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OpenAirs
Das 8. Heitere Open Air
Out in the Green 1998, Sonntag
Out in the Green 1998, Samstag
Out in the Green 1998, Freitag
Das Mega-Open Air
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- Freitag: Pur, Clawfinger und Deep Purple
- Samstag: K's choice, Transister, Anouk,
Iggy Pop, Jazzkantine, Björk und Eros Ramazzotti
- Sonntag: Angélique Kidjo,
Joaquin Cortes, Bob Dylan und Joe Cocker
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Out in the Green 1998: der Sonntag
Am Sonntag morgen begannen Core, die Lausanner Pop-Crossovercombo. Die
Leute wollten geweckt werden. Core gelten als die angesagteste Schweizer
Popband überhaupt im Augenblick. Leider jedoch hat das Biwidusteam
dieses Konzert genauso verschlafen, wie das von Eagle-Eye Cherry (dem
Bruder von Neneh). Deshalb begnügen wir uns mit Vorstellung der CD
der einen und mit Backstage-Pictures vom anderen.
Cores "Hold your Breath" ist viel innovativer und stärker, als dass man das
von einer Schweizer Band erwarten würde. Die Combo aus Lausanne rockt poppig
durch die Stile. Kein Wunder, einer ist Jazzmusiker, der andere schwört auf
Trash-Metall. So vereinigt sich auf der CD alles zu einem undefinierbaren
Pop-"Crossover". Aber nach einigen Malen hinhören beginnt man, diesen
Party- und Sommersound zu schätzen, beginnt, die erotische Stimme der
auch schon 36 jährigen Frontfrau Sonia Heller zu mögen und geniesst
die Songs. Sie haben eine Leichtigkeit, wie man es von einer Schweizer
Band nun wirklich nicht gewohnt ist. Anspieltips: "voulez-vous jouer...?"
und "dive into the ocean", sowie das funkigere "tricky". Core sind eine
der wenigen neuen Schweizer Bands, die eine Chance haben, in die Charts
zu kommen, weil sie einfach so unschweizerisch sind, sagen wir, im
Gegenteil zu Crank und Subzonic.
Zu Angélique Kidjo sind wir aber rechtzeitig gekommen und eine Stunde
Exotik genossen. Mit fast kahlgeschorenem Kopf und einer riesigen Band
erschien sie im wieder sommerlich warmen Frauenfeld. Sie brachte
wortwörtlich einen Farbtupfer nach Mostindien. Die Klänge aus dem fernen
Benin waren eine angenehme Abwechslung zum sonst ziemlich eintönigen
Crossover-Einheitsbrei. "Oremi" heisst ihr neues Album, das bedeutet so viel
wie Freunde. Und wie der ganze Hintergrund und die Zusammenstellung dieser
CD war auch das Konzert. Vielseitig, mit der tragenden Stimme der Kidjo,
aber auch mit der Beteiligung der anderen MusikerInnen. Die Kostüme,
nicht zuletzt waren auch sie Träger der exotischen und "multikulturellen"
Stils des Gigs. So war auch der Sound eine Mischung aus afrikanischen
Traditionen, aber auch ziemlich stark gestreckt mit amerikanischen
Jazzelementen und europäischem Ethnopop, sicherlich eine treffende Sache
bei dem ausnahmsweise herrschenden Sommerwetter.
Wenn wir schon beim Thema Exotik und Farbtupfer sind. Joaquin Cortes, der
spanische Edelmann, der Zorro der Festivalbühnen, der grossartige Tänzer
und Schwarm aller Teenager, er war da. Mit seiner riesigen Gipsy Passion
Band spielte er eine Stunde Flamenco vom feinsten. Dabei muss angemerkt
werden, dass er selber wirklich meistens (Percussion) spielte und abgesehen
von einer kleinen aber feinen Einlage sonst eigentlich kaum zentral in
Erscheinung trat, dafür jammten, klatschten, tanzten und jaulten sich
seine spanischen Landsleute durch die Gegend. Einer nach dem anderen trat
nach alter Mittelmeertradition nach vorne und liess seine und ihre Show
laufen. Unterdessen spielte der Meister selber seine Percussion und feuerte
seine BühnengenossInnen an. Sehr zum Leidwesen allerdings der Teenager,
die vor allem wegen des wirklich gut aussehenden Bildes von einem Mann
gekommen waren. Der Ex-Freund von Naomi Campbell war wohl vor allem
gekommen, um dem Festivalvolk zu zeigen: Rock`n Roll kann vieles sein,
auch Flamenco.
