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4.6.1996

Bands

United Refugees

Ein Zürcher aus Sizilien

Ein Zürcher aus Zaire

Vera Kaa

Open Air SG: Subzonic

Tic Tac Toe

Code Five - CH-Boygroup

Midnight Oil

Quratierfest an der Langstrasse

Vorschau: _Crank

Vorschau: s _Pfanneschtiil Chammer Sexdiit

Vorschau: Dodo _Hug

Rödelheim

Vorschau: Max _Lässer

Vorschau: _Magos

Gotthard

Kelly Family

Höha, schnella, weita: ErrHahPee

"Wir schreiben das Jahr 1996: das Rödelheim Hartreim Projekt ist Alleinherrscher der deutschen Sprechgesangsszene" (aus "Vision"). Das hartreimende Rap-Projekt aus Rödelheim in Frankfurt am Main hat wieder zugeschlagen. Sie sind wieder zurück: Moses P. (nach eigenen Angaben der "diabolisch grinsende Buddha" und Thomas K., sein gelehriger Zauberschüler. Nachdem sie 1994 mit ihrem bombastisch-streettuffen Debutalbum "Direkt aus Rödelheim" und der groovigen Life-EP "Life aus R." ihren Claim abgesteckt hatten, wurden sie letztes Jahr von ihren Konkurrenten aus Stuttgart, den Fantas, mit "Lauschgift" herausgefordert. Der beste Track der Fanta-CD, "Love sucks", ist dann auch direkt auf die Rödelheimer gezielt.

Und nun sind sie wieder da, die Jungs aus der Vorstadt, die mit ihrem tuffen, respekt- und skrupellosen und durch und durch amerikanisch geprägten Street-Image dem unbekümmerten Fun-Rap der Fantas den Rang streitig machen wollen. Nachdem sie mit ihrer ersten Scheibe die deutsche Rap-Welt (damals noch ganz im Zeichen des Dipols Fantas/ Advanced Chemistry) umpflügten, doppeln sie mit "Zurück" nach dem selben Strickmuster nach. Sie sind keineswegs bräver geworden, etwas souliger vielleicht, aber weiterhin regieren fette Grooves, viel Life-Instrumente und eine bodenlose Frechheit in den Texten. Ob leider und zum Glück das so ist, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls haben sie ihr Schwesterchen für einmal zu Hause gelassen und sind nach Zürich gekommen, um uns das Heil des puren, unverschnittenen Raps zu bringen. RHP kamen zurück ins Volkshaus.

Fans haben sie weiss Marx schon genug. Auf die Frage, ob wohl RHP oder die Jungs aus Stuttgart die wahren "Alleinherrscher" seien, bekamen wir nur ein unartikuliertes Gejohle zu hören. Gemeint war wohl eher Rödelheim. Und somit auch der hessische Dialekt. Denn im Gegensatz zu den schriftsprachigen Fantas rappen die Jungs aus Frankfurt im sympathisch-weichen Dialekt der hessischen VolksgenossInnen. Leider wurde ihnen das am Konzert im Volkshaus fast zum Verhängnis, denn meistens verstand das Publikum das Gerappe von Moses und Thomas nicht ganz. Dafür bekam es eineinhalb Stunden Rap vom allerfeinsten geboten. Und: RHP mausern sich allmählich zur genialen Crossover-Formation. Die "klassischen" Instrumente wie Gitarre und Bass waren gegenüber den Vocals und dem DJ gleichgestellt und trugen einen unbeschreiblichen Groove ins Haus.

Das Konzert begann - eigentlich unüblich - gleich mit dem augenblicklichen Hit, "Höha, Schnella und Weita". Nach dem bombastischen Einstieg sprangen die Rödelheimer zwischen schnellen und ungemein lebendigen Hüpfsongs (z.B. das Rap-Gewitter "Türkisch") und langsamen, aber dennoch dröhnend groovigen Balladen hin und her. Auch machten sie keinen Unterschied zwischen der ersten und der zweiten CD. Meistens waren Slow-Hiphop angesagt ("Fluchtweg" oder Moses P's Lieblingssong "Dieses Lied"). Aber wenns mal losging, dann richtig. Bis zum Schluss, bis zu den zwei mal drei Zugaben. Dabei kündeten die beiden auch an, dass es weiter geht aus Rödelheim. Und sie gaben uns auch gleich eine Kostprobe des RHP von morgen: fetziger und ungebremster Crossover a la Rage. Cool.

Thomas war neben dem schon physisch schwergewichtigen Moses P. klar der Juniorpartner, im wahrsten Sinne des Wortes farblos. Immerhin schien er lebendiger als die drei Clowns, die im PE-Style und auf Rausschmeisserart auf der Bühne rumstanden und grimmig in die Weltgeschichte schauten. Man hat schon gemerkt, dass Moses der unbestreitbare Herr auf der Bühne ist. Und der Typ hat eine starke Ausstrahlung - das Publikum quttierte dies mit lautem Gejohle, als der "Fätze" sich am Schluss unters Volk mischte. Auffällig war, dass auch die Band einen grossen Anteil am Gig hatte, nicht so wie bei anderen Rapbands, wo diese - wenn überhaupt - nur zur Deko da ist. Das bezeichnende "Duell" zwischen Gitarre und DJ fuhr beim Publikum besonders gut rein. Und schliesslich und endlich stellte sich dieses dabei die bange Frage: ist das Rödelheim Hartreim Projekt überhaupt noch eine Rapband? Oder: wie lang noch?



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus dem Volkshaus Zürich