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16.3.1997

Hefte

Natel-Heft

Ein weiteres Internet-Heft

Erotischer Sprachführer

Typisch trendiger Kult

Keks-die Badner Jugendzeitschrift

Buch der Langeweile

Ein Heft für den Abfall

Kamasutra für Frauen

Trendguide: ein Führer für Jugendliche

Was junge Linke vom Netz halten

TV täglich

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30 Jahre Lustiges Taschenbuch

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Megaflash

Asterix, Band 30

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Duden CD-ROM

Bravo '86

Scientology

Volksblatt

Extrablatt

Auszug aus der _Freiheit

(Sozialistische?) Internetzionale

Ganz heimlich, unbeachtet von der restlichen Web-Community, findet in der linken Jugend in der Schweiz eine interessante Diskussion über das Internet statt. Es geht um die Frage, wie politisch korrekt das Web ist oder nicht. Interessant deshalb, weil die Linken, z.B. die Jusos, sonst nicht gerade der Inbegriff der Modernität sind und schnell mal eine technische Neuerung (z.T. nicht zu Unrecht) als kapitalistisches Ausbeutungsinstrument oderwasweissich anschauen. Und das Web als DAS trendige "Schwarze Loch" der modernen Gesellschaft bietet sich hier sehr gut an.

In der Juso-Zeitschrift Infrarot (vorläufig nur gedruckt vorhanden) Nummer 104/1/1997 diskutieren Priscilla Imboden (pro) und Marc "Gebi" Gebhard (contra) über das Web. Und dabei kommt vor allem etwas deutlich heraus: Das Web ist Glaubenssache. Während Priscilla eher unbelastet an die Sache geht und das Web aus praktisch-pragmatischer Sicht anschaut, ist Gebi als intern bekannter Ideologe vor allem aus "grundsätzlichen" Gründen dagegen.

Offenbar haben beide ihre Erfahrungen gemacht. Kein Wunder, ist es doch vor allem der linke "Underground", der schon sehr früh aufs Web aufgesprungen ist. Schon vor fast zehn Jahren war Greenpeace auf einem Internet-verwandten System aktiv. Das Internet als frühe Studi-Domäne hat vor allem auch in Deutschland bald als Kommunikationsplattform der verschiedensten "linken" (ob jetzt Oekos, 3-WeltlerInnen oder Anarchotrupps) Zellen gedient. Noch heute sind es einige solche Ideen, die die physische Zerrissenheit der verschiedensten Gruppen, Untergruppen und Unteruntergruppen überwinden. Ein Beispiel: die Zapatisten, wie Biwidus mal berichtet hatte.

Genau dieses Argument führt auch Priscilla ins Feld, die das Web primär als Kommunikationsforum der Ideen betrachtet. Das anarchische Prinzip im Web, das jedem und jeder erlaubt, sich mit Gleichgestellen (und Gleichgeschalteten) aus der ganzen Welt zu "treffen", findet sie zentral. Das entspricht ja der Idee, an einem gemeinsamen Netz zu weben. Mit Millionen von Menschen zweiwegig (also nicht z.B. einseitig über Medien) zu quatschen. Entfernungen, persönliche Vorurteile, Geschlechts- und Altersgrenzen sind (mehr oder weniger) aufgehoben im Web. Dabei argumentiert sie durchaus auch "jung-sozialistisch", weil eben gerade deren viele Zellen und studentisch-intellektuellen Kreise damit an einem gemeinsamen System angeschlossen sind.

Sie blendet aber den klassenkämpferischen Punkt aus, der für Gebi absolut zentral ist. Mit ziemlich harten Worten zieht er über das Web her, das er als Ausbeutungsmittel der kapitalistischen Gesellschaft ansieht: "Die einen hungern, die anderen düsen durch den Cyberspace". Trotz der im Internet herrschenden totalen Kommunikation spricht er von einem "kollektiven Wirklichkeitsverlust" und plädiert für eine Verbesserung des konventionellen Soziallebens. Dabei versteht er den Cyberspace offensichtlich als einen zwar interessanten, aber fehlgeleiteten Weg. Langeweile und Vereinsamung seien die Ursache und Folge dieser Entwicklung, meint er. Es geht ihm nicht um die Angst. Aber seine Ablehnung ist grundsätzlich und beruft sich auf die marxistische Maxime, dass jede gesellschaftliche Entwicklung klassenkämpferisch gedeutet werden muss.

Das ist der Fehler bei ihm und die Kernaussage bei Priscilla. So wie sein Widerstand ideologisch ist, ist ihre Zusage pragmatisch. Sie argumentiert, dass aus dem Web das beste herausgeholt werden soll. Und im Sinne des Klassenkampfes eingesetzt. Damit wäre der Kreis geschlossen.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus Zürich