Hoch die internationale Solidarität!
Nicht nur eine Sozialistische Internationale, auch eine jugendliche Form davon
existiert 1996 immer noch - unter dem Namen IUSY (International Union of the
Socialist Youth). Zusammen mit den Deutschen JungsozialistInnen (JUSOs) und den
"Roten Falken" (eine Art linke Pfadis) organisierte sie das diesjährige
IUSY-World-Festival "Power of Solidarity" in den Rheinauen von Bonn. Während einer Woche
sollten die pathetischen Worte des IUSY-Vorsitzenden Nicola Zingaretti wahr werden. Er
meinte gegenüber Biwidus nämlich: "Aus den 140 anwesenden Delegationen werde eine grosse
Weltdelegation!"
Während einer Woche konnten die über 6000 anwesenden Jugendlichen aus 117 Nationen
am Ufer des Rheins feiern und debattieren. Ein fast zu reichhaltiges Programm erwartete
die TeilnehmerInnen: neben Workshops, die sich um Fragen der Globalisierung der
Wirtschaft, Umweltschutz, Menschenrechte und Rassismus drehten, war auch am Abend
für Unterhaltung gesorgt worden. In Café-Zelten mit klingenden Namen wie
"Rosa Luxemburg", "International", "Valhalla" oder "Balabanoff" konnte mensch
sich im Gedränge gegenseitig auf die Füsse treten, sich in politischen Kabaretts
amüsieren oder Live-Konzerte von "Dead Moon" (USA) und anderen Bands geniessen.
Im grossen Festivalzelt traten an drei Abenden die Top-Acts Jazzkantine (D),
Aviv Geffen (Israel) und Bob Geldof (Irland) auf. Sie waren kraftvoller als die
Darbietungen der Top Acts aus der Politik. Die Schlussdiskussion des Festivals im
alten Bundestag über die Zukunft des Sozialismus mit SPD-Chef Oskar Lafontaine,
PDS-Generalsekretär Massimo D`Alema und drei Vertretern aus Brasilien, der
Elfenbeinküste und Libanon blieb flau und erschöpfte sich im allgemeinen
Bekenntnis zur Notwendigkeit eines internationalen Kampfes gegen den Neoliberalismus.
Die Stimmung im grosszügig angelegten Camp in einem direkt am Rhein gelegenen Park
blieb trotz chaotischer Organisation bis zum Schluss meist friedlich und ausgelassen.
Die Organisatoren waren von Anfang mit über tausend unangekündigten "comrades"
überrascht worden. Die sozialistische Solidarität wurde in endlosen Warteschlangen
vor den Verpflegungszelten hart auf die Probe gestellt, und der Kantinenfrass war mehr
ein notwendiges Übel als ein Genuss.
Die Grundidee des Festivals, dass TeilnehmerInnen
sich selber organisieren und gemeinsam für Ordnung und Sauberkeit auf dem
Gelände sorgen, wurde von den Organisatoren übertrieben. Die (kleine) Schweizer Delegation
musste gleich am ersten Abend jemanden zum Sicherheitsdienst abkommandieren, der
zwölf (!) Stunden dauerte. Denn schliesslich durfte kein Gras ins Camp mitgenommen
werden...Misstöne gab es auch, als die Schwedische Delegation eine Veranstaltung zur
Drogenliberalisierung störte, oder als die israelische Delegation einen Workshop zum
Thema "Südlibanon" verliess, weil sich Libanesen und Israelis über einen libanesischen
Propagandafilm über den israelischen Angriff auf das Flüchtlingslager Kanaa in die
Haare gerieten.
Solche Streitereien werden wohl immer charakteristisch für den internationalen
Sozialismus bleiben; auch der offen gezeigte Nationalstolz einiger Delegationen,
welche mit Fahnen und Uniformen angereist waren, wirkte manchmal befremdend. Dennoch:
wo sonst auf der Welt ist es möglich, beim Mittagessen seinen Gegenüber zu fragen,
woher er kommt, dieser sich als Indonesier zu erkennen gibt, und beide wissen, dass
mensch sich nur gegenübersitzt, weil sensch sich für eine gleiche Grundidee
einsetzen will: mehr Gerechtigkeit unter den Menschen - Solidarität.
Ach, übrigens. Wer mehr über das IUSY-Festival nachlesen will, kann sich mal beim offiziellen
Festivalserver
umsehen. Und die Schweizer Juso-Sektion ist in Bern zu erreichen unter der Adresse:
Juso Schweiz
Sekretariat
Spitalgasse 34
3011 Bern
(031) 311 52 72
Für Biwidus: Didi Müller aus Bonn/Deutschland
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