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Bülach
6.5.1996

Drogen

Coop-Hanf-Tee

Vom Hanf-Skandalprozess

Kiffertypen

Zigis (oder anderes) drehen

ZH, BL und SO meinen: Legalisieren!

Heroinabgabe

Jugendsession 96

Expovina 96

Drogendatenbank

Weinernte 95

Suchtprävention 1996

Hanffestival

Alkohol- Konditionierung

Bex 96

No drinks - no drugs - no problems - no fun

"Wer fährt, säuft nicht und wer säuft, fährt nicht", haben uns die Verkehrsinstruktoren gleich zu Beginn der kurzen Pressekonferenz eingebleut. Danke, das habe ich vorher nicht gewusst und werde mich auch hüten, es jetzt zu wissen. Aber die Polizei scheint sich allen ernstes Sorgen zu machen. Gemäss irgendwelchen projezierten Statistiken (die einer kritischen Inhaltsanalyse allerdings kaum standhielten), sind es vor allem "junge" Leute, die aufgrund falsch eingeschätzten Risikos Unfälle bauten. Nicht, dass ich das Gegenteil behauptete, aber eine derartige Pauschalisierung (20-29=jung) macht mich doch etwas misstrauisch. Dabei will ich keineswegs die Leiden der 12 Verkehrstoten und 164 Verletzten schmälern, die Opfer von alkoholisierten LenkerInnen geworden sind (bei insgesamt 699 Unfällen). Die Zahlen wurden leider nur für den Kanton ohne Zürich und Winti erhoben (wieso eigentlich?).

Die besorgten Erwachsenen wollen das Uebel schon sehr früh an der Wurzel packen, genauer in 21 Klassen der Berufsschule Bülach. Wo junge Leute das Erwachsenwerden lernen (erfolglos heutzutags), wird ihnen jetzt per Kurzunterricht (zwei Lektionen a 45 min.) klar gemacht, dass mensch vor dem Fahren nicht trinken oder gar droogen soll. Die Sorge ist rührend, vor allem, weil die meistens BerufsschülerInnen noch ein paar Jahre warten müssen, bis sie das Billet machen können. Ein weiteres Standbein der einwöchigen Kapo-Aufklärung ist die Saftbar, wo tatsächlich verschiedene nichtalkoholische Getränke ausprobiert werden können. Der Autor kann leider nicht beurteilen, wie sie schmecken, aus Gewissensgründen musste er die Einnahme nichtalkoholischer Getränke leider ablehnen.

"Was ist FiaZ?", wird im einem der verschiedenen Aktivitäten im Rahmen dieser Aufklärungswoche gefragt. Die Antwort des Wettbewerbs (Preis: ein Kurs an der Antischleuderschule in Regensdorf) lautet natürlich: "Fahren im angetrunkenen Zustand" - weiss doch jedeR. Dann wird die Broschüre "No drinks - no drugs - no problems" des Verkehrssicherheitsrates verteilt. Darin stehen so weise Sätze wie:"Jeder Mensch muss selber entscheiden, wie er mit Alkohol, Medikamenten oder Drogen umgeht". Seht Ihr! Dafür steht aber auch:"Die wohltuenden Wirkungen von Alkohol, Medikamenten oder Drogen haben ihren Preis". Ein Bier kostet 55 Rappen im Denner (Schleichwerbung). Der Verkehrssicherheitsrat hat übrigens nichts mit der UNO zu tun. Neben Fachreferaten soll auch eine Ausstellung auf die Gefahren aufmerksam machen, denen wir Junglenker ausgesetzt sein sollen.

Im Saftladen (im Fachjargon "Funky-Bar" genannt) gibt es mindestens drei verschiedene Säfte: süss, sauer und bitter. Der Barkeeper empfiehlt z.B. Brasiliana mit 5 Teilen weissem Traubensaft (nicht Wein...), 2 Zitronensaft, 3 Ginger Ale und viel Zucker. Virgin Colada (hat leider kein Pina drin) besteht aus Bananen- und Orangensaft im Verhältnis von 1:1, einem TL Kokosnusscreme und etwas Kaffeerahm. Das Rezept ist beim Trägerverein "Alkohol - am Steuer nie!" zu beziehen. Und in einer Hochglanzbroschüre mit vielen teenagergängigen Bildern wird gelehrt:"Fahre ohne Alkohol. (...) Den Mut haben, zum Angebot von alkoholischen Getränken nein zu sagen. (...) Für gute Stimmung braucht es gute Kollegen - keinen Alkohol". Das klingt ja wie bei Muttern zu Hause.

Kurz: mir ist diese unheilige Allianz aus Polizei (Autorität) und zum Blaukreuzlertum tendierenden Vereinen (Besserwisser) nicht ganz geheuer, obschon ich den guten Willen darin durchaus realisiere. Es handelt sich allerdings wieder nur um Symptombekämpfung und nicht um eine Problemlösung. Es ist auch mir klar, dass der Anteil regelmässig Alkohol konsumierender unter der heutigen Teenie-Generation kaum erreichte Spitzen erklommen hat. Mensch sollte sich vielleicht fragen, warum das so ist. Und mensch sollte sich auch überlegen, ob der plötzlich so jovial-jugendliche Ton, den die Erwachsenen anschlagen, nicht zu aufgesetzt wirkt, denn das tut es. Die Instruktoren gaben selbst zu, dass sie die Jugendlichen anders gar nicht erreichen können, auch wenn ihnen dabei nicht immer klar sein mag, was ein Wort überhaupt aussagt. Ganz zu schweigen von der Frage, ob das überhaupt so cool ist.

Mich stört ein bisschen der etwas holzschnittartige Ansatz. Viele Jugendliche bauen unter Alkoholeinfloss Unfälle, also muss man sie aufklären. Dass die BerufsschülerInnen mit ihren 14-16 Jahren zu jung sind, stört niemand. Und dass die gezeigte Statistik nichts aussagekräftiges war, auch nicht. Es sollte aber jemanden stören, dass zwar 20-30 Jährige 1/3 aller Unfälle bauen, dass aber die anderen immerhin 2/3 davon produzieren, auch keine schlechte Zahl. Hier wird einmal mehr auf die Jugend eingeschossen, die als Sündenbock für andere herhalten muss. Bravo (sorry, das war die Stromspar-Kampagne).

Die Aktion soll an zwei weiteren Berufsschulen des Kantons weitergeführt werden.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus der Berufsschule Bülach