Dass wir von Bob Dylan keine richtige Photographie haben, ist kein Wunder und
auch kein Verlust. Der auch sonst sehr kauzige Typ hat ein totales
Film- und Photographierverbot ausgegeben, so dass nicht mal mehr was
über die Videowände lief. Ich meine, er sah auch wirklich zum kotzen aus,
was seine Begründung für diese Macke war. Das Konzert? Es wäre auch sehr
gut ohne ihn gegangen, ein Mann, der weder das Publikum begrüsst, noch
seine Songs ankündigt oder so, noch sich verabschiedet, wenn er geht,
ein Mann jedenfalls, der nicht wahrnimmt, dass da ein Publikum auf ihn
wartet, auf so einen Typen kann man verzichten. Dass er dabei ein "Elviskleid"
trug, wie der Tagi frotzelt, setzte der Karikatur die Krone auf, seine
Stimme verlor sich sowieso im Lauf des Konzert zu einer Mischung aus
Krächzen und Stöhnen. Umsonst, so was.
Einen wirklich und ehrlich würdigen Abschluss des sonst schon nicht
langweiligen Open Air Festivals auf der Frauenfelder Allmend bildete
Altmeister Joe Cocker. Der Brite war, genau dreissig Jahre nach seinem
Durchbruch am legendären Woodstock, wieder `mal Out in the Green. Der
Mann ist ein sicherer Wert. Obschon er nun wirklich nicht gerade die
Megashow auf der Bühne macht, meistens steht er da und bewegt sich wie
ein Spastiker hin und her. Aber Joe Cocker steht auch für den wohl
souligsten Soul, den je ein Europäer zustande gebracht hat. Der Mann hat
alle seine Abstürze überwunden und eine Stimmung nach Frauenfeld gebracht,
die wohl so noch nie an diesem Weekend (mit Ausnahme der Stones vielleicht)
geherrscht hat. Der Mann hat natürlich auch schon ein immenses Repertoire
an bekannten Ohrwürmern, ein Hit reihte sich an den anderen: "You can
leave your head on", "N`oubliez jamais", "Night calls" und "Summer in the
City". Als er dann aber die Megahits "Unchain my heart" und seine Version
des Beatles-Klassikers "With a little help" intonierte, gab es für das
Publikum kein Halten mehr, Frauenfeld kochte über (und zwar nicht wegen
des anschliessenden WM-Finals).
An der Pressekonferenz am Sonntag nachmittag wurden auch Zahlen genannt,
dank dem erfolgreichen Gig der Stones am Donnerstag kamen insgesamt rund
150'000 Leute (sprich Tageseintritte, wobei ein Dauergast dreimal gezählt
wurde) ans Out in the Green. Tatsächlich sind das nicht so viel, wie man
erwartet hätte. Zwar hielt Good News-Chef André Bechir fest, dass das
Ergebnis unter dem Strich eher schwarz sein wird, aber von lukrativ kann
trotz den Preisen auf dem Gelände nicht die Rede sein. Deshalb ist auch
die Durchführung des nächsten Out in the Green noch bei weitem nicht sicher.
Bechir schätzt die Wahrscheinlichkeit zwar als gegeben ein, unterstreicht
aber, dass er sich überhaupt nicht sicher sei dabei. Klar ist nur: in
Frauenfeld wird 1999, da der Vertrag zwischen Good News und der Armee
abläuft, kein Open Air stattfinden. Höchstens woanders (wie 1994 in
Winterthur)
Es wird gemunkelt, dass die Zeit der Open Airs, wie wir sie kennen, vorbei
sei, dass sie nicht mehr rentieren und die Leute genug haben von
Monsteranlässen wie in Frauenfeld. Das mag stimmen, denn ohne die Stones
wäre Frauenfeld wohl ein Reinfall gewesen. Das lässt sich aber nur zum Teil
mit den hohen Preisen und den damit verbundenen Risiken erklären, sondern
eher damit, dass die Festivalfans einen festen Kern bilden, der jedoch eher
kleiner als grösser wird. Und dass deshalb wohl auch die Organisatoren
an Grenzen stossen. Klein aber fein wird wohl das Motto der Zukunft sein,
was allerdings sehr, sehr schade ist. Vielleicht muss man das Problem aber
auch auf Künstlerseite suchen, die immer astronomischere Gagen zu verlangen
scheinen, so dass eine Art Nullsummenspiel entsteht, und genau das sollte
eigentlich vermieden werden. Denn auf Joe Cocker und Clawfinger möchte ich
nicht verzichten müssen.
Die offizielle Site des Festivals ist immer noch (wenn auch leider absolut
unaktuell und fahrig gemacht) abrufbar bei
www.outinthegreen.ch!
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