Erste Donnerwetter über Winterthur
Ein regelrechtes Gewitter aus Sound zog am ersten Abend der Musikfestwochen über
Winterthur hinweg. Drei eigentlich grundverschiedene Bands bombardierten die
zahlreich angereiste Winterthurer Jugend mit Dutzenden von Dezibel qualitativ
hochstehendem Sound. Weezer, Prong und - als Hauptact - The Prodigy waren
angekündigt. Das zog anscheinend recht, denn schon um sieben Uhr abends (am
hellichten Tag also), als Weezer zu spielen begannen, war das Chaos vor den
Frass- und Saufständen perfekt.
Weezer, die für solchen (Party-)Sound sehr früh am Abend beginnen mussten,
hatten mit der fehlenden Stimung zu kämpfen. Sie spielten ihr Repertoire gut und
fetzig, allein - mit dem Abendessen im Bauch lässt sich nicht gut tanzen. Die
Kalifornier heizten trotzdem mit einem undefinierbaren Mischmasch aus allen
schnellen Gitarenrock-Stilen ein. Und laut genug war die Sache schon von Anfang
an, der Sound dröhnte dem Publikum schon am frühen Abend die Ohren voll. Die
Lärmbullen, die eigens für die Durchhaltung eines total bescheuerten Gesetzes
mit ihren Messgeräten (one, two, Soundcheck) auf der Pressetribüne sassen,
meinten allerdings gegenüber Biwidus, dass nach einer anfänglichen
Lärmwertüberschreitung ebendieser sich auf einem "akzeptablen" Niveau
stabilisiert habe. Pustekuchen.
Auf Weezer folgten Prong - ungemein düster-aggressiver, aber völlig aufgeilender
Speed Metal mit starken Crossover-Elementen. Ob es die professionellen
Rückkopplungen mit ihren Gitarren oder der dumpf dröhnende Bass waren, irgendwas
war an den Jungs echt anmächelig, auch für einen Nicht-Metaller. Zum Tanzen
waren sie auf alle Fälle genau die richtigen. Prong bereiteten also das Terrain
für die absoluten Headliner des Abends vor: The Prodigy.
Wie soll der Autor The Prodigy beschreiben, ohne ins Schwärmen zu geraten?
Erstens sind die Jungs aus "Madchester" schon lange im Business dabei und gelten
als eine der innovativsten und "edelsten" Technocombos überhaupt. Ihr
"Firestarter" ist zwar im Augenblick in den Charts, aber seid ihrer Gründung
1992 vermischen sie hervorragend die Undergroundkultur der "echten" Raveszene
mit einer starken Prise Pop/Dancefloor. Ihre Credibility ist noch immer hoch,
obschon sie auf der Bühne eine Riesenshow mit allen Schikanen abziehen. Das
Konzert begann später, aber es war immerhin eines der ersten und einzigen
Konzerte von Prodigy in der Schweiz. Und bald erscheint ein neues Album. Biwidus
bleibt dran.
Prodigy hatten auf der Bühne ein Riesenequipment aufgebaut - jedenfalls
verglichen mit anderen Rave-"Bands". Nur Transglobal Underground haben mehr von
einer Rockband wie The Prodigy. Ihr Gig war wirklich in der Nähe eines
Rockkonzerts, eine Riesenmaschinerie von "Instrumenten" war aufgebaut worden,
die von einem einzigen "Musiker" bedient wurden. Ob jetzt ab DAT und Drummachine
oder live ab Sequenzer und Synthi, der Sound klang halt sehr überzeugend.
BPM-Gewitter wurden gnadenlos auf das wohl eher breakbeat-ungewohnte Publikum
losgelassen. Eine absolut wilde Show mit einem einzigen Musiker, einem
Gitarristen und drei Tänzern und Rappern peitschte das Volk auf, bis dass alle
vor der Bühne vor Vergnügen johlten und tanzten. "Firestarter" war der Höhepunkt
und wurde mit viel Kunstnebel eingeläutet. Das Publikum in Winterthur hatte am
ersten Abend also schon einiges bekommen - das Konzert von The Prodigy muss auch
mal einer überbieten. Absolut abgefahren.
A propos abgefahren. Am Schluss ging das Biwidus-Team noch ein bisschen ins
Kino. In der Tech-Tiefgarage hatten ein paar Fans eine Star Trek-Filmnacht für
wenig Geld (und dafür auch wenig Komfort auf den Holzbänken) organisiert. Drei
bekannte Kinofilme der Erfolgsserie mit Kirk, Spock und Co. wurden gezeigt, zum
Glück unsynchronisiert und mit viel lustigen "Nebeneffekten" wie einem
Effektenhandel mit Trekkie-Kitsch. Selbstredend gab es auch einige Uniformierte,
ein kleines Megahappenning für Fans - bis 7.00 morgens.
Aufgrund von Restriktionen seitens der Manager der Band dürfen wir nicht über
den Auftritt von Offspring berichten, wir hatten nämlich keine Filmerlaubnis,
schade. Das Konzert der jungen Nirvana-Jünger und Punkstars war auch nichts
besonderes. Besser gefielen mir allerdings die Vorbands Social Distorsion und
Millencolin, deren Punk reiner, weniger mainstreammässiger und dafür reifer
4-to-the Floor-Punk war.
Sogar der Rapper Ice T, der für den nächsten Tag angekündigt war, gab sich
überraschend die Ehre und trat nach seiner "Vorband" Offspring kurz auf.
Typisch für die Winterthurer Musikfestwochen: ein Rapper nach drei Punkbands. Das ist
das spezielle hier, und das ist das, was die Leute an diesen Konzerten anzieht.
Und uns übrigens auch.
Im nächsten Biwidus lest Ihr über die Konzerte von Neneh Cherry, Ice T, Selig,
Glen of Guiness und Babylon Zoo - so Gott und das Management das erlauben.
Sch...manager... ;-)
Und trotzdem haben wir insgeheim ein paar Bilder vom Konzert von Offspring
geschossen, hier eines davon (ätschibätsch!)
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