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9.12.1998

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P.S. - Eine Randnotiz

P.S. Signet Es ist wirklich schade, so schade. Trotz allen Widerstandes musste das einzige noch verbliebene echte Linksblatt der Gegen, die P.S., den Betrieb wegen fehlender AbonnentInnen einstellen. 2000 hätten es gemäss Verleger und Chefredaktor Koni Loepfe sein sollen, aber so einfach war das offenbar nicht. Laut eigenen Angaben (in der letzten Ausgabe vom Samstag, dem 5. Dezember, blieb diese das Ueberleben sichernde Grenze unerreicht, noch ein paar Wochen vor der Deadline waren es nur etwa 1500. Auch Inserate gab es viel zu wenige, um damit ein Geschäft weiterführen zu können.

Die letzte P.S.-Ausgabe bewies, was die grösste Schwäche aller anderen gewesen ist. Die Zeitung ist optisch miserabel gestaltet, kaum bis schlecht bebildert und deshalb langatmig bis zum Gehtnichtmehr. Nicht nur, dass die Themen manchmal etwas gar exotisch waren, vor allem störte mich die schon fast penetrante Schreibwut der MacherInnen. Artikel in der Länge von einer Seite waren nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Und das über eine ganze Zeitung hinweg, dass diese "nur" im Tabloidformat war, ändert nichts an der Sache. Der Preis, das muss man zugeben, schien von Anfang an sehr günstig zu sein, 70 Franken für drei Ausgaben wöchtentlich, also etwa 155 Stück, einmalig, denn pro Stück bezahlte ich als Abonnent nur en halbe Schtutz.

Mit einer kleinen handvoll JournalistInnen haben die MacherInnen immer wieder gute Stories gebracht, zum Teil sogar exklusiv, was aus den hervorragenden Kontakten von Chef Koni L. zur linken und politischen Szene herrührt. Dabei faszinierte mich auch immer der (manchmal etwas über-) engagierte Meinungsjournalimus des jeweiligen Autors und der jeweiligen Autorin. Die Themen waren offensichtlich nach den Interessensgebieten der MacherInnen ausgesucht, neben eigentlichen Mustthemen wie Abstimmungen, die auch andere Blätter gebracht haben, waren dies vor allem auch totale Spezialgebiete wie die Wohnungsfrage und "Minderheiten"kultur. Etwas bemühend erschienen mir dabei die Stories, die offensichtlich von Dritten herangetragen wurden, vor allem die Beiträge aus den Reihen der Menschenrechtsorganisation "augenauf", die manchmal einen gar einseitigen und nicht ganz glaubwürdigen Charakter hatten (das war jedenfalls mein Gefühl).

P.S. Frontseite Wenn wir uns die letzte Ausgabe ansehen, schliesslich sind unsere beiden Medien irgendwie miteinander verwandt, wenn auch entfernt, dann fällt der für das Blatt typische Themenmix sofort auf. Der Leitartikel des Chefs, engagiert und kompetent bis ins Grab, eine linke "Skandalstory" über einen jungen mann, der an der "Critcial Mass"-Demo wegen unerlaubten Demonstrierens eine schwachsinnige Strafe aufgebrummt erhielt, dann ein Interview mit einer Kurdistan-Aktivistin, etwas über ein Migrantin, die in der Schweiz gestrandet ist, etwas Satire, ein langatmiger Text über die Aktion Finanzplatz Schweiz, der Einfachheit halber auch gleich als Inti, dann Ausstellungen, eine hochintellektuelle und unbebilderte Geschichtslektion, und zum Schluss je eine Bücher- und Filmkritik. Eine gute Mischung aus vielleicht interessanten, aber nicht immer wirklich spannenden und fesselnd aufgearbeiteten Themen.

Gelaufen ist ja noch nichts wirklich. Die Redaktion unterstreicht, dass die Produktion nur "unterbrochen" wird und - falls noch genug Leute abonnieren - die Sache wieder erscheint. Das finde ich einen verzweifelten, aber in dieser Situation durchaus richtigen Ansatz, denn so kann die Sache zu einem späteren zeitpunkt auch abgesichert werden.

Zum Schluss noch dies: ich bin immer noch der Meinung, dass die Schweizerische Presselandschaft auch links von der Mitte nicht ausgetrocknet ist, der Tagi leistet sich immer mehr einen Stil, der einerseits boulevardistischer wird, anderseits sich aber auch immer mehr einer sagen wir sozialdemokratischen Einstellung annähert, sicher und auch zugegebenerweise das grösste Problem der P.S.-MacherInnen. Was aber in der Schweiz noch immer fehlt, und ich muss zugeben, dass ich das Problem nicht ganz verstehe, ist eine echte Abendzeitung, die den Namen auch verdient. Dieser Ansatz war ja auch der erste zwischen der eingestellten DAZ und der P.S., eine echte Alternative, auch in der Erscheinungsform.

Eine Abendzeitung, das wäre der Hit, diese würde schon am Vortag vorweg nehmen, was die grossen Tageszeitungen erst am nächsten bringen würden. Und da die meisten "Anlässe" am Morgen, am Mittag oder gar "zeitlos" sind, wäre das auch machbar. Und die Leute sind wirklich aktuell informiert. Wenn sie von der Arbeit nach Hause fahren vor allem, genau das ist auch der Clou hinter der Idee einer Abendzeitung gewesen, es sogar den Lokal-TV-MacherInnen zu zeigen, was eine Harke ist. Schade, dass selbst im Pendlerzentrum des Millionenzürich niemand den Mut dazu aufbringt, ich wäre als Journalist jedenfalls sofort dabei.....



Für Biwidus: Wildcat (EMail) (Intermediale Solidarität ;-)