zur Frontseite
12.3.1996

Theater

Karls neues kühnes Gassenschau-Programm

150 Jahre Bundesstatt

Züri lacht

Theater für Zürich

Lorenz Keiser: Aquaplaning

Andorra

Lysistrata

Clownschule Dimitris

Chin. National_zirkus

Theater der _Suchtprävention 96

Bremer Freiheit

Hanglage Meerblick

Schauspielhaus 1996

Eine _tierische Farm

Reizender Reigen

Blick zurück im Zorn

Massimo _Rocchi

Blickfelder

Bruno und Bruno

Die _Mausefalle

Ibsens _Wildente

Zwölf Leichen im Keller

Gedenkfeier für Eynar _Grabowsky

Girls in der Winkelwiese

Massimo Rocchi und die Macht des Wortes

Am 12. März feierte das neue Programm des italienischen in Bern lebenden Pantomimen Massimo Rocchi im Bernhard-Theater Premiere. Pantomime und Sprache passt auf den ersten Augenblick gar nicht zusammen, wenn man bedenkt, dass die klassische Pantomime ohne Sprache respektive Worte auskommt. Doch gerade diesen Widerspruch überbrückt Massimo Rocchi, welcher ein Schüler des legendären Marcel Marceau gewesen ist, auf geradezu fulminate Weise, indem er als sprechender Pantomime auftritt.

So beginnt das Programm damit, dass Massimo Rocchi mit den Worten "Am Anfang war das Wort" auf die Bühne tritt und sich dann in einen fiktiven Dialog mit Gott verstricken lässt, welcher um die Frage kreist, welches Wort denn nun am Anfang gewesen ist. Nach diesem Dialog leitet Massimo Rossi, der den ganzen Abend als alleiniger Darsteller bestreitet und ohne jegliche Bühnenbilder respektive Accessoires auskommt, über den Begriff der Muttersprache zu seiner Mutter über.

Was nun kommt und bis zur Pause durchgezogen wird, könnte unter dem Motto stehen: klein Massimo zieht aus Italien in die grosse weite Welt hinaus und landet schliesslich in Bern. Er schildert in der Folge mit viel Wortwitz und selbstverständlich mit den entsprechenden pantomimischen Einlagen seine Kindheit, wie er mit seiner Grossmutter am Meer gewesen ist, ohne dabei die dort anwesenden ausländischen Touristen mit ihren Eigenheiten darzustellen und diese auch dementsprechend zu mimen. Grossen Applaus erhielt die Darstellung des schweizerischen Touristen. Er stellt danach auch die Szene dar, wie er von der ganzen Familie verabschiedet worden ist, nachdem er sich entschlossen hat, nach Paris zu fahren und dort Pantomime zu werden. Durch die perfekte Darstellung der verschiedenen Charaktere ertappt sich der geneigte Zuschauer beim Gefühl einen reich ausgeschmückten Film vor sich ablaufen zu sehen, obwohl eigentlich nur eine einzige Person auf der Bühne steht.

Nach einem Exkurs in die französische Lebensweise gespickt mit einigen kabarettistischen Seitenhieben gegen unsere lieben Nachbarn im Westen, erzählt Massimo Rocchi, wie er Frankreich wieder verlassen hat und schliesslich in Bern landet und versucht Berndeutsch zu sprechen lernen. Dabei schafft er es dem Publikum in Sachen schweizerische Mentalität den Spiegel vorzuhalten und auch zeitgemässe Parolen einzubauen. So bezeichnet er einen allfälligen Sieg der schweizerischen Fussballnationalmannschaft an den Europameisterschaften in diesem Jahr ein Unikum, da ja die Schweiz gar nicht in Europa sei. Der geneigte Leser möge mir den primitiven Versuch verzeihen, die unglaubliche Performance von Massimo Rocchi auf der Bühne, in einen Text zu fassen. Was dieser Künstler auf der Bühne leistet ist nämlich einfach alle erste Sahne.

Nach der Pause folgte eine lose Serie von unabhängigen Szenen, wie zum Beispiel eine Pygmäe, welche eine Giraffe zu jagen versucht, oder ein italienischer Rekrut, welcher sich im defilieren übt. Ein weiterer Höhepunkt ist aber ohne Zweifel ein Streit zwischen einem Dirigenten und dem Startenor bei einer Aufführung von le nozze di Figaro. Bei diesem Streit stellt Massimo Rocchi selbstverständlich beide Charaktere zur gleichen Zeit dar, ohne dabei eine zu grosse Hektik aufkommen zu lassen.

Diese Szene war dann auch der Schlusspunkt, welcher mit einem nicht abbrechen wollenden Applaus goutiert worden ist. Nachdem der Applaus ein bisschen abgeebbt war dankte Massimo Rocchi dem Beleuchtungsteam und auch auf eine sehr eindrückliche Weise dem kürzlich verstorbenen Theaterproduzenten Eynar Grabowski. Doch war dies noch nicht der Schlusspunkt eines unvergesslichen Abends. Massimo Rocchi setzte mit einer Zugabe viel mehr noch einen drauf.

Zusammenfassend gesagt, ist die Performance von Massimo Rocchi in jeder Hinsicht schlichtweg genial und ein Muss für jeden Theater-, Pantomime- und Kabarettfreund. Massimo Rocchi tritt noch bis 24. März täglich ausser Montag im Bernhard-Theater auf.



Für Biwidus Vitsky (EMail) aus dem Bernhard-Theater.