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Zürich
13.6.1996

Satire

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Hot in the City

Biwidus ist ein Magazin und interessiert sich im Prinzip nicht für Aktualitäten oder gar Pressecommuniques. Aber was heute morgen in unseren Briefkasten flatterte, hatte einen derart tragikomischen Touch, dass es für sich stehend eine Realsatire ist. Absender war das Schulamt der Stadt Zürich - genauer der zuständige Direktor des Schulärztlichen Dienstes. Das kurze Pressecommunique war überschrieben mit dem Titel "Heisse Tage in Zürich" und schien auch unter den Auswirkungen brütender Hitze geschrieben worden zu sein. Kernaussage des Textes: Hitzeferien - wie in anderen Ländern gang und gäbe - seien bei uns zu gefährlich und sollten durch spontane alternative Stundenpläne ergänzt werden. Oder: anstatt zu lernen, lassen sich LehrerInnen und SchülerInnen im Klassenzimmer weichkochen und dämmern (spielerisch) vor sich hin. Wir möchten Euch den Originaltext nicht vorenthalten. So im Sinne von: Witz komm raus, du bist umzingelt!


Heisse Tage in Zürich

Fragen zu Hitzeferien, Ozon und Sonnenschutz.

Wenn das Thermometer in diesem Tagen in einigen Schulzimmern 28 Grad und mehr erreicht hat und die Luftfeuchtigkeit über 70 oder 80% gestiegen ist, wird es für Lehrerinnen/Lehrer und Schülerinnen/Schüler (seltsame Schreibweise, tststs. Anm. d. Red.) praktisch unmöglich, noch mit kühlem Kopf bei der Sache zu sein. Erschöpfung macht sich da und dort bemerkbar. Warum also keine Hitzeferien? Die Schulbehörden und der Schularzt der Stadt Zürich missgönnen Kindern und Lehrerinnen/Lehrern keineswegs einen freien Nachmittag. Mit generellen Hitzeferien werden allerdings mehr - gesundheitliche - Probleme geschaffen als gelöst. Viele hundert oder sogar tausend Kinder - vor allem in Fällen, wo beide Eltern berufstätig sind - würden sich unbeaufsichtigt gesundheitlichen Risiken in Verkehr, in der Badi oder beim übermässigen Sonnenbaden aussetzen. Unter der Obhut der Lehrkräfte oder der Kindergärtnerinnen/Kindergärtner ist ein gesundheitsverträglicher Umgang mit der Hitze viel besser gewährleistet.

Aus diesem Grunde verzichtet die Stadt Zürich auf die generelle Anordnung von Hitzeferien.

Individuelles Vorgehen nach lokalen Verhältnissen:

Die Hitzeverhältnisse in den verschiedenen Schulhäusern sind sehr unterschiedlich. Es gibt einzelne Schulhäuser, wo die Innentemperaturen deutlich unter den Aussentemperaturen liegen, andere Schulhäuser wiederum sind eigentliche Brutöfen. Deshalb sollen die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Kindergärtnerinnen/Kindergärtner entsprechend den lokalen Verhältnissen nach gesundem Menschenverstand (watz zät? Anm. d. Red.) ihre Schülerinnen und Schüler vor der Hitze schützen. Wenn das Thermometer morgens zwischen 10.00 und 12.00 (MEZ? Anm. d. Red.) im Schulzimmer über 27 Grad (Celsius oder Fahrenheit? Anm. d. Red.) liegt, muss am Nachmittag der Stundenplan nicht befolgt werden, insbesondere sind keine Prüfungen abzuhalten. Möglichkeiten, die Kinder vor übermässiger Hitze zu schützen, bieten sich in kühlen Räumen des Schulhauses oder in schattigen Innenhöfen. Auch ein Spaziergang im nahen Wald oder ein Nachmittag in der Badeanstalt sind erlaubt unter der Aufsicht der Lehrkräfte. Warum nicht einmal ein kühles Kirchenschiff als Unterrichtsraum wählen?


Ich betone, dass es sich hier um keinen Phantasietext handelt, sondern dass dieser ernst gemeint ist - das merken wir am einzigen vernünftigen Satz, dem zweitletzten (Badi oder Wald). Sonst scheint sich die Schule darum zu bemühen, die "KundInnen" (nach buschorscher Theorie) mit aller Macht in der Schule zu behalten. An sich lobenswert - aber hat eigentlich jemand schon mal die Betroffenen befragt? Die Kinder, die lernend vor sich hinschmachten müssen, während draussen die Sonne zu Müssiggang und Spass verführt? Ich möchte meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass die jungen LehrerInnen von heute mutig genug sind, den zweitletzten Satz ernster zu nehmen als den Rest. In diesem Sinne: zurück zur Natur!

Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus Zürich