 (!?) am nächsten Tag nach Basel. Es ist anzunehmen, dass sie nach dem Release ihres forthcoming Albums im April im nächsten Sommer noch einmal in der Gegend auftauchen, ein Tip für alle, die irische Folk-Musik ohne den Kitsch von den Kellys hören wollen. Biwidus wird zu gegebener Zeit darüber informieren.

Da soll mal eineR sagen, die IrInnen seien nur geniale BierbrauerInnen und SchnapsbrennerInnen! Sie bleiben, was sie schon immer waren und sind: das Volk der SängerInnen und BardInnen.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus dem Volkshaus zu Zürich.