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Anne Frank
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Tips und Trends aus Cyberworld, 2. Teil
Biwidus hatte in der letzten Ausgabe den
ersten Teil unseres Rückblicks auf die
Multimedia- und Internetmesse Cyberworld gebracht. Wir berichteten über die interessanten
Ausführungen des "Zeit"geistkritikers und Trendforschers Matthias Horx und seine zum
Teil gewagten Thesen (wie die Nurd-Studie). In dieser Ausgabe wiederholen
wir den ersten Teil und bringen hier den zweiten. Dieser beinhaltet nun die eher
zu optimistischen Gedanken des Wirtschaftsmenschen und Blue Window-Chefs Peter Rudin
über "Potential von Internet und On-line-Diensten". Ihm folgte Swiss-Online-Chef
Jürg Dangel.
Anschliessend folgt eine Zusammenfassung des Workshops "Frauen auf dem
Internet". Zwei Mitarbeiterinnen des Hyperstudios Basel stellten eine CD vor, die
ihrerseits Frauen helfen soll, ihre Distanz und die entstehende Wissens- und Kapitallücke
gegenüber dem Internet zu schliessen. Gerade dieses Thema zeugt von einem gesellschaftspolitischen
Problem. Frauen haben zur Zeit nicht nur Probleme mit der postmodernen internetten
Kommunikationsgesellschaft. Sie existieren zur Zeit dort einfach nicht.
Internet ist Realität - was sollen wir tun damit?
Blue Window-Chef Peter Rudin
war das Gegenstück zu Horx. Seine Projekte laufen und sind (zur Zeit und vordergündig)
erfolgreich. Rudin unterstrich: "Es gibt etwas, und jetzt
überlegt man sich, was man daraus machen kann". Er muss es wissen, denn genau
diese Pseudostrategie hat die Telecom, die hinter Blue Window steht: mal Geld reinbuttern
und dann schauen, was es bringt.
Blue Window hätte zuerst ein Online-Dienst zur Förderung der ISDN-Technologie
sein sollen und wurde bald vom boomenden Internet eingenommen. Rudin hat dann auch
eine klare Meinung vom Web:
- Es ist der Anfang einer neuen Kommunikationstechnologie
- Es führt immer vom spielerischen zum nützlichen (= wirtschaftlich)
- Der Mensch wird damit zum Gradmesser der Verbreitung
- Die entscheidenden Keyplayer werden sein: Telecom-Firmen, Kabelnetzbetreiber und
Medienkonzerne
- Die Schweiz ist ein Entwicklungsland in Sachen Internet
- Das Internet birgt zugleich Chancen und Risiken
- Es ist schnellebig und erfordert gerade deshalb kleine, kooperierende und agile
Strukturen
Die Trends in Sachen Web sieht er in folgenden Bereichen:
- Multimediale Vernetzung wird prägnanter (Einsatz von realtime-audio und video)
- Games und Virtual-realitiy-Spielereien werden die Entwicklung tragen
- Die Netze werden eine grössere Bandbreite haben müssen (Stichwort ISDN)
- Spezialangebote wie Newsgroups und Chatrooms werden weiter Auftrieb haben
- Firmen werden die Internet-Technologie intern nutzen (Intranet)
Nichts also vom Backlash-Pessimus von Matthias Horx. Aber Rudin sieht auch noch
Planungsbedarf:
- Klare Positionierung des Internet und der jeweiligen Aktivität darauf seien
notwendig, um den Gegensatz zwischen der eigentlichen Gratiskultur des Internet mit
dem Businessgedanken zu vereinbaren.
- Das Erfolgspotenatial muss gezielt genutzt werden, es sollte also klar sein, dass
nur viel Aufwand den Ertrag steigert.
Rudin selbst setzt sehr viel auf kommerzielle "Sonderangebote" neben der parallel
verlaufenden Gratiskultur auf dem Internet. Diese sollte trotzdem nicht geringer
geschätzt werden.
- Allianzen und Partnerschaften müssen geschlossen werden, um die herrschende "geordnete Anarchie"
auf dem Web zu überwinden.
- Es bedarf einer strukturell möglichst flachen, flexiblen und lernenden Organisation,
um die Vorherrschaft der (privaten) "Kleinanbieter" (wie z.B. Biwidus. Anm. d. Red.) zu brechen.
Anschliessend erläuterte der Chef von Swiss online Jürg Dangel seine Sicht der Dinge.
SOL ist ja die Entwicklung des Videotext und sieht
sich als VT-Anbieter und gleichzeitig auch als Internet-Provider. Seine Angebote
sind auf diese Doppelspurigkeit ausgerichtet. SOL soll der fast öffentlich-rechtliche
Grossanbieter sein, der (gegebenenfalls über Blue Window) mit der Telecom den Markt an sich
reisst. Online-Plattform (SOL/VT) und Internet ergänzten sich hervorragend, meinte er
überzeugt.
Dies bedingt jedoch auch eine Anpassung an beide Bedürfnisse:
- einfacher und günstiger Zugang
- Ausgewogene, allgemeine Inhalte
- Einfache Nutzung
- Hohe Wertschöpfung für Anbieter
- Zielgruppenorientiertes Vorgehen
Dangel erwartet auf das Jahr 2000 200 Millionen User und 350 Millionen E-Mailadressen.
