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Das Leben ist eine Maskerade
Wer diesen Artikel liest, wird sich wohl gefragt haben, was ein Bericht über das
Programm von SchülerInnen einer Kleinkunstschule im Biwidus zu suchen hat. Diese
Frage haben wir uns auch gestellt, als die Premiere des Programms "Mascarada"
der Compagnia Dimitrti stattfand. Wir kamen aber zum Schluss (so bald wir wieder
Luft geholt und unsere vor Lachen ermüdeten Bäuche wieder kuriert hatten), dass
auch die kulturlose Generation X mal den Weg ins Bernhard-Theater suchen sollte,
denn dieser Abend ist eineinhalb Stunden reine Komik (und gleichzeitig perfekte
Kleinkunst).
Die Compagnia Teatro Dimitri existiert seit 1978 und entstand aus der
Clownschule des berühmten und beliebten Künstlers im Tessiner Kaff Verscio. In
seiner Schule (gegründet 1975) bringen er und seine Freunde den jungen
KünstlerInnen als bisher einzige Schule in Europa die Meisterklasse der
Kleinkunst bei. Die späteren MimInnen werden gelehrt und geprüft in den Fächern
klassische Pantomine, Maskenbau und Maskenspiel, Tanz, Rhythmus,
Theaterimprovisation, Körperausdruck und Stimmbildung, Akrobatik, Jonglieren,
Artistik und Zauberei. Auch die Beherrschung verschiedener Musikinstrumente
gehört zum a und o des Könnens. Wer will, kann nach der Ausbildung entweder ins
Ausland oder eben in der Compagnia Teatro Dimitri ein Auskommen finden. 15
Programme mit über 30 ehemaligen AbsolventInnen sind seither rumgetourt - um die
ganze Welt übrigens.
Das neue Programm "Mascarada" wurde von Dimitri und seiner Truppe entwickelt.
Regie führte der Meister selbst. Kostüme, Bühnenbild und und Masken wurden von
ihm mitkonzipiert. Die Geschichte des Stückes ist eigentlich sehr schnell
erzählt. Es spielt in einem Variet unter einem wortwörtlich "schweinischen"
Direktor, der seine neuen Angestellten begutachten will, es handelt sich also
hierbei um eine sogenannte Audition. Er entscheidet, wer den rechten (für die
akzeptierten Künstler) und wer den linken (für die abgelehnten) Ausgang nehmen
wird, entscheidet also wie das Schicksal im echten Leben ("der Fahrstuhl nach
oben ist besetzt - damdamdam - sie müssen wartemn...") . Drei liebestolle
Sekretärinnen und das Objekt ihrer Begierde, ein mehr als nur bescheuerter
Techniker, stehen ihm zur Seite. Ach ja, und da wäre noch sein Köter. Und das
ganze Stück ist wie ein Zirkusprogramm, wo die KünstlerInnen kommen, ihr
(Nicht-)Können zeigen und wieder gehen -entweder nach links oder nach rechts.
So blöd das auch klingt, so lustig ist das ganze doch umgesetzt. Da wäre mal der
Direktor, der sagt nichts, sondern deutet seinen Willen immer pantomimisch an,
keine einfache Sache unter einer Schweinemaske! Seine drei Musen und ihr
potentieller Liebhaber bilden das Zwischenprogramm. Immer wieder treten sie auf
und zeigen das Leben hinter den Theaterkulissen auf eine selbstironische Weise.
Und immer wieder treten verschiedene KünstlerInnen auf, mit den sonderbarsten
und lustigsten Nummern. Den Anfang bildet ein Zwerg, der ununterbrochen quatscht
und alles "zunderobschi" bringt, ihm folgt ein peitschender Höhlenmensch und
sein Eisbär, die singenden und steppenden Schwestern Kellermann (aus Berlin!),
zwei völlig übersenile Omas mit ihren Blockflöten, ein verliebter und
glockenspielender Pierrot, der Bühnentechniker Albert und seine jonglierenden
KollegInnen, ein Kamel und zwei orientalische Schönheiten, zwei AkrobatInnen im
Vorschulalter und so weiter und so fort.
Und der Witz an der Sache war, dass das ganze Programm inklusive den
Zwischenpartien von nur sechs SchauspielerInnen bestritten worden ist, die ihr
ganzes Können unter Beweis gestellt haben. Jeder und jede Einzelne schlüpfte
immer wieder in eine andere Maske und somit in eine andere Persönlichkeit und
Kunstform. Die eine steppt, der andere bläst Alphorn, eine Kuh aus einem und ein
Kamel aus zwei Personen treten auf, die Omas erinnern an Mummenschanz und
langweilen alle, die Zwergennummer ist ein kriechender Mime und zwei, die je ein
tanzendes Paar aus ihren Beinen und Armen bilden. Alle Formen der Akrobatik
werden durchgespielt, Pierrot (meine Lieblingsnummer) schafft es, nur mit seinem
Gesicht und seinem Glockenspiel das Wechselbad der Gefühle eines Verliebten zu
zeigen, und schliesslich stimmt auch der Hund in das Spiel ein.
Kurz und gut. Dieses Programm ist ein Muss, und die ArtistInnen sind wahre
MeisterInnen ihres Jobs, sie können einfach alles und das gut. Wer sich
faszinieren lassen will, wieviel Facetten die Ausbildung in der Kleinkunst haben
kann, soll sich die Sache mal ansehen gehen. Möglichkeiten dazu bieten sich noch
in Winti und in Nürensdorf (siehe unten). So viel Arbeit auch dahinter stecken
mag, alles wirkt so natürlich und so wahnwitzig amüsant, die Fähigkeiten der
Leute sind fast atemberaubend. Die Story an sich, die Maskerade, ist ja der
Inhalt ihrer Ausbildung, sie schlüpfen in die verschiedensten Rollen und
Tätigkeiten. Ja, vielleicht ist das Leben nicht nur für sie eine Maskerade,
sondern auch für uns. Auf alle Fälle ist das Programm ein echtes Stück Variet
mit allen Vor- und Nachteilen, mit Höhen und Tiefen, ein farbiges Spektakel für
alle. Und damit meine ich wirklich alle. Ach uns junge Leute, denen so
Bühnenzeugs eigentlich stinkt.
Das Programm "Mascarada" ist nach dem Bernhard-Theater auch in Winterthur (am
13.9.) und in Nürensdorf (14.9.) zu bewundern. Der Meister selbst, Dimitri,
tritt diese Woche im Bernhard-Theater mit seinem Programm "Dimitri Clown" auf.
Und trotz seiner Klasse haben seine SchülerInnen den Vergleich mit ihrem Lehrer
nicht zu scheuen.
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