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Studieren - bald ein Privileg der Reichen?
Der Kanton will mit einer universitären Rosskur sparen: Markanter
Abbau des Mittelbaus und Kürzung der eh schon knappen
Stipendienbeiträge. Ein Schlaglicht ins dunkle Finanzloch.
Die beiden Ernstlis im Regierungsrat übten sich in der hohen
Kunst des Nichtssagens und der vagen Andeutungen, doch zumindest
eines wurde klar: Der Kanton muss sparen, und zwar massiv.
Und das tut er, wen wundert's, auf Kosten derjenigen, die sich
eh nicht wehren können, weil sie entweder krank, weniger bemittelt
und deshalb auch machtlos sind. Eine Steuererhöhung, die
entsprechend ihren Finanzen alle treffen würde, kommt laut
Finanzdirektor Eric Honegger nicht in Frage, weil sie
"negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Klima und die
Standortgunst hat".
Mittelbau angesägt
Und der Regierungsrat war fleissig: mit vielen Folien,
Tabellen und ausführlichen Referaten präsentierte er sein
bombiges Effort-Sparprogramm, das 300 Massnahmen, wovon
vielleicht etwa nur 10 prägend sind, beinhaltet. Neben den
Direktionen der Finanzen und der Gesundheit steuert der
Bildungsbereich den grössten Brocken zum Sparpaket der Regierung bei.
Insgesamt 58,8 Million Franken sollen eingespart und
196 Stellen bis ins Jahr 2000 abgebaut werden, 58 Stellen,
die von 70 Assistentinnen belegt werden, allein an der Uni.
Wie, wo und weshalb genau diese Zahl, konnte Ernst Buschor
nicht erklären. Man munkelt, um möglichst schnell zu sparen,
wollte die Regierung schon Anfang nächsten Jahres 35 Assis
entlassen, doch dies wäre zu kurzfristig gewesen. Entlassungen
soll es deshalb voraussichtlich erst Mitte 96 geben, dafür dürften
dann wohl alle auf einmal den blauen Brief bekommen.
"Eine Rosskur", nennt Daniel Schloeth, Kantonsrat der Grünen,
dieses mögliche Szenario. Dieses könnte verhindert werden,
wenn der Teuerungsausgleich von 1% dem Unipersonal nicht
ausbezahlt und die 1-2 Millionen für die gefährdeten 58 Stellen
eingesetzt würden. Die Grüne Partei wird in der nächsten Budgetdebatte
diesen Antrag stellen. Doch viel Hoffnung besteht nicht:
Daniel Schloeth ist schon heute überzeugt, dass der Antrag
nicht durchkommen wird.
Weniger und anders verteilte Stipendien
Die Regierung will auch bei den Stipendien sparen: Sie
sieht eine "Totalrevision des Bemessungssystems für
Ausbildungsbeiträge" vor, schweigt sich aber über die zu
erwartendenden Konsequenzen aus. Im Effort-Sparprogramm
steht statt einer astronomisch hohen Zahl, die es einzusparen gilt,
einzig der Hinweis, dass bis 1997 mit Mehraufwendungen, ab 1998
mit Einsparungen zu rechnen sei. Doch was heisst das konkret?
Thomas Brassel von der Stipendienberatung der Hochschulen kann
und will nicht Auskunft geben. "Der Kuchen, das ist doch
offensichtlich, wird neu verteilt. Die einen werden etwas mehr,
die andern etwas weniger bekommen."
Etwas gesprächiger und auskunftsfreudiger ist da schon
Peter Zweifel, Leiter des Sektors Stipendien der
Erziehungsdirektion. Zunächst einmal ist er freudig überrascht,
dass die vom Erziehungsdirektor angekündigte Kürzung des
Stipendienkredits um 10% nicht vorgenommen wurde. Offenbar
habe man Buschor von der Härte dieser Massnahme überzeugen können:
mit einer solch drastischen Reduktion wären beispielsweise
minderbemittelte Studis teilweise unter das nota bene
betreibungsrechtliche Existenzminimum getrieben worden. Und
das Recht auf Bildung für alle wäre somit nicht mehr
gewährleistet gewesen.
Nur noch Darlehen?
Vieles sei noch unklar und stehe zur Diskussion, so
Peter Zweifel. Fest steht jedenfalls, dass das Stipendienwesen
nur noch aus einem und nicht mehr wie bisher aus drei
unterschiedlichen Gremien bestehen wird. Heute gibt es die
Stipendienberatung der beiden Hochschulen, den Sektor Stipendien
der Erziehungsdirektion, (Kantons- u. Mittelschulen, Lehreraus- u.
Weiterbildung, Schule für Gestaltung) und Amt für Berufsbildung
der Volkswirtschaftsdirektion(u. a. für BIGA-Berufe).
Jedes Gremium hat eigene Verordungen und Reglemente, sodass
Sitpendien bei gleichen Voraussetzungen unterschiedlich ausfallen
können. Das soll in Zukunft nicht mehr vorkommen. Mit den geplanten
Fachhochschulen findet sowieso eine Annäherung statt, eine
Zusammenlegung erscheint deshalb nur sinnvoll ist.
