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4.3.1996

Theater

Karls neues kühnes Gassenschau-Programm

150 Jahre Bundesstatt

Züri lacht

Theater für Zürich

Lorenz Keiser: Aquaplaning

Andorra

Lysistrata

Clownschule Dimitris

Chin. National_zirkus

Theater der _Suchtprävention 96

Bremer Freiheit

Hanglage Meerblick

Schauspielhaus 1996

Eine _tierische Farm

Reizender Reigen

Blick zurück im Zorn

Massimo _Rocchi

Blickfelder

Bruno und Bruno

Die _Mausefalle

Ibsens _Wildente

Zwölf Leichen im Keller

Gedenkfeier für Eynar _Grabowsky

Girls in der Winkelwiese

Bruno und Bruno im Cabarethimmel

Mit einem Flyer wurde der Abend angekündigt als "Bruno und Bruno: überfünftausendvierhundertsekundenzumlachen". Das sei das erste Programm der neuen Stars im Schweizer Cabarethimmel, der in den letzten Jahren ziemlich wolkig geworden ist. Seit der de Facto- Pensionierung der Altstars wie Peach Weber, Cabaret Rotstift oder Emil sind keine neuen Cracks mehr an den Erfolg der alten Hasen der Kleinkunst herangekommen (ausser virelleicht die Götterspass-Leute, aber die mag' ich nicht besonders). Jedenfalls versprach die Werbung für den Abend mit den beiden Brunos viel muntere Unterhaltung.

Bruno und Bruno, das sind Bruno Tiefenauer, der Schlaue, und Bruno Hollenstein, der Dumme. Die beiden Zürcher machen eigentlich ziemlich konventionelles Zweimann-Cabaret. Der eine ist der ewige Besserwisser, der mit trockenem Humor die Welt und seinen Kameraden kommentiert. Der andere, meist (etwas diskriminierend) mit einem körperlichen Gebrechen irgendeiner Art behaftet, schaut ziemlich belämmert drein und versteht genau gar nichts um sich herum. In ihrem über hundert Minütigen Programm fallen die beiden Brunos, was die Arbeitsteilung betrifft, nie aus dem Rahmen. Und sie passen mit ihrer biederen Art irgendwie ins Bernhard-Theater.

Aber unkonventionell sind die Details. Im Programm stand viel Verwandlungsfähigkeit, gelungene bis abgrundblöde Gags und der Versuch eines neuen Star-Duos, die Bretter zu erobern, die angeblich die Welt bedeuten. Durchgehend spielt das Programm in einer Zivilschutzanlage. Und der erste Satz, den der eine Bruno kund tut, ist:"Ich bin hier der Ortschef", und so gehts 5400 Sekunden lang weiter. Zivilschutz-Witze haben die beiden en masse gefunden. Aber auch sonstige Zeitgenossen, wie Herr Nationalrat Doktor Christoph Blocher und Bischof Vogel wurden durch den Kakao gezogen. Besonders amüsant fand ich den Gag zu Bundesrat Koller:"Weisch du, was de Noldi mit sine alte Chleider macht?", fragt der Chef seinen SchteeFau. "Er trait si". Und so weiter, vor allem im ersten Drittel des Programms. Positiv anzumerken ist hier der Beizug des Publikums beim "Namensappell".

Offensichtlich waren viele Witze und Kommentare eigentlich nur für Männer gedacht, oder sie behandelten männerspezifische Themen. Besonders negativ fielen mir die Witze mit Klischeeausländern auf, die wirkich nicht notwendig waren und höchstens noch als schlechte Parodien auf fremdenfeindliche Witze durchgehen könnten. Ueberhaupt waren die Lacher an der Premiere übermässig zahlreich, das Publikum liebte, was geboten wurde. Teilweise waren die Gags positiv abstrakt (die Verwechslung zwischen Tessiner und Designer) oder negativ frauenfeindlich (Was isch das für en überfaarene Adler uf dere Foti? Mini Frau!). Die Verwandlungsfähigkeit der beiden wird zu einem Stilmittel. Sie fallen auch einige Male aus ihren Rollen und sind Bruno und Bruno, die sich gegenseitig kritisieren. Sie wechseln sogar plötzlich ihre Rollen auf der Bühne. Sonst jedoch sind die Auftritte der beiden biederes Cabaret mit einem zeitkritischen Aspekt, welcher wiederum von der Aussage her nicht schlecht wirkt (nur die Ausführung, mit ihr hapert's noch).

Wir haben im Foyer nicht nur den Götterspass-Mann Beat Schlatter gesehen, sondern auch Raymond Fein, seines Zeichens SF DRS-Co-Oberspassvogel. Gegenüber Biwidus meinte er zur Frage, ob er es witzig gefunden habe: "Ich wollte nur einen alten Freund besuchen, ich kenne ich eben schon so lange....". Mehr wollte er zu den beiden Brunos nicht sagen.

Unser Urteil: zeitweise ganz amüsant (vor allem im ersten Drittel), sonst aber bieder bis blöd und bis zur Schlussnummer fast langweilig. Ich wünsche den beiden Brunos nichtsdestotrotz viel Erfolg für ihre Zukunft als Entertainer. Es ginge ohne viel Umstände auch witziger. Und trotzdem haben einmal sogar sie selbst über ihre eigenen Witze lachen müssen. Macht ein Profi das?

Weitere Vorstellungen von Bruno und Bruno im Bernhard-Theater (jeweils um 20.15h) finden statt am:
Montag, 11. März 1996 und am
Montag, den 1. April 1996

Den nächsten Bericht aus dem Bernhard-Theater bringt Biwidus in seiner nächsten Ausgabe. Dann geht es um das neue Programm des Pantomimen und Clowns Massimo Rocchi.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus dem Bernhard-Theater Zürich.