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Frauenfeld
14.7.1998

OpenAirs

Das 8. Heitere Open Air

Out in the Green 1998, Sonntag

Out in the Green 1998, Samstag

Out in the Green 1998, Freitag

Das Mega-Open Air

Oitg 98
  • Freitag: Pur, Clawfinger und Deep Purple
  • Samstag: K's choice, Transister, Anouk, Iggy Pop, Jazzkantine, Björk und Eros Ramazzotti
  • Sonntag: Angélique Kidjo, Joaquin Cortes, Bob Dylan und Joe Cocker

Out in the Green 1998: der Sonntag

Am Sonntag morgen begannen Core, die Lausanner Pop-Crossovercombo. Die Leute wollten geweckt werden. Core gelten als die angesagteste Schweizer Popband überhaupt im Augenblick. Leider jedoch hat das Biwidusteam dieses Konzert genauso verschlafen, wie das von Eagle-Eye Cherry (dem Bruder von Neneh). Deshalb begnügen wir uns mit Vorstellung der CD der einen und mit Backstage-Pictures vom anderen.

Eagle Eye Cherry 1 Cores "Hold your Breath" ist viel innovativer und stärker, als dass man das von einer Schweizer Band erwarten würde. Die Combo aus Lausanne rockt poppig durch die Stile. Kein Wunder, einer ist Jazzmusiker, der andere schwört auf Trash-Metall. So vereinigt sich auf der CD alles zu einem undefinierbaren Pop-"Crossover". Aber nach einigen Malen hinhören beginnt man, diesen Party- und Sommersound zu schätzen, beginnt, die erotische Stimme der auch schon 36 jährigen Frontfrau Sonia Heller zu mögen und geniesst die Songs. Sie haben eine Leichtigkeit, wie man es von einer Schweizer Band nun wirklich nicht gewohnt ist. Anspieltips: "voulez-vous jouer...?" und "dive into the ocean", sowie das funkigere "tricky". Core sind eine der wenigen neuen Schweizer Bands, die eine Chance haben, in die Charts zu kommen, weil sie einfach so unschweizerisch sind, sagen wir, im Gegenteil zu Crank und Subzonic.

Publikum und Bühne Zu Angélique Kidjo sind wir aber rechtzeitig gekommen und eine Stunde Exotik genossen. Mit fast kahlgeschorenem Kopf und einer riesigen Band erschien sie im wieder sommerlich warmen Frauenfeld. Sie brachte wortwörtlich einen Farbtupfer nach Mostindien. Die Klänge aus dem fernen Benin waren eine angenehme Abwechslung zum sonst ziemlich eintönigen Crossover-Einheitsbrei. "Oremi" heisst ihr neues Album, das bedeutet so viel wie Freunde. Und wie der ganze Hintergrund und die Zusammenstellung dieser CD war auch das Konzert. Vielseitig, mit der tragenden Stimme der Kidjo, aber auch mit der Beteiligung der anderen MusikerInnen. Die Kostüme, nicht zuletzt waren auch sie Träger der exotischen und "multikulturellen" Stils des Gigs. So war auch der Sound eine Mischung aus afrikanischen Traditionen, aber auch ziemlich stark gestreckt mit amerikanischen Jazzelementen und europäischem Ethnopop, sicherlich eine treffende Sache bei dem ausnahmsweise herrschenden Sommerwetter.

Joaquin Cortes1 Wenn wir schon beim Thema Exotik und Farbtupfer sind. Joaquin Cortes, der spanische Edelmann, der Zorro der Festivalbühnen, der grossartige Tänzer und Schwarm aller Teenager, er war da. Mit seiner riesigen Gipsy Passion Band spielte er eine Stunde Flamenco vom feinsten. Dabei muss angemerkt werden, dass er selber wirklich meistens (Percussion) spielte und abgesehen von einer kleinen aber feinen Einlage sonst eigentlich kaum zentral in Erscheinung trat, dafür jammten, klatschten, tanzten und jaulten sich seine spanischen Landsleute durch die Gegend. Einer nach dem anderen trat nach alter Mittelmeertradition nach vorne und liess seine und ihre Show laufen. Unterdessen spielte der Meister selber seine Percussion und feuerte seine BühnengenossInnen an. Sehr zum Leidwesen allerdings der Teenager, die vor allem wegen des wirklich gut aussehenden Bildes von einem Mann gekommen waren. Der Ex-Freund von Naomi Campbell war wohl vor allem gekommen, um dem Festivalvolk zu zeigen: Rock`n Roll kann vieles sein, auch Flamenco.

