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8.10.1998

Bands

United Refugees

Ein Zürcher aus Sizilien

Ein Zürcher aus Zaire

Vera Kaa

Open Air SG: Subzonic

Tic Tac Toe

Code Five - CH-Boygroup

Midnight Oil

Quratierfest an der Langstrasse

Vorschau: _Crank

Vorschau: s _Pfanneschtiil Chammer Sexdiit

Vorschau: Dodo _Hug

Rödelheim

Vorschau: Max _Lässer

Vorschau: _Magos

Gotthard

Kelly Family

Grenzenlose Freundschaft

Die Band heisst Friends United Refugees, die Mitglieder tragen so exotische Namen wie Don Khalil, Neggy und V-Shai, und es sind ihrer zehn. Bandmitglieder, meine ich. Die Band (ich nenne sie fortan der Einfachheit halber FUR, denn sonst komme ich nirgends hin) traf sich vor rund zwei Jahren an einer spontanen Party und jammte erfolgreich darauf los. Die Asylorganisation im Kreis 5 wurde zur Basis, die ersten Konzerte und zwei Singles kamen kurz nacheinander.

Ueber dem steilen Aufstieg von FUR hängt aber ein Damoklesschwert, fast alle Bandmitglieder sind von der Ausschaffung bedroht, da nur die wenigsten ein Bleiberecht haben, also als Flüchtlinge anerkannt sind. Die meisten von ihnen müssten jeden Tag warten und bangen, dass die Polizei kommt und sie in eine Heimat zurückspedieren will, die sie nicht mehr kennen. Während beispielsweise der Kameruner V-Shai hier verheiratet und somit in ziemlicher Sicherheit ist, führt Neggy aus dem Iran (ihr Vater musste als politischer Flüchtling sein Land verlassen) seit fünf Jahren das Dasein einer Bewerberin. Andere, wie der Algerier Don Khalil und sein Landsmann Skunk, sind hier nicht sicher, auch wenn der eine im Dorf mit den Jungs Basketball spielt und der andere in begnadeter DJ und zu Hause Dienstverweigerer ist.

Refugees Nun ja, die zehn (ursprünglich waren es sogar mehr, aber sie passten nicht immer zusammen) Jugendlichen haben es nun geschafft, nach zwei Jahren Vorbereitung erschien kürzlich ihre gleichnamige erste CD, ein süffiges Misch-Werk aus Hip Hop und sehr, sehr viel Pop. Hinter der Aktion stehen bekannte Namen, wie das Label Musikvertrieb und das Migros-Kulturprozent, dazu auch vieles, was in der Kulturszene Rang und Namen hat, Aeschbi hat der Band seine Unterstützung zugesagt, Sidney Weill (der Kopf des vormaligen "Rock gegen Hass"-Open Airs in Lengnau) und sogar Pfarrer Ernst Sieber. Die Herren und Damen schauten auch bei der Plattentaufe im Zürcher Ruby vorbei.

Hauptpatin der neuen CD ist aber die Ex-Miss Schweiz Tanja Gutmann, die FUR schon seit einiger Zeit kennt und sich wie schon bei der ersten Single auch diesmal wieder bereit erklärt hat, mit ihrem Namen für die Band, ihre CD und vor allem die Aussage einzustehen. Eine Aussage, die klar und deutlich ist: Toleranz und Verständnis für Menschen in Not, denn viele Flüchtlinge haben die Möglichkeit nicht, sich so zu artikulieren und ihre Meinung als Aufschrei gegen die Ungerechtigkeit auch einer breiten Oeffentlichkeit zugänglich zu machen.

Refugees FUR ist keine an sich politische Band, ihre Musik ist so durchschnittlich, wie es poppiger fast nicht mehr geht, ihre Texte sind typisch teeniemässig, es geht um Peace and Love, aber die Sache ist, was dahinter steckt. Es ist die Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, eine der wohl genialsten Denkmodelle der menschlichen Entwicklung. Ihre Songs heissen dann auch "One Nation 98" und "Running for the Future". Weitere Ohrwürmer sind "All day, all night" und "Dangerous Life". Interessant dabei, die Kids können wirklich singen, ich meine solo, nicht nur als Band. Vor allem die oberhyperhübsche Frontfrau Kay und Chefrapper Don Khalil haben mich überzeugt, aber auch der spanisch wirkende Sunnyboy Mister Joe aus Kosova hat das Zeug zu einem echten Künstler. Stark sind sie dennoch vor allem als Band.

Refugees Wer die CD als Weihnachtsgeschenk kaufen möchte, was sicher nicht ganz auszuschliessen ist, zumal in den Plattenläden jetzt gross Werbung dafür gemacht wird, wer sich also Friends Unites Refugees mal zu Hause zu Gemüte führen will, dem und der sei gesagt: lest auch mal das Booklet genau durch, denn die ganze CD ist so was wie ein Kunst-Werk. Neben der schon fast üblichen Aufstellung aller Gastmusiker und Songtexte fällt vor allem das zweite Booklet positiv auf. Es ist eine persönliche Note der Band, jedes Mitglied hat eine Seite zur Verfügung, um der Welt sein Schicksal, seine Gefühle und seine Wünsche zu offenbaren. In ihrer jeweiligen Sprache (es sind an sich mehr, da die meisten darin französisch, deutsch oder englisch schreiben). Da hört man Schreie nach Gerechtigkeit, dass es einem fast kalt den Rücken herabläuft.

Neggy schreibt besipielsweise, dass sie nicht einmal ein Video ausleihen darf, Skunk meint lakonisch, dass alle seine Freunde aus Algerien geflohen seien, da sei er halt auch gegangen, und der eigentliche Bandleader V-Shai offenbart, dass er seine Familie, sein Haus und seine Heimat vermisse, das geht weit über Politik hinweg, heh? FUR oder Friends United Refugees machen zwar nicht gerade meinen Stil von Musik, but I really can dance to it......

Die Freunde sind natürlich auch auf dem Internet, Ehrensache, auch wenn die Site nicht allzu originell ist, sondern nur ein Abklatsch der CD. Leider.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) (gedenkt der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor 50 Jahren)