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Winterthur
16.9.1996

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Züri lacht

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Andorra

Lysistrata

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Max Frisch's Andorra

Also, etwas über den Inhalt von "Andorra", dem Meisterstück des kürzlich verstorbenen Schweizer Autors Max Frisch zu sagen, wäre Eulen nach Athen zu tragen. Die Parabel gegen Fremdenhass, Gewalt, Vorurteile und Kleinmütigkeit ist wohl eine der erfolgreichsten und aktuellsten Schweizer Dramen überhaupt. 1961 im Schauspielhaus uraufgeführt, hat die Story gerade einmal mehr Premiere auf einer Schweizer Bühne gehabt, nämlich im Theater am Stadtgarten Winterthur. Diesmal schrieb die Theatertruppe um den Regisseur Manfred Greve verantwortlich.

"Wir wissen alle, dass wir gewalttätiger, grausamer sein können in einem Kollektiv, in einem uniformierten, aber auch in einem nicht uniformierten." Das schrieb der 1911 geborene und 1991 verstorbene Frisch über seinen Modellstaat Andorra, wo kleinmütige und geistlose Bürger sich an der Menschlichkeit vergehen, indem sie den vermeintlichen Judenjungen Andri (recht launisch und zum Teil ein bisschen unglaubhaft gespielt von Boris Eder - einem nun wirklich alles andere wie "jüdischen" Typen) andauernd ausschliessen und ihn wissen lassen, wie minderwertig er doch ist. Schliesslich verraten sie ihn und bringen ihn (moralisch gesehen - durch Verleugnung und Denunziation) um.

Das Stück ist ein Stück wider die Kleinmütigkeit einzelner Menschen, die sich im Kollektiv in Gewalt kehrt. In diesem Stück über 12 Bilder und einzelne Vordergrundszenen ist niemand davon gefeit, feige und ungerecht zu sein. Nicht nur der liberal und sozial gesinnte Vater begeht ein Unrecht, indem er seinen unehelichen Sohn als jüdischen Flüchtling hinstellt und damit den Ursprung des Untergangs selbst auslöst. Eckart Dux spielt den cholerischen Lehrer übrigens sehr überzeugend, ja beeindruckend. Selbst Andri belügt sich selbst, indem er schliesslich nicht einsieht, dass er der wahre Sohn des Andorraners ist. Jeder verrät jeden, immer und alles, weil er Angst vor der Wahrheit hat. Wie aktuell kann dieses Stück also noch sein?

Die Aufführung im Theater am Stadtgarten war gut besucht, vor allem von Schulklassen. Trotz der gelungenen Besetzung krankte das Stück an einer auch für diesen ohnehin schleppenden Stoff besonders ausgeprägten Fadheit. Die Dekoration beschränkte sich auf das Notwendigste und die SchauspielerInnen sprachen in verschiedenen Lautstärken, so dass mensch entweder zusammenschrak oder ganz angestrengt hinhören musste, um den Text zu verstehen. Aber ich glaube dennoch, dass dies nichts daran ändert, dass Greve und seine Truppe Frischs Vorlage gerecht geworden ist, denn bei dieser Fabel kommt es auf die Message darauf an, und nicht auf das vordergründige Spiel. Noch immer bleibt Andorra ein "Must", gerade für Jugendliche.

Weitere Höhepunkte des Programms der nächsten Wochen im Theater am Stadtgarten Winterthur sind und wären:
"Kunst" von Yasmin Reza (23.09. bis 25.09.)
Mode-Gala-Show (27.09.)
"Der Hauptmann von Köpenick" von Carl Zuckmayer (30.09. bis 4.10.)
Cabaret Rotstift (25.10.)
Carmen - das Ballet (31.10.)



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus Winterthur