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Aarau
21.3.1998

Theater

Karls neues kühnes Gassenschau-Programm

150 Jahre Bundesstatt

Züri lacht

Theater für Zürich

Lorenz Keiser: Aquaplaning

Andorra

Lysistrata

Clownschule Dimitris

Chin. National_zirkus

Theater der _Suchtprävention 96

Bremer Freiheit

Hanglage Meerblick

Schauspielhaus 1996

Eine _tierische Farm

Reizender Reigen

Blick zurück im Zorn

Massimo _Rocchi

Blickfelder

Bruno und Bruno

Die _Mausefalle

Ibsens _Wildente

Zwölf Leichen im Keller

Gedenkfeier für Eynar _Grabowsky

Girls in der Winkelwiese

Mädchen-Theater 1998

Wir feieren 150 Jahre Bundesstaat, und niemand interessiert das. Eine Ausnahme ist die 15jährige Rahel aus Rupperswil im tiefsten Aargau. Die Kleine hat zusammen mit ihren Freundinnen ein besonderes Projekt in die Hand genommen. Im Rahmen eines Geschichtswettbewerbes für das Jubeljahr reichte sie kürzlich einen Beitrag in Form eines Theaterstückes ein. Dieses Stück stach aus der Reihe der anderen Beiträge mit seiner Frische und Jugendlichkeit hervor.

Biwidus hat zwar versprochen, nicht zu verraten, ob Rahel und ihre Freundinnen etwas gewonnen haben, aber das Stück war auf jeden Fall ausgezeichnet. Entstanden ist es aus der Idee heraus, hundertfünfzig Jahre Aargauer und Schweizer Geschichte theatralisch wiederzugeben. Rahel sammelte also mit ihrem Vater seit Oktober aus verschiedenen Quellen (Büchern) Fakten und machte aus ihnen modern anmutende Schlagzeilen.

Rund um diese Schlagzeilen schrieb Rahel ein lockeres Gefüge von szenischen Texten. Sie selbst führt durch das Stück, indem sie als Paperboy der Aargauer Zeitung immer wieder ihre Headlines in die Szenen einwirft. Ihre Kolleginnen kommentieren sie als ewigwährender Stammtisch und mit sketchartigen Kurz-Rollenspielen. So werden 200 Jahre bewegter helvetisch-aargauischer Geschichte auf eine Stunde Spiel verkürzt. Das reicht von ersten revolutionären Gedanken von jugendlichen Aargauern bis zur heutigen Jugend, die - aus ihrer unmündigen Ohnmacht befreit - mit der Taschenlampe das Licht im Dunkel der Zukunft sucht.

Rahel versteht sich sehr gut in Bildern und ihrer eigenen Sprache. Mit Dynamik und Drive (und ein paar auffälligen Längen) führt sie durch das Programm. Die Kleine und ihre 12-16jährigen Freundinnen haben jedoch die ganze Zeit mit einem doch an sich wichtigen Problem zu kämpfen. Es ist offensichtlich, dass sie (leider etwas häufig) keinen Schimmer davon haben, was sie aufführen. Sie haben offenbar nicht die Sattelfestigkeit in historischen Fragen, nicht selten sagen ihnen auch die Ausdrücke nichts, die sie verwenden. Und das ist wirklich schade.

Sonst jedoch muss man vor den Mädchen und jungen Frauen den Hut ziehen. Entgegegen allen Unkenrufen, dass die Jubiläumsfeier die Jugendlichen einen feuchten Scheissdreck angeht und dass Mädchen sich mit nichts anderem beschäftigen als mit Boygroups, haben da ein paar Girls ein echtes Werk hingekriegt. Klar, dass das Stück hie und da hapert und die Mädels ihre Texte noch nicht perfekt konnten (einige waren kurzfristig ausgestiegen). Sonst jedoch waren wir (die Jury) baff. Bravo, Mädchen!

Ein wichtiges Problem haben die Jungschauspielerinnen: bisher war nur eine Aufführung geplant (eben für die Jury). Und das ist eine Verschwendung. Sie sollten die Möglichkeit haben, ihr Stück auch Anderen anbieten zu können. Ich denke an eine Tournee durch Schulen und/oder an eine Videoversion des Stückes. Da sind die Behörden und die Jugendarbeit gefragt, wenn ein paar Girls ein selbstkritisches Stück Geschichtstheater gemacht haben. So viel Freude an der Kultur und an der Selbstreflexion erwartet man von der Generation X leider nicht mehr.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) (Jurymitglied mit Theatererfahrung)