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OpenAirs
Das 8. Heitere Open Air
Out in the Green 1998, Sonntag
Out in the Green 1998, Samstag
Out in the Green 1998, Freitag
Das Mega-Open Air
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- Freitag: Pur, Clawfinger und Deep Purple
- Samstag: K's choice, Transister, Anouk,
Iggy Pop, Jazzkantine, Björk und Eros Ramazzotti
- Sonntag: Angélique Kidjo,
Joaquin Cortes, Bob Dylan und Joe Cocker
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Out in the Green 1998: der Samstag
Nach einer langen Nacht im Zeltdorf (man muss ja mehr von Stadt reden) und
in der Musikbeiz gab es am Samstag nachmittag eher wieder leichtere Kost.
Zuerst. "K's Choice" aus Belgien waren vor allem eine eigentliche
Augenweide, musikalisch aber hoben sie sich für einen Laien nicht besonders
von den restlichen Bands hervor. Ihr Sound war eine etwas verwirrende
Mischung aus rockigen Balladen mit innovativer Musik aus dem
Trip Hop-Bereich. Aber eben: nichts besonderes, wenn auch kurzweilig.
"K's Choice" waren nur eine von vier aufeinanderfolgenden schönen
Sängerinnen, ein irgendwie sowohl optisch, als auch musikalisch passendes
Multipack. Stark allerdings war die sehr weibliche Stimme der Sängerin, zu
hören auch auf der neuen CD "Cocoon crash".
Auf die Band des belgischen Geschwisterduos K's choice folgte Transister, eine recht
neue, weibliche Rockröhre (namens Keely Hawkes), die mit ihrem Trio
einen recht interessanten Sound spielt. Rockig wie auch poppig röhrte
Sängerin Keely Hawkes in einem interessanten durchsichtigen Kleid über
die erwachende Masse. Dass das Konzert mit dem technolastigen "Head"
begann, war bezeichnend, die Band spielte sich dann zwischen Trip Hop und
Rock durch. Auch hier gilt: schöne Sängerin, kommerziell erfolgreiche
Mischung von Computer- und traditioneller Rockmusik. Eine Open Air-Band, die
jedoch ein bisschen unbeholfen gewirkt hat.
Die Band aus L.A. spielt erst seit zwei Jahren zusammen und hat ihren
ersten Hit mit einem Stück für den Film "Nightwatch" gehabt. Sie haben auch
schon mit den "Smashing Pumpkins" getourt und brachten erst kürzlich ihre
neue CD heraus. Sie kommen klar aus der Crossover-Ecke, aber
einige Stücke (wie "what you are") sind recht poppig und bieten der
feinen Stimme von Keely einige Freiheiten, die anderen
sind klar rockorientiert (z.B. das Einstiegslied "Look who's perfect now")
oder halt aus dem technoiden Bereich, wo der Sequenzer den Takt angibt
("Head"). Kleines Detail am Rande: Keelys Schreien sei berüchtigt, steht
in der Pressemitteilung der Plattenfirma, sie hat es schon 1970 im Film
"The haunted house of Horror" anwenden dürfen.
Und wenn wir schon beim Thema Rockröhre sind: Anouk, die zuckersüsse
Holländerin, eine Schönheit sondergleichen, gilt als die (!!!) Neuentdeckung
des letzten Jahres und war somit eine der grossen Erwartungen am Out in
the Green. Ihr Sound kommt voll rüber, sie hat Aehnlichkeiten mit Nirwana.
Von Anfang an gab sie den Tarif durch. Und nicht nur musikalisch. Nach
einigen Songs zog doch die Kleine ihr ohnehin schon knappes und enges Top
aus und tanzte nur mit dem blauen BH über die Bühne. Nicht dass der Anblick
einer wohlgerundeten fast nackten Frauenbrust unangenehm wäre, im Gegenteil,
aber bei der Kälte war das offensichtlich der (erfolgreiche) Versuch, das
männliche Publikum anzugeilen. Und zu demonstrieren: ich bin ein
wildes, unabhängiges Mädchen. Etwas pubertär. Auch ihre Durchsagen waren
etwas gar teeniehaft und sollten wohl vor allem nur ihre sexy Erscheinung
verstärken. Aber das Konzert war sehr schön, sie ist sicher DIE Rockröhre
Europas im Augenblick. Und wenn man auch noch so schön aussieht, ist der
Erfolg vorprogrammiert. Etwas seltsam allerdings war die Wiederholung
ihres Hits "Nobody's Wife" als Zugabe.
Mit ihrem Album "Nobody's wife" setzt sie Akzente und genau das
kriegt man in Frauenfeld geboten. Wer eine singende Tussi a la Blümchen
erwartet hat, wurde getäuscht. Die Kleine kann singen. Und wie.
Mal ganz grundsätzlich: die Frau hat eine Stimme, dass es einem den Atem
verschlägt. Rauh, aber doch sehr erotisch und schön. Die erste Auskopplung
aus ihrem ersten Album "Together alone" ist "Nobody's wife", wo die Kleine
mit ihrer Band schon so richtig losdrischt. Die Frau wandelt auf den Spuren
von Sheryl Crow und Alannis Morissette, ist aber sehr eigen. Ihre Musik ist
hart. Es ist aber halt auch das Optische, was es ausmacht, die CD hat eine
- sagen wir - äusserst reizvolle Cover. Die Holländerin hat mit der Ballade
"Mood Indigo" einen nächsten Hit vorprogrammiert.
Zum Thema Stilwechsel: von der göttlich hübschen Anouk zum wohl hässlichsten
aller Pop- und Rockstars: Iggy Pop. Der Mann ist nicht alt, nein, er ist
einfach vorsintflutlich. Und total abgefuckt. Und trotzdem geil!!! Mit
schütterem und langem Haar, nacktem Oberkörper (samt seiner vom exzessiven
Punkleben gezeichneten Brust) und seinen noch immer brennenden Augen
sprang, turnte und grölte sich Herr Osterberg über die Bühne. Seine Songs
waren vielen unbekannt, zumal er wohl doppelt so alt ist wie viele der
FestivalbesucherInnen. Aber wie der Mann wie ein Teufel seine zum Teil
zotigen Songs und Sprüche über die Massen brüllte, ist schon fast der
Inbegriff des Punk. Seine Lederhosen hat er noch immer an, er leckt noch
immer das Mikrophon ab, er ist noch immer eine lebende Karikatur, aber
Iggy Pop wirkt wohl noch weit über den Jarhundertwechsel hinüber, als
Vertreter eines reinen Rock, der genau das Gegenteil des heutigen
Mainstream darstellt. Der Anti-Boy-Group. Zum Glück.
Ueber die Jazzkantine muss die eifrige LeserInnenschaft unseres Magazins
nichts wissen, die Jungs waren schon ein paar mal unsere thematischen
Gäste. Die Jazzkantine sind und bleiben eine Liveband, sie veranstalten mit
ihrem Grossaufmarsch auf der Bühne (rund ein Dutzend Musiker) eine
Riesenparty im Publikum. Sie verbinden Jazz und Hip Hop, vorgetragen
diesmal von den Rappern Capuccino, Alexej und anderen. Sie zogen das
Publikum mit, vor allem als Alexej seine Persiflage auf einen aggressiven
radebrechenden Türken abzog. Die Rapper wechselten ihre Soloparts mit denen
von der Band ab. Ein eigentlicher Geniestreich war dabei der Auftritt von
Kantinen-DJ Air Knee, der eine Show bot, dass sich die Bretter bogen. Immer
wieder durchbrachen die Jungs die Regeln eines normalen Konzertes, mit
Instrumenten, die niemand kennt, mit immer abwechselnden Variationen
eines Songs und der Gewissheit, dass sie endlos spielen könnten, wenn sie
wollten. Und immer was anderes. Jazzkantine sind wohl eine der originellsten
und beständigsten Live-Acts überhaupt in Europa (und treten auch am
Heiteren in Zofingen auf...).
Die Deutschen gaben dann die Bühne frei für die Isländerin, die für viele
BesucherInnen in Frauenfeld als der eigentliche Hauptact galt. Björk. Die
Kleine hat einen schon fast mystischen Ruf als Livesängerin, wo auch
immer sie mal Open Air auftritt, so wie diesmal in Frauenfeld (letztes Jahr
war sie ja am Gurten). Ihr Konzert war (genauso wie sie selbst) wohl das
aussergewöhnlichste am Open Air. Björk trat ohne Band, ab DAT und Sequenzer,
aber mit einem Live-Streicherquintett auf (das jedoch den musikalischen
Kampf gegen den Computer mit laufendem Konzert bezeichnenderweise immer
mehr verlor). Sie stand ganz vorne, jedesmal, im Kleid einer
Primadonna und mit einer Stimme, dass es einem kalt den Rücken runterging.
Die Kleine sieht mit 32 noch immer wie ein Mädchen aus, kokkettiert aber
auch damit, indem sie tänzelt wie eine Ballettschülerin, indem sie sich
mit einer feinen Piepsstimme bedankt und indem sie fast weinerlich ihre
Songs runtersingt. So viel Gefühl und so viel Stärke liegt in dieser Frau
und ihren Liedern, dass sie eine Blume für jedes Festival ist. Björk ist
schon etwas irreales gewesen in Frauenfeld...... auch auf der Videowand.
Schliesslich und endlich rundete der Italoschnulzier Eros Ramazzotti den
Abend ab. Der Mann fasziniert sein Publikum mit seiner etwas krächzenden,
aber nichtsdestotrotz spannenden Stimme. Irgendwie passte er in diesen
Abend. Das Publikum wollte nach so viel rockigem wohl wieder etwas einfaches,
simples, nichts überlegen. Eher für die einfachen Gemüter und vor allem halt für
die vielen Teenies auf dem Gelände war Eros da. Er sang, wie man es von ihm
erwartet hat. Für Fans der anspruchsvollen Rockmusik war das nichts, aber
immerhin hörenswert. Unklar war mir eigentlich dabei nur, was die Kopfhörer
sollten, die jedes Mitglied in den beiden Ohren hatte, so schlecht war die
Musik nun auch wieder nicht.... Vielleicht mussten sie sich aber auch einfach
nur über die aktuellen WM-Resultate informieren. Jedenfalls: Eros ist zu gut,
um so langweilig zu sein, wie seine Musik an sich ist. Und die Fans der sehr
leichten Muse kamen so professionell auf ihre Rechnung.
Die offizielle Site des Festivals ist immer noch (wenn auch leider absolut
unaktuell und fahrig gemacht) abrufbar bei
www.outinthegreen.ch!
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