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13.2.1996

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Es wird weitergemordet

Die "Mausefalle" ist eines der berühmtesten Stücke der britischen Erfolgsautorin Agatha Christie. Es gilt als der "Krimi mit der längsten Laufzeit der Theatergeschichte" und wurde anfänglich von Sir Richard Attenborough inszeniert. Seit 1947 wird es pausenlos auf den Bühnen Britanniens aufgeführt. Die deutschsprachige Fassung ist erst seit einem Jahr auf den Bühnen und hatte jetzt im Zürcher Bernhard-Theater eine weitgehend umgearbeitete Neuauflage.

Um es vorweg zu nehmen. Die deutsche Fassung hat mit der überaus beliebten Filmversion mit der genial-schrulligen Margeret Rutherford in der Rolle der verwegenen Hobbydetektivin Miss Mary Marple schlicht nichts zu tun. Die Story ist ganz anders als im celluloiden "Orginal". Leider haben die AutorInnen der neuen Fassung vergessen, den Titel zu verändern, denn in keiner Sekunde des Stückes ist von einer "Mausefalle" die Rede. Trotzdem ist Regisseur Michael Koch eine überzeugende Inszenierung seiner eigenen Story (eben der deutschen Fassung) gelungen, so viel dürfen wir verraten.

Was wir nicht verraten dürfen, ist die Identität des Mörders oder der Mörderin. Das Stück basiert auf dem Volkslied und der Kurzgeschichte "Three blind mice" (entspricht unseren zehn kleinen Negerlein), was sich auch als Leitmotiv wortwörtlich durch den Abend zieht. Die Ausgangslage ist eigentlich banal, typisch für die schwarzen Krimis der Christie. Eine Horde mehr oder weniger offensichtlicher Irrer versammelt sich in der Pension des jungen Ehepaars Ralston. Während anfänglich alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, kommt immer deutlicher hervor, dass ein Mörder/eine Mörderin sich unter den acht anwesenden Personen befindet. Es geschieht auch ein Verbrechen. Ein Polizist muss alle sich in der Pension befindlichen Personen verdächtigen. Und am Schluss ist es doch die am wenigsten verdächtigte Person, die die Verbrechen begangen hat und irrer ist, als die anderen zusammen. Damit wird ein enges Netz von Lügen, vergangenen Tragödien und allgegenwärtigem Irrsinn aufgelöst.

Das Stück lebt offensichtlich von der Story und der Spannung, die sich um die Frage rankt:"Wer ist der Täter?". Trotz der beschränkten Möglichkeiten, die die Bühne gegenüber dem Film bietet, brach diese während des gantzen Abends nie ab. Ja, etwas mühsam waren einfach die höchst unbequemen Sitze des Bernhard-Theaters, aber da können die Leute nichts dafür. Das Dekor war schlicht, eigentlich unbedeutend, ausser ein paar Requisiten wurde eigentlich nichts wirklich gebraucht. Einer psychiatrischen Sitzung gleich legten die SchaupielerInnen Neurose, Unsicherheit, Misstrauen, Ohnmacht und eine mysteriöse Vergangenheit offen. Das Ganze hatte sogar, wie für britische Geschichten fast unumgänglich, einen makaber-komödiantischen Aspekt. Der Schlussvorhang fiel beispielsweise in ein schallendes Gelächter des Publikums.

Ueberragend fand ich das Spiel der verschiedenen ProtagonistInnen, die ihre Rollen überzeugend boten. Dies galt einerseits für die eher tragenden Rollen wie die Pensionsleiterin Molly Ralston (eine überaus charmante, ausserordentlich hübsche, aber auch geheimnisvoll-düstere Karin Moser) und den durch und durch wahnsinnigen Künstlertypen Christopher Wren (der quirlige, unausgeglichene und tragikomische Rico Koller), als auch für die eher unauffälligeren Typen wie den Vorzeige-Seargant Trotter (Rudolf Haas) und den schrulligen Major Metcalf (Roland Braun). Ueberzeugt hat mich auch Leo Roos als mysteriös- unpassender Mr. Paravicini, der mit seinen kritischen und meist sinnlosen Kommentaren einen witzigen Kontrapunkt gebildet hat. Die acht Personen tragen das Stück und bauen eine geheimnisvolle Welt des Allmöglichen auf, wo auch der Gute sich als der Böse entpuppen kann und umgekehrt. Niemand ist schliesslich das, was er oder sie vorgibt zu sein. Typisch Christie.

Alles in allem sicher ein erfolgreiches Stück, obschon die Premiere im Bernhard-Theater nicht ausverkauft war, zum Glück, muss ich sagen. Die Verwirrung war am Schluss total, aber gerade dieser Effekt ist ja bei diesr Art von Krimi vorprogrammiert. Spannend ist ja, dass eigentlich jede Person auf der Bühne das Zeug zum Mörder oder zur Mörderin hätte, bei allen schlummert eine verborgene Gefahr, nicht zuletzt ob des allgegenwärtigen Wahnsinns. "Mausefalle" ist ein Stück für Fans, aber diese kommen auch voll auf ihre Rechnung. Es wird noch bis zum 10. März täglich um 20.15 aufgeführt (ausser montags). Am Sonntag gibt es noch eine "Kindervorstellung" am Nachmittag. Es darf also fleissig gemordet werden im Bernhard-Theater. Oder wie Christopher Wren/Rico Koller sich ausdrückt: "Ganz schön spannend, diese Angelegenheit!"




Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus dem Bernhard-Theater in Zürich.