Unternehmen können per WWW eine einfache Plattform mit verhältnismässig wenig
Aufwand (für Heim, Geschäft, Staat, Ausbildung, Forschung, Kultur, Verkehr, Tourismus,
Gesundheitswesen) herstellen.
Cyberworld-Awards
Angeblich hätten 8000 Personen die Messe besucht - bei 70 Ausstellern nicht sehr
begeisternd. Etwas hoffnungsvoller stimmte die Organisatoren doch die rege
Beteiligung an den Workshops und Vorträgen, die mit 450 Personen jedoch eine profitable
Sache waren. Profitabel war die Messe ausserdem sicher für den Lausanner Web-Oehi und
Professor René Berger, der auf dem Web ein regelrechtes
Kunstmuseum aufgebaut hat. Und die
virtuelle Stadt "Minick City"
aus Erlenbach gewann den Preis als beste Produktion.
Internet für Frauen von Frauen
Frauen verstehen doch eh nichts vom Internet. Das ist sexistisch, weil verallgemeinernd.
Aber etwas ist ja dran. Alle Statistiken, so sehr sie auch voneinander abweichen, belegen,
dass das (angeblich) schwache Geschlecht tatsächlich nicht besonders aktiv ist auf dem
WWW -harmlos gesagt. Es sei jetzt mal dahingestellt, ob das daran liegt, dass die
Frauen nicht logisch denken können oder nichts von Technik verstehen. Fakt ist, dass
zwei Frauen, die eigentlich vom Web unbeleckt gewesen sind, zusammen eine CD-ROM
kreiert haben (mit dem schrecklichen Namen "Patchwork"), die einzig und allein dazu
dient, der Herrin der (natürlichen) Schöpfung die künstliche Schöpfung näher zu bringen.
Diese ist zwar psychoanalytisch gesehen männlich besetzt, aber trotzdem in einer
noch immer patriarchalischen Gesellschaftsordnung entscheidend.
Sie, Bettina Lehmann (Soziologin) und Catherine Lutz-Walthard von der Schule für Gestaltung
Basel, haben am "HyperStudio" in
Muttenz (einer Art E-Werkstatt) das Pronet entwickelt. Zuerst hätte Pronet eine Homepage
für Frauenorganisationen werden sollen, doch dann endete es in einer CD-ROM. Auf
der Basis der Internet-Technik haben die Produzentinnen versucht, ihren Geschlechtsgenossinnen
das Web zu erklären. Also sozusagen den selben Weg zu schreiten, wie sie selbst auf ihrer
Suche gegangen sind. "Ich hatte vorher keine Ahnung, was Internet ist", meinte Frau
Lehmann gegenüber Biwidusm lakonisch. Insofern gaben sie auch zuerst Antworten auf die grundsätzlichsten
Fragen:"wie anstellen?" und "wie ist das Web entstanden?".
Frauen suchen angeblich in allem, was sie tun, einen fertigen Sinn. Gut, ich habe andere
Erfahrungen gemacht, aber nehmen wir an, es wäre so. Also mussten die Macherinnen zuerst
die Distanz vor dem Objekt Computer überwinden, zu dem der Mann auch schnell mal eine
persönliche "Beziehung" aufbauen kann. Dann hiess es zu erklären, wie das Web aufgebaut
ist, wie die Browser funktionieren, wofür E-Mails gut sind und wie frau chattet (Stichwort
"Netiquette"). Schliesslich gibt es auch viele Tips und Tricks, sowie ein umfangreiches
Glossar - und alles nach dem HyperLink-System.
Die CD-ROM wurde ein Verkaufsschlager, weil die Frauen langsam aber sicher merken, dass
sie mit der rasanten Entwicklung der neuen Technologie ins Hintertreffen geraten sind.
Trotzdem wird gar nicht versucht, vor der "männlichen" Technologie zu kapitulieren,
vielmehr wird in allem ein bewusst "weiblicher" Ansatz gewählt - allein schon mit der
etwas gar kritischen und perfektionistischen Haltung zur Technologie allgemein.
Der Höhepunkt der CD sind Frauen, die auf dem Web am Werk sind. Die Message ist klar:
Frauen, baut auf dem technischen ein soziales Netzwerk auf - das liegt euch besser. Auch
darüber liesse sich streiten.
Tatsache ist, dass es schon viele Frauen gibt, die das Web gekonnt nutzen. Seien es
Vertreterinnen verbotener Organisationen (z.B. im Krieg) oder auch einfach Hausfrauen,
die zu Hause ihre Arbeit verrichten wollen. Bei der Vorstellung gab es auch Bildsequenzen,
nicht besonders schöne zwar (technisch gemeint), aber interessant. Sie stellten dabei auch
die E-Witches vor, Frauen, die herumwandern und anderen Frauen das Web erklären. So
wird Internet fast zu einer neuen Religion, die frau annehmen muss, ob es einer passt oder
nicht. Schliesslich soll jetzt noch eine update-Version kommen, womit das Projekt
als beendet angesehen wird. Als ob sich das Web nicht weiterentwickelte. Und als ob eine
solche CD-ROM eigene Erfahrungen unnütz machte.
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