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IEx 98: Neue Produkte
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TeleNetCom Wettbewerb
Internet Expo 97 (1)
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Database 96
Photographie geht um die Welt
Fespo: Ferienmesse
Anne Frank
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Tips und Trends aus Cyberworld, 1. Teil
Nicht die Frage, ob "Netscape oder Microsoft?"- oder aber "Zensur oder Blue Ribbon?" stand
am Anfang der Organisation der Cyberworld, sondern die (physische) Lage dieser ersten
grossen Multimediamesse der Schweiz. Alles, was Rang und Namen hatte in der Szene,
wollte sich ausstellen. Und die Messeleitung entschied sich für die
Provinz: die Cyberworld wurde in der Folge in den Berner BEA-Messehallen durchgeführt.
Spezis, Geldmenschen und spielsüchtige Kids trafen sich dort zu einem internetten
Stelldichein - und noch immer weiss niemand, was genau eigentlich der wage Begriff
Multimedia beinhaltet. "Man" traf sich einfach, und das war der hauptsächliche Sinn des
Unternehmens Cyberworld.
Die Messe der Messen
Der Propagandaaufwand im Vorfeld war gross, die Teilnahmepreise am (zentralen)
Multimedia-Kongress in der BEA hoch und der Anteil der Männer bei den Vortragenden auch.
Neben der eigentlichen Messe führte man einen (ausverkauften) Galaabend, eine Disco,
etliche Fachreferate und Workshops zu ein paar der entscheidensten Themen durch.
Die brütende Hitze war wohl nicht der Grund, dass eigentlich der Publikumsaufmarsch
an der Messe nur mässig war. Das Problem lag wohl am Fehlen eines Anreizes für die interaktive $
Mittelklasse, also für jene, die aktiv mit Internet arbeiten, aber nicht wirtschaftliche
Gründe haben und auch nicht nur in den Netzen rumgammeln wollen. Denn nur für solche war die
Messe gemacht. Entweder waren die Angebote sehr spezialisiert oder nur sinnlose Spielereien.
70 Aussteller zeigten ihre Objekte in den Bereichen Multimedia und Internet. Der Messeleiter
äusserte gegenüber Biwidus, dass gerade in den letzten Wochen und Monaten die Nachfrage
enorm gestiegen sei und die Cyberworld etwa gleich viele Aussteller habe wie die
ähnliche Messe in Berlin nächsten Monat.
Wir wollen in unserer Berichterstattung nur auf einige der erwähnten Punkte eingehen, denn
sonst wäre es zu viel. Und weil alles eh viel zu viel ist, möchten wir das Thema sogar
zweiteilen, der Anfang kommt diese Woche aufs Web, der Schluss die nächste. Zuerst
wollen wir in dieser ersten Ausgabe (ironisch) einige (kritische) allgemeine Aussagen
des Hamburger Trendforschers Matthias Horx wiedergeben. Unter anderem erzählte er über
eine interessante Charakterstudie über uns Cybernauten. Nächste Woche behandeln wir die
Gedanken des Blue Window-Chefs Peter Rudin zur Entwicklung und Zukunft von (kommerziellen)
Medien auf dem Internet. Und schliesslich gehen wir noch auf einen problematischen
Punkt in der Entwicklung der (internetten) Kommunikationsgesellschaft ein: die sozial
gefährliche Abstinenz von Frauen auf den Netzen und die Aktionen dagegen.
Der Unterschied zwischen "Information" und "Kommunikation" (und den entsprechenden
Gesellschaftsformen) liege in der vektoriellen Form, meinte Horx einleitend. Information
sei ein-, Kommunikation zweiseitig (reziprok). Das sei auch das Problem. Denn viele
Vorgänge in unserem Leben, hier die Medien, funktionieren nach dem Stoss-Prinzip, die
Produzierenden stellen eine Dienstleistung her, die die Konsumierenden einfach nur
beziehen können. Das Internet sei, dies als Vorteil, zieh-gerichtet. Wir können uns
das runterladen, was wir wollen. In wenigen Worten: der Primat der Nachfrage über das
Angebot. In unserer Gesellschaft ist dies ein nurmehr seltener Fall geworden. Hierzu
drängt sich das virtuelle Lebensmodell des Internet also geradezu auf.
Sehr interessant erschien mir die Nurd-Studie. Diese besagt, dass die Konzentration der
Cybernauten (den "Nurds") auf einen Chraktertyp (weiss, asozial, männlich, jung) unter anderem
auch mit der Emanzipation der jungen Frauen der Neunzigerjahre zusammenhinge. Er setzte
das Web mit einer Beziehungswüste für Beziehungsgestörte gleich, mit einer Tanzstunde
für postpubertäre, unattraktive, schwächlich wirkende und asozial gewordene Typen. Diese
Typen seien die Elite des Cyberworld, die überall nach einem Stecker für den
Laptop suchen, nichts mit dem vielen verdienten Geld anfangen können und auf den Begriff
"Sex" mit einem verständnislosen "Häh?" reagieren. Und eben: der Grund seien die
Frauen, die es urplötzlich wagten, ihre Erotik und Sexualität egoistisch und ruppig
einzusetzen. Und der Mann kriegte 'nen Kurschluss.
Nach Jahrzehnten der Geringachtung seien die Girls von heute viel aggressiver, viel
selbstbewusster geworden. Sie seien sich ihrer Sexualität und ihrer Ausstrahlung
bewusst und setzten diese als Waffe gezielt für ihren Profit ein.
Sie seien dabei nicht selten bewusst auf Vernichtung aus.
Dieser Typ des nur so vor Sexappeal strotzenden Girlies - gerade jetzt im Sommer besonders
oft zu sehen und fatal für uns Männer (weshalb der Autor zum Beispiel nie in die
Badi geht ;-) - sei eine Verunsicherung für die mit ihnen
aufwachsenden "Herren der Schöpfung". Diese fühlten sich in die Enge getrieben und
wichen aus in eine künstliche Welt, die klar strukturiert, logisch und sicher ist,
kurz: in den Cyberspace. Nach dem Motto "ein Kater nach dem Suff oder Sex auf dem
Internet sind gesünder als eine Frau, die einem verletzt", schotten sie sich ab und
entziehen sich so der gefährlich gewordenen Gesellschaft. Eine gewagte, aber aus eigener
Erfahrung durchaus nicht widerlegbare Behauptung.
Das Internet wird zu einem sterilen, verlustminimierenden 2. Universum, das durch
Standartisierung und Kontrolle nun vermehrt in die Dienste der Wirtschaft eingeführt
werden soll. Der simulierte Raum könne die Knappheit an Ressourcen in vielen Bereichen
zumindest theoretisch aufheben, meinte Horx. Er gehe aber von einem digitalen
Backlash aus, der im Laufe des Jahres aus Enttäuschung über das langsame und zerbrechliche
Internet eintreten solle. Eine etwas seltsame und antizyklisch wirkende Theorie. Aber gerade
deshalb medienwirksam. Wer sich allerdings nicht darum kümmerte, waren all die jungen
Surfer, die fleissig den Gratissurf im "Cyberplanet"-Cafe in Anspruch nahmen.
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