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Jedes Jahr einen Mamet
Die Handlung des Stückes (und des Filmes mit Al Pacino) ist schnell erzählt:
sechs Grundstücksmakler der übelsten Sorte dealen sich gekonnt und ohne ein
Anzeichen von Menschlichkeit durch den Tag. Ihr grösstes Sinnen und Trachten ist
es, den jeweils anderen an Verkaufszahlen zu überbieten. Und für etwas mehr Geld
(sprich Verkaufsabschlüsse) sind sie zu allem bereit. Ach ja, und ein
Kriminalfall spielt auch noch eine (allerdings sehr untergeordnete) Rolle. Die
sechs Männer (es ist ein reines Männerstück und wiederspiegelt natürlich auch
eine patriarchalische Gesellschaft) verfluchen und verraten sich in Grund und
Boden. Zwei Stunden lang. Das ist der Inhalt des neuen Stückes im Zürcher
Schauspielhaus, das letzten Samstag Premiere feierte.
David Mamet braucht ja wohl nicht länger erklärt zu werden. Der erfolgreiche
Autor hat neben Filmdrehbüchern wie eben "Glengarry Glen Ross" mit Al Pacino und
Jack Lemmon und "The Postman always rings twice" auch Grosserfolge auf der Bühne
geschafft, als Beispiel sei das Geschlechterterrorstück "Oleanna" genannt. Der
Chicagoer Autor und Regisseur hatte mit "Hanglage Meerblick" seinen ersten Hit
und erhielt dafür den Pulitzerpreis 1984. Dieses sein erstes grosses Bühnenstück
ist das dritte Werk von Mamet, das im Schauspielhaus inszeniert wird, die Regie
führte Ralph Bridle. "Jeder gegen Jeden" heisst hier die Devise, und
Menschenverachtung ohnegleichen ist der Tagesbefehl.
Im Vergleich zum Film, wo viele namhafte Schauspieler (neben Pacino und Lemmon
auch Ed Harris, Alec Baldwin, Jonathan Pryce und Alan Arkin) brillierten, gibt
sich die Theaterfassung ziemlich ruhig. Die Schauspieler wirken in der Tiefe der
Bühne mit dem Dekor des Maklergeschäfts ziemlich verloren. Ja, sie wirken sogar
unauffällig, würden sie nicht andauernd wie die Besessenen fluchen (meistens
einander ver-). Trotzdem bringen sie die bedrückte Atmosphäre dieser
menschlichen Hölle überzeugend rüber. Hier geht es nicht um
Zwischenmenschliches, hier geht es darum, Geld zu machen, dabei über Leichen zu
gehen und, gleich wie, die Verkaufszahlen zu steigern. Die Schauspieler, der
junge Verkaufshai Ricky Roma ( Ulrich Gebauer) und der abgetakelte Shelly
(Norbert Schwientek) bilden ein kontrapunktisches Gespann, um die der Rest der
Geschichte aufgebaut ist. Einer muss verlieren, entweder der verzweifelte Shelly
oder der draufgängerische Ricky.
"Der Autor von `Oleanna` und das `Kryptogramm` entwirft so das Paradigma einer
kapitalistischen Gesellschaft", steht im Programm. Dem kann ich mich durchaus
anschliessen, es gibt wenige kapitalismuskritische Stücke, wo das so deutlich
herauskommt wie in diesem Werk von Mamet. Das Ueberleben im Geschäft zählt, der
Erfolg, der Profit. Im Notfall ist man auch bereit, eine kriminielle Tat zu
begehen, um zu einer aussichtsreichen Position zu gelangen. Betrug, Lüge,
Misstrauen und Gefühllosigkeit sind dieser Gesellschaft eigen; meint Mamet! Ich
denke, dass seine provokative Sicht der Sache etwas verzerrt ist. Und, obschon
er vielleicht tendenziell recht haben mag, dieses Stück ist fast ein bisschen zu
kritisch.
Das soll heissen, dass dieses (immerhin schon zwölfjährige) Stück sehr aktuell
sein mag, das bestreite ich nicht. Aber durch seine Schwarz-Weissmalerei wird es
unglaubwürdig, der/die ZuschauerIn hat von Anfang an eine Distanz zum Inhalt, so
etwas wie "bei uns ist das eh nicht so extrem". Die Langeweile, die eigentliche
Inhaltslosigkeit und vor allem das ewige Gefluche machen das Stück fast
unerträglich. Ich kann nachfühlen, dass Mamet, der selber einmal Grundstücke mit
allen Mitteln verkauft hatte, hier eine gewisse Nähe und Vertrautheit zum Thema
haben mag, aber auf mich wirkt das wie eine fremde Welt - obschon ich mir im
klaren bin, dass es hier um die Welt geht, in der ich lebe - etwas überspitzt
allerdings.
"Hanglage Meerblick" ist kein Stück zum Geniessen, O.K., aber es ist auch kein
Stück zum "Verstehen". Mamet war hier noch der junge, zornige Autor, der sich
gegen die ganze Welt zur Wehr setzt. Und auf uns wirkt das eben zu unausgegoren.
Ich will das Stück nicht schlecht machen, das läge mir fern, aber ich fand
"Oleanna" (obschon ich es gehasst habe) irgendwie stärker, weil überzeugender.
Trotzdem: Mamet verspricht ausverkauftes Haus. Eine schlechte Wahl hat das
Schauspielhaus damit sicher nicht getroffen.
Mehr Infos könnt Ihr beim
Schauspielhaus
selbst beziehen - über Internet, versteht sich.
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