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Vorurteile: Metropole gegen Agglo
Ich bin ein Pendler, einer von vielen und immer mehr werdenden. Statistiken haben errechnet,
dass gerade in den Kantonen Zürich und Aargau viele PendlerInnen gibt. Dass also der Austausch
von Wohn- und Arbeitsort hier am grössten ist. Ich gehöre zwar zu den wenigen, die aus dem Züribiet
in den AG-Kanton unterwegs sind, aber vor allem der Marsch von den stadtnahen Gebieten
Millionenzürichs in die Stadt ist sehr gross. Trotz dieser grossen Mobilität habe ich festgestellt,
dass zwischen den BewohnerInnen beider Seiten gegenseitig grosse Verurteile und demzufolge auch
Ablehnungen bestehen.
Der Aargau ist ein seltsamer Kanton. Mindestens fünf Grossregionen können unterschieden werden,
die z.T. kaum wirklich urbane Strukturen haben. Ausser dem Gemeindekomplex um
Baden/ Wettingen/ Neuenhof gibt es keine eigentliche Grossstadt. Dies, obschon der Aargau mit den
Kleinagglomerationen Aarau und Zofingen/ Olten und insgesamt einer halben Milion
KantonseinwohnerInnen eigentlich gross ist. Kein Wunder also, dass es mit der Kultur im grossen
und ganzen eher schlecht beschieden ist. Es hat zwar viel davon, aber gerade Jugendkultur ist
in Zürich in Hülle und Fülle vorhanden.
Deshalb sind unsere städtischen Parkplätze und Autobahnen an einzelnen Tagen (z.B. Samstag abend)
überfüllt mit "Agglos". Deshalb gibt es auch in unseren Discos so viele Tussis und Fuzzis
aus AG. Und dass die dann jeweils immer deutlich als solche erkennbar, weil völlig geschmacklos,
sind, hängt eben damit zusammen, dass das für sie Festtage sind. Und trotzdem sind sie - wenns
draufankommt, total antizürcherisch eingstellt. Und das will mir auf den Kopf. Sie profitieren
von uns, aber wir sind und bleiben für sie arrogant und zu - sagen wir - progressiv. In einem
schlechten Sinne. Eine Ausnahme: die Sendung "Blind date" aud TeleZüri, die unterdessen mehr
partnergierige Agglos vermittelt.
Trotz einer zum Teil sozialen Einstellung in den dörflichen Strukturen ist der
aargauische Konservativismus legendär. Und nicht daneben. Im Aargau kennt mensch kein
links und rechts. Sogar die Linken und Progressiven sind dort konservativ. Und die
Rechten sind halt eben rechtsextrem. Aber dabei immer dezidiert bürgerlich. Die betont
bäuerlich-dörfliche Identität führt zu einer grossen inneren Solidarität, die wir
ZürcherInnen nicht kennen. Wir streiten uns gerne und unterstreichen gerne unsere
Unterschiede. Die Agglos aber haben ein zwar abgeschlossenes, aber doch nach innen solidarisches Verständnis.
Solange mensch dazu gehört, können sie sehr solidarisch sein. Ausländer sind keine, wenn
sie nicht als solche auffallen.
Auch der Vorwurf, dass die Agglos Auto fahren wie die Besessenen, stimmt übrigens. Wer jemals
öfters auf den A1/A2/A3-Autobahnen gefahren ist, weiss das. Dies, obschon die Fahrprüfungen
hart und die Kantonspolizei unerbittlich ist. Ob das mit der nun wahrlich arroganten Aussage
eines Zürchers zusammenhängt, dass der AG der Kanton rechts von der Autobahn ist, glaube ich
nicht. Jedoch ist die prägende Wirkung der A1 als Brücke zwischen Bern und Zürich deutlich.
Und der Anschluss des Fricktals an die Basel-A3 könnte in Zukunft dasselbe bewirken. Im
Durchschnitt fahren sie vielleicht nicht schlechter als die ZürcherInnen, aber sicher auch
nicht besser...
Schliesslich noch zur Sprache. Die Agglos werfen uns nicht ganz zu unrecht vor, dass das
breite Züridüütsch mittlerweile zu einer schweizer-hochdeutschen Mischung geworden ist. Aber
dass unser genormter Dialekt arrogant klinge, verstehe ich nicht so ganz. Zumal den Agglos
beispielsweise so schreckliche Dialekte wie das Ossideutsch gar nicht auffallen. Dies wiederum
könnte an der "Brückenfunktion" des Kantons liegen, denn das Agglodeutsch ist eine
Mischung aus den Nachbardialekten aus Bern, Basel und Zürich. Und je nachdem, wo mensch wohnt,
überwiegt der eine.
Vorurteile also, die - entzerrt von der Brille eines möglichen aargauischen
Minderwertigskeitskomplexes - gegenseitig
herrschen, haben auf beiden Seiten ihre wahren Aspekte. Vielleicht ist das der Grund, warum
mensch sich nicht versteht, vielleicht akzeptieren beide Völker einfach ihre Schwächen nicht.... Ein
weiterhin interessantes Thema in Sachen Völkerkunde.
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