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Zwölf Leichen im Keller
Wer kennt sie nicht, die wohl beliebteste und auch schrägste Gruselkomödie
der Filmgeschichte. "Arsen und Spitzenhäubchen", 1940 von
Joseph Otto Kesselring geschrieben, wurde 1944
von Komödienspezialist Frank Capra mit viel Feingefühl für absurden und makabren
Humor inszeniert und gehört zu den "britischsten" der amerikanischen
Komödien jener Zeit. Die Hauptrollen wurden mit Cary Grant (Mortimer
Brewster), Boris Karloff (Jonathan Brewster) und Peter Lorre (Dr. Einstein)
genial besetzt, die Rollen waren ihnen fast auf den Leib geschrieben.
Die Story, die JedeR kennen sollte, ist eigentlich schnell erzählt. Die
Schwestern Brewster sind alleine in Brooklyn lebende, ausnehmend liebenswürdige
alte Damen, die einem seltsamen Hobby frönen: sie bugsieren einsame
Herren mittels eines Gemisches aus einem halben Liter Holunderbeerwein, 1 TL Arsen,
1/2 TL Strychnin und etwas Zyankali ins Jenseits. Ihr Neffe
Mortimer, ein verlobter Theaterkritiker, kommt
ihnen dabei auf die Schliche und möchte das unterbinden. Da kehrt zu seinem
Leidwesen auch sein lange verschollener Bruder Jonathan heim. Er
ist zu einem irrsinnigen Gangster geworden und liess sich vom unfähigen Chirurgen
Dr. Einstein ein neues Gesicht verpassen, das aufgrund von dessen Alkoholsucht
Frankensteins Monster zum Verwechseln ähnlich sieht. Jonathan deckt das
Hobby der Schwestern auch auf und möchte sich Mortimers entledigen.
Schliesslich wird er geschnappt und eingelocht, die Schwestern können in
aller Seelenruhe ein 13. Opfer finden und damit Jonathans "Konto"
überflügeln. Mortimer schliesslich erweist sich als ein nicht der wahnsinnigen
Familie Brewster zugehöriger Bastard und kann endlich seine Helen ehelichen.
Das Theater für den Kanton Zürich TZ hatte sich dieser alten Story angenommen und
führte sie ziemlich orginalgetreu auf. Nach der Premiere in Männedorf
spielte das Ensemble auch in Winterthur, dem Hauptquartier des TZ, in
Buch am Irchel und in Bauma.
Biwidus liess es sich nicht nehmen und reiste nach Männedorf um
zu sehen, wie die Geschichte um etwas Arsenik und die Brewsterschen Spitzen
durch das TZ umgesetzt worden war.
Als erstes besticht das Bühnenbild. Die kleine Bühne im Kirchgemeindehaus
wurde in seiner ganzen Tiefe ausgenützt. Wie im Orginal spielt das Stück
auch in einem einzigen Raum, der Stube der Schwestern Brewster. Vier Türen
führen in die einzelnen Aussenräume, womit es ein Kommen und Gehen gibt.
Die altmodische Einrichtung wurde von Babette Stutz mit viel Liebe zum Detail
zusammengestellt, sie ist zusammen mit den Kostümen (Dodo Schneider) sicher eine
der Stärken des Stücks.
Der künstlerische Leiter des TZ, Markus Emmenegger, führte seine Akteure in
seiner ersten Regiearbeit souverän durch das bekannte Stück. Der ganze Irrsinn
der Familie Brewster kam bildhaft hervor. Sowohl die Schwestern (gespielt
von Valerie Steinmann und Edith Golay), als auch der liebenswürdige Irre
Teddy Roosevelt-Brewster überzeugten mit ihrer Leistung. Die Widersprüchlichkeit
der zugleich philantropen und massenmordenden
Schwestern wurde glaubhaft übermittelt. Auch die beiden Gangster, die natürlich mit
ihren Vorbildern Karloff und Lorre zu kämpfen hatten, steigerten sich im Laufe
des Stückes zu wahrhaft tragikomischen Figuren. Björge Hehner als Jonathan wirkte
mit der Zeit sogar echt gefährlich. Die Nebenrollen waren sinnvoll besetzt, obschon
vielleicht Mortimers Verlobte Helen als unschuldiger Engel nicht ganz durchkam.
Etwas enttäuschend war zweifelsohne Urs Bosshardt als Quasi-Neffe Mortimer. Er wurde
offensichtlich von seinem Vorgänger Cary Grant erdrückt, der in "Arsen und
Spitzenhäubchen" eine seiner überhaupt besten Auftritte gehabt hatte. Bosshardt
wirkte etwas plump, unglaubwürdig und eingefroren, als es darum ging, die
wirklich skurille Situation mit ein paar absolut verständnislosen Grimassen
zu unterlegen. Trotz allem musste ich zugeben, dass er sich den Umständen
entsprechend wacker geschlagen hatte, Grant ist schlicht nicht zu überbieten.
Deshalb würde ich Bosshardt vorschlagen, dass er Capras Film mal schauen
sollte, vielleicht würde das seine Rolle aufwerten.
"Arsen und Spitzenhäubchen" ist einerseits eine Parodie auf die
Gruselfilme der Dreissigerjahre, aber auch ein Balanceakt zwischen
Irrsinn und makabrem Humor. Das TZ hat mit diesem Stück solide
Bühnenabreit geleistet und wird damit auch einen grossen Erfolg
verbucht haben. Das ist wichtig für dieses Theater, das sich von
Beiträgen von Gemeinden und Privatpersonen finanziert und kaum ein
grosses finanzielles Polster hat. Nach "D'Wiiberversammlig" war
"Arsen und Spitzenhäubchen" mein zweites Stück des TZ. Ich muss
sagen: das Ensemble machte für wenig Geld und mit
begrenzten Mitteln kulturell hochstehendes
Theater. Es ist unterstützungswürdig in einer Zeit, wo an allen Ecken und Enden
der Kultur gespart wird.
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