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Aargauer Zeitungs-Einheitsbrei?
Jetzt haben die AargauerInnen endlich das, was im kosmopoliten Zürich undenkbar
war, ist und sein wird: eine Zeitung. Die Betonung liegt auf EINE, denn die heute
neu erschienene "Aargauer Zeitung" ist der Zusammenschluss der beiden traditionellen
Zeitungen "Badener Tagblatt" und "Aargauer Tagblatt", nachdem der Verleger und
Regional-Medienzar Peter Wanner seinem Flaggschiff BT und seinen beiden Medienerfolgen
Radio Aargovia und Tele M1 das Aarauer AT angegliedert und somit seiner Kontrolle
unterstellt hatte. Die Uebernahme ging nicht ganz ohne Probleme vor sich, da das AT
eine deutlich breitere AktionärInnenschicht hatte. Ganz abgesehen von regional-
und medienpolitischen Fragen.
Seit einigen Tagen prangt der blauweisse, der SonntagsZeitung nicht unähnliche
Schriftzug der AZ auf dem höchsten Gebäude
Badens, dem BT-Hochhaus. Die Tafeln im Lift und im Parkhaus wurden allerdings noch
immer nicht umgeschrieben. In einer koordinierten Aktion sind nun auch die "Ueberbleibsel"
des AT nach Baden gezogen und produzieren von hier aus die Zeitung, die immerhin mit
120'000 Ex. Auflage eine der fünf grössten Zeitungen der Schweiz ist. Die
grosse Aargauische Zeitungsfusion wird im Aargau selbst ziemlich easy genommen,
niemand (ausser ein paar LinksdemokratInnen) spricht davon, dass
damit ein Einheitsbrei in Sachen Printmdien entsteht, zumindest im zentralen und
westlichen Kantonsteil. Wenn das Zofinger Tagblatt mitgespielt hätte, wäre sogar der
ganze Kanton involviert gewesen - aber dieses hat sich nun in Richtung Solothurn
(Neues Oltener Tagblatt) abgesetzt.
Was bedeutet das denn eigentlich? Nichts anderes, als dass eine einzelne Person die
drei wichtigsten Medien in einem grossen Teil des Kantons kontrolliert. Nicht, dass das
sich auf die redaktionelle Unabhängigkeit auswirken muss, aber ein bisschen suspekt
ist das in einem Land wie unserem schon, wenn einerseits ein Einzelner das mediale
Quasimonopol hat und andererseits eine einzige Zeitung eine ganze Region von immerhin
fast einer halben Million EinwohnerInnen abdeckt - von den AZ-Schwesterblättern im Zürcher
Gebiet (Limmattaler TB und Neues Bülacher TB - zuletzt mit rechtsextremen Inseraten
aufgefallen) ganz zu schweigen. Die AZ hat eine Auflage von 120'000 Seiten und erscheint
mit mehreren lokalen Ablegern im ganzen Aargau.
Gut, die Zeitung ist farbig, hat fünf Bünde (Aus/Inland, Aargau, erscheinende Region,
Sport und Kultur und viel, viel Werbung. Redaktion und Verlag sind an der Stadtturmstrasse
in Baden im alten BT-Hochhaus untergebracht. Daneben
gibt es Regionalredaktionen in Brugg, Frick, Klingnau und Wohlen. In der Erstausgabe
war der Anreisser natürlich der eigene Beginn, Chefredaktor Franz Straub sprach dann
auch von einem "sinnvollen Wagnis" in Bezug auf die Zeitung. Den Grund für die Existenz
der Zeitung umriss er mit: "Der Aargau braucht und verdient eine Zeitung, die im Konzert
der Grossen mitspielen kann. Eine Zeitung, die aber auch die regionale Vielfalt pflegt."
Unbestritten, der Aargau hat mit seinem kleinbourgeoisen Regionalismus, der sicher auch
historisch gewachsen ist (der Kanton war ja bis weit ins 19.Jh. Untertanengebiet vieler
Herren), eine extreme Aufsplitterung der Zeitungswelt verursacht. Jedes noch so kleine
Tälchen hatte sozusagen eine eigene Zeitung. Dass dies viel zu aufwendig war und sich
auch nicht unbedingt positiv auf die redaktionelle Arbeit auswirken musste, ist klar.
Insofern ist die Zusammenlegung dieses Flickenteppichs unter ein Dach sinnvoll, zumal
die einzelnen Regionen weiterhin mit Kopfblättern abgedeckt werden. Das gibt es zum
Beispiel im weitaus grösseren Zürich nicht, wo neben NZZ und Tagi eigentlich nur der
Winterthurer Landbote als "grosse" Regionalzeitung von Bedeutung gelten kann.
Wo also liegt das Problem? Das Problem liegt darin, dass das Experiment AZ lange brauchen
wird, um sich den Platz zu erkämpfen, den AT und BT früher hatten. Die Umstellung ist
ein für aargauische Verhältnisse immenser Kraftakt, die Leute müssen sich daran gewöhnen.
Aber auch die Zeitung selbst hat mit einigen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen, es hat
zum Beispiel lange gebraucht, bis mal die beiden sich widersprechenden Computersysteme
harmonisiert waren. Und in den ersten Tagen hatte die AZ grosse Auslieferungsschwierigkeiten,
einige AbonentInnen erhielten ihre Zeitung erst gegen Nachmittag.
Die AZ hat ihre guten "Seiten", gerade die Regionalberichterstattung scheint mir kompetent
und durchaus nicht langweilig zu sein, wenn mensch in dieser Region wohnt. In der ersten
Ausgabe zum Beispiel hatte es vorne als Anreisser einen Bericht über einen Arzt, der
unkontrolliert Rohypnol verschrieben hatte. Und auf der zweiten Seite dafür einen
Hintergrundbericht über einen Profi-Schnapsschnüffler, echt interessant. Insofern
hat die AZ eigentlich nur ein Problem, das es zu berücksichtigen gibt. Nämlich, dass nicht
eine politische Einheitslinie entsteht. Ein erzkonservativer Medienverbund ist nun
wirklich das letzte, was wir und die AargauerInnen brauchen. Also ist nur zu hoffen, dass
der AZ-Chefredaktor sein Versprechen der Unabhängigkeit vom (freisinnigen)
Verleger Wanner hält. Amen.
Die Aargauer Zeitung ist sogar auf dem
Internet zu finden (herzlich willkommen, Schwester!), und wer will, kann der
Redaktion sogar ein Mail schicken.
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