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Neue _Schallschutzverordnung
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Neue Schallschutzverordnung
Der Bundesrat hat in seiner Gesundheitswut eine neue Verordnung im
Bereich Schallschutz erlassen. An Konzerten, Discos und Parties
darf die maximale Schallgrenze von 93 dB (Dezibel) nicht überschritten
werden. Zum Vergleich: die normale Lautstärke bei Gesprächen liegt bei etwa
60 dB. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Veranstalter Ohrenstöpsel
verteilen und die BesucherInnen darüber informieren, dass
an der Lärm hörschädigend sein könnte,
kann diese Grenze auf 100 dB hochgeschraubt werden. Früher
lag diese Grenze bei etwa 105 dB.
Dabei haben wir Jugendliche dabei noch viel Glück gehabt, denn die ursprünglich
vorgeschlagene Grenze wären max. 90 dB gewesen. Die Anhänger des Grenzwertes
behaupten (wie im TA), dass Freizeitlärm wie Arbeitslärm zu behandeln sei.
Für uns hiesse das, dass zuerst mal der Arbeitslärm, dem mensch
täglich ausgesetzt ist, dem Verhältnis entsprechend gesenkt werden müsste.
Es ginge jedoch wohlweislich nicht darum, die Jugend vor den Kopf stossen
zu wollen. Als ob mensch gerade eben das nicht andauernd täte! Jugendliche
sind ja a priori ein Problem für diese Gesellschaft. Und jetzt möchte sie ihnen
noch vorschreiben, wie laut die Musik sein soll, die sie konsumieren.
Dieser Senkung beim Schall folgte anschliessend auch eine Beschränkung bei
der Verwendung von Laser-Effektgeräten, die in den letzten Jahren der
Renner geworden sind. Bei direktem Einfall in offene Augen können diese
Laser erwiesenermassen Schäden hervorrufen. Boxengedröhn und Laserstrahlen, sind
nicht mehr wegzudenkende Requisiten in der Partywelt von heute. Wie der
neue Schallgrenzwert gilt auch diese Beschränkung ab 1. April.
Besonders betroffen von diesen Verordnungen sind einerseits die Veranstalter
von Konzerten, Raves und Discos, andererseits natürlich auch die jungen
KonsumentInnen. Wer kann sich heute noch Raves oder Rockkonzerte vorstellen,
ohne ein bisschen Donner und Doria aus allen Rohren? Biwidus hat ein kurzes
Interview mit einem Betroffenen geführt, Michael Schuler vom Party-Multi
Karmasutra. Er beantwortete uns Fragen nach Sinn und Unsinn dieser neuen
Schallschutzverordnung.
Biwidus: Michael, was ändert sich für euch als Partyveranstalter nach diesem
Nacht- und Nebelerlass des Bundesrats?
MS: Eigentlich nicht viel. Wir müssen einfach vermehrt schauen, dass wir den
Grenzwert nicht zu oft überschreiten. Weisst du, gerade bei älteren und
billigeren PAs (Boxen) kommen gerade die Mitteltöne zu stark rüber, sie beginnen
zu scherbeln und überschreiten diesen Wert so sehr schnell. Wir sind bemüht,
immer gute PAs einzusetzen, die dieses Problem weniger haben. Persönlich
finde ich diese Beschneidung problematisch, sogar ein Schