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The Freaks of Zurich
Wer in und um Zürich durch den Alltag schreitet, sieht nun wirklich einen
"Freak" nach dem anderen. Nichtsdestotrotz hat sich das Palais X-tra einen
neuen Scherz in diese Richtung erlaubt. Mitten in die
hedonistisch-sexualisierten 90er, wo plötzlich alle durchdrehen und das
Gefühl haben, dadurch, dass sie sich besonders auffällig geben, könnten
sie die Welt verändern (oder geht es wirklich nur um sie selbst und ihr
sexuelles Wohl???). Ein paar Tage lang herrscht im Palais jedenfalls das
Schräge, das Ausgefallene.
Für zehn Stutz kann mensch sich in die Welt der Jahrmärkte, der
Ausgestellten und der Scharlatane verführen lassen. Ob Tarot, Handlesen
oder I Ging, auf der einen Seite herrscht das Geheimnisvolle. Für einen
kleinen Betrag, kann sich der/die Leichtgläubige genau so in die Karten
schauen lassen, wie auch der/die ZweiflerIn, der/die das zum Spass macht.
Dabei läuft besinnliche Musik im HIntergrund. Das Publikum kann dabei
sein, wenn die Schicksale einer verlorenen Generation ;-) offengelegt
werden.
In der Mitte steht ein Zelt mit Mikrophotographien von freakigen
Schaugestellten um die Jahrhundertwende. Dabei muss mensch durch kleine
Löcher in einer Camera obscura schauen und taucht damit erst recht in eine
weit entfernte, fremde, unwahre Welt ein. Die Photos sehen zugleich
ekelerregend und auch faszinierend aus, ein Muss für Freaks und Normalos.
Ob Menschen mit missgestalteten Elefantenfüssen, vierbeinige Missgeburten,
überfette Kinder, Frauen mit Bärten und/oder ohne Unterleib oder andere
"Launen der Natur", es gibt so vieles zu begaffen. Dabei ist mensch
angewidert von so viel Sensationslüsternheit unserer Ureltern.
Aber leben nicht auch wir in einem Jahrmarkt der vom Schicksal gestraften,
wo alles zur Schau gestellt und gnadenlos zur eigenen Befriedigung und
Sensationslust ausgestellt wird, gerade im Zeitalter der Boulevardmedien?
Aber früher waren das einfach nur Freaks, heute sind es "normale"
Menschen, die sonst irgendwelche Probleme haben. Und schon damals machte
mensch Kapital aus solchen vom Schicksal gestraften Menschen. Heute tun
uns solche Menschen einfach leid, deshalb stecken wir sie in Heime und
isolieren sie von der Welt. Ja, wir versuchen mittels pränataler
Diagnostik und Abtreibung, solche "Missgeburten" erst gar nicht auf die
Welt kommen zu lassen.
Mit einem kleinen Aufpreis kann der/die BesucherIn auch einen kleinen
Zirkus und andere Belustigungen anschauen, Jahrmarktatmosphäre herrscht im
engen Palais. Wir wollen und sollen unterhalten werden. Zugleich aber wird
uns ein Spiegel vorgehalten: früher war es anders, aber doch gleich. Schon
damals befriedigte mensch sich an Schicksalsschlägen anderer, heute tun
wir daselbe (aufgeklärt und mitfühlend, wie wir sind) einfach etwas
anders. Was ist nun besser?
Zu verdanken haben wir diese Photoausstellung dem japanischen Kunstsammler
Akimitsu Naruyama, der die Bilder des amerikanischen Photographen Charles
Eisenmann fleissig gesammelt hat - zu seiner eigenen Befriedigung
übrigens, denn der Mann gilt selber als Exzentriker -oder um einen Freak,
um dieses heute inflationär gebrauchte Wort zu verwenden. Das ändert nun
aber nichts an der Tatsache, dass auch wir heute von Freaks umgeben sind,
mit dem Unterschied allerdings, dass die Freaks von heute freiwillig
Freaks sind und ihre Lust dadurch befriedigen, dass sie selbst in einer
angeblich gleichgeschalteten Gesellschaft auffallen. Tempora mutantur. Die
Zeiten ändern sich. Oder genauer: durch die Zeit wird geändert. Cool.
Freaky.
"Freak" bedeutet übrigens gemäss dem "alten" Duden (1991): "jemand, der
sich nicht in das normale bürgerliche Leben einfügt; fanatisch für etwas
Begeisterter"). Trifft heute irgendwie besser zu.
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