Eine Revision des Bemessungssytems begrüsst Peter Zweifel.
Es soll transparenter und zudem sollen einige Ungleichheiten
beseitigt werden: Renten (IV, Alimenten) sollen der Gesuchstellerin
neu mit 100% und nicht mehr nur mit 60% angerechnet werden.
Die Altersgrenze, bei dem ein Wohnen bei den Eltern nicht mehr
zumutbar ist, beträgt für den ersten Bildungsweg 28 Jahre, für
den zweiten Bildungsweg aber 25 Jahre. Beide Alterslimiten sollen
neu auf 25 Jahre begrenzt werden.
Doch der Regierungrat will ja sparen. Das tut er, indem er
vorschlägt, das elterliche Einkommen bei Gesuchstellerinnen des
zweiten Bildungswegs hinabzusetzen. "Da wird es Härtfälle geben",
prognostiziert Peter Zweifel. Zwar erhielt das kantonsrätlichen
Postulat, statt Stipendien nur noch Darlehen zu gewähren, von der
Regierung eine Abfuhr. "Doch je mehr es ums Sparen geht, umso mehr
könnte auch die Regierung wieder auf den Geschmack kommen", diese
Befürchtung äussert nicht nur Kantonsrat Daniel Schloeth.
Als "verheerend" bezeichnet es Franziska Gugger von der
Stipendienberatungskomission StipeKo, wenn nur noch Darlehen
gewährt würden. "Die letzten ein, zwei Jahre des Studiums sind so
zur Not noch finanzierbar, aber ein ganzes Studium?" Zumal wenn
keine Aussicht auf eine Erbschaft besteht, gehen Darlehen, auch
wenn sie zinslos sind, kräftig ins Geld. Seit ein paar Jahren
müssen diese Gelder bereits schon fünf Jahre nach Beendigung des
Studiums zurückbezahlt werden, ansonsten wird ein Zins berechnet.
Stipendien auf Sparflamme
In der breiten Bevölkerungsschicht herrscht noch immer
das Bild vom Studi, dem Stipendien nachgeworfen werden. Doch
die Zahlen und Erfahrungen sprechen dagegen. "Gerade in diesem
Sommer, als man wegen des neuen Einschreibeverfahrens zwei
Semestergebühren auf einmal einbezahlen musste, kamen viele
Studis in einen finanziellen Engpass", erzählt Franziska Gugger
von der StipeKO.
Der Kanton Zürich hat letztes Jahr mit 36 231 637.- Fr. am
wenigstens Stipendien seit einem Jahrzehnt ausgeschüttet.
Hätte man wie ursprünglich geplant, immer den Teuerungsausgleich
gemacht, so müsste der Betrag heute mindestens doppelt so hoch
ausfallen. (Einzig der Kanton Bern macht jeweils den
Teuerungsausgleich: letztes Jahr zahlte er knapp 72 Millionen
Stipendien aus und ist somit mit grossem Abstand Spitzenreiter
im interkantonalen Vergleich.) Fürs kommende Jahr ist, wen wundert's,
eine Kürzung der Stipendienbeiträge geplant. Auch bei der
städtischen Stipendienkomission der Stadt Zürich sind die Gelder
knapp. Gab es früher noch einen kleinen Zustupf zum kantonalen
Stipendium, so können heute mehrheitlich nur noch Studis unterstützt
werden, die keine Subsidiärhilfe vom Kanton erhalten, denn es
stehen nur noch die Gelder aus dem Fonds zur Verfügung.
Trauriges Fazit: Studieren scheint bald einmal zum finanziellen
Kunststück zu werden. Wie ein Hohn klingt es da, wenn der
Regierungsrat in den Zielen zur Legislaturperiode 1995-1999
festhält, dass die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes
Zürich unter anderem durch eine "Anhebung der Qualität im
Bildungswesen" gesichert werden müsse.
Allfällige Änderungen
Das Bemessungssystem für Stipendien wird revidiert. Es soll
transparenter, genauer, aber auch strenger werden. Das heisst
beispielsweise, für Gesuchstellerinnen des zweiten Bildungsweges
wird die elterliche Einkommensgrenze, die zum Stipendium berechtigt,
hinabgesetzt. Studis, die von dieser Neuregelung betroffen sind,
werden aber nicht von heute auf morgen keine Stipendien mehr
bekommen. Es ist von einer Uebergangszeit von mindestens drei
bis idealerweise sieben Jahre (die Zeit, in der ein Studium
abgeschlossen sein sollte) die Rede. Die Alterslimite, die zum
Wohnen ausserhalb des Elternhauses berechtigt, soll für
Stipendianten des ersten Bildungsweges neu 25 statt wie bisher
28 Jahre betragen. Zudem wird diskutiert, statt Stipendien nur
noch Darlehen zu gewähren.
Doch dies alles sind erst Vorschläge, die in Bearbeitung sind.
Verbindliche Hammerschläge sind frühstens Anfang nächsten
Jahres zu erwarten.
Für Biwidus: Rebecca Buchmüller aus der Uni Zürich.
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