Bob Dylan Dass wir von Bob Dylan keine richtige Photographie haben, ist kein Wunder und auch kein Verlust. Der auch sonst sehr kauzige Typ hat ein totales Film- und Photographierverbot ausgegeben, so dass nicht mal mehr was über die Videowände lief. Ich meine, er sah auch wirklich zum kotzen aus, was seine Begründung für diese Macke war. Das Konzert? Es wäre auch sehr gut ohne ihn gegangen, ein Mann, der weder das Publikum begrüsst, noch seine Songs ankündigt oder so, noch sich verabschiedet, wenn er geht, ein Mann jedenfalls, der nicht wahrnimmt, dass da ein Publikum auf ihn wartet, auf so einen Typen kann man verzichten. Dass er dabei ein "Elviskleid" trug, wie der Tagi frotzelt, setzte der Karikatur die Krone auf, seine Stimme verlor sich sowieso im Lauf des Konzert zu einer Mischung aus Krächzen und Stöhnen. Umsonst, so was.

Joe Cocker Einen wirklich und ehrlich würdigen Abschluss des sonst schon nicht langweiligen Open Air Festivals auf der Frauenfelder Allmend bildete Altmeister Joe Cocker. Der Brite war, genau dreissig Jahre nach seinem Durchbruch am legendären Woodstock, wieder `mal Out in the Green. Der Mann ist ein sicherer Wert. Obschon er nun wirklich nicht gerade die Megashow auf der Bühne macht, meistens steht er da und bewegt sich wie ein Spastiker hin und her. Aber Joe Cocker steht auch für den wohl souligsten Soul, den je ein Europäer zustande gebracht hat. Der Mann hat alle seine Abstürze überwunden und eine Stimmung nach Frauenfeld gebracht, die wohl so noch nie an diesem Weekend (mit Ausnahme der Stones vielleicht) geherrscht hat. Der Mann hat natürlich auch schon ein immenses Repertoire an bekannten Ohrwürmern, ein Hit reihte sich an den anderen: "You can leave your head on", "N`oubliez jamais", "Night calls" und "Summer in the City". Als er dann aber die Megahits "Unchain my heart" und seine Version des Beatles-Klassikers "With a little help" intonierte, gab es für das Publikum kein Halten mehr, Frauenfeld kochte über (und zwar nicht wegen des anschliessenden WM-Finals).

Mann verpennt Bierwerbung An der Pressekonferenz am Sonntag nachmittag wurden auch Zahlen genannt, dank dem erfolgreichen Gig der Stones am Donnerstag kamen insgesamt rund 150'000 Leute (sprich Tageseintritte, wobei ein Dauergast dreimal gezählt wurde) ans Out in the Green. Tatsächlich sind das nicht so viel, wie man erwartet hätte. Zwar hielt Good News-Chef André Bechir fest, dass das Ergebnis unter dem Strich eher schwarz sein wird, aber von lukrativ kann trotz den Preisen auf dem Gelände nicht die Rede sein. Deshalb ist auch die Durchführung des nächsten Out in the Green noch bei weitem nicht sicher. Bechir schätzt die Wahrscheinlichkeit zwar als gegeben ein, unterstreicht aber, dass er sich überhaupt nicht sicher sei dabei. Klar ist nur: in Frauenfeld wird 1999, da der Vertrag zwischen Good News und der Armee abläuft, kein Open Air stattfinden. Höchstens woanders (wie 1994 in Winterthur)

Joaquin Cortes2 Es wird gemunkelt, dass die Zeit der Open Airs, wie wir sie kennen, vorbei sei, dass sie nicht mehr rentieren und die Leute genug haben von Monsteranlässen wie in Frauenfeld. Das mag stimmen, denn ohne die Stones wäre Frauenfeld wohl ein Reinfall gewesen. Das lässt sich aber nur zum Teil mit den hohen Preisen und den damit verbundenen Risiken erklären, sondern eher damit, dass die Festivalfans einen festen Kern bilden, der jedoch eher kleiner als grösser wird. Und dass deshalb wohl auch die Organisatoren an Grenzen stossen. Klein aber fein wird wohl das Motto der Zukunft sein, was allerdings sehr, sehr schade ist. Vielleicht muss man das Problem aber auch auf Künstlerseite suchen, die immer astronomischere Gagen zu verlangen scheinen, so dass eine Art Nullsummenspiel entsteht, und genau das sollte eigentlich vermieden werden. Denn auf Joe Cocker und Clawfinger möchte ich nicht verzichten müssen.

Die offizielle Site des Festivals ist immer noch (wenn auch leider absolut unaktuell und fahrig gemacht) abrufbar bei www.outinthegreen.ch!

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Für Biwidus: Wildcat (EMail) (Open Airs forever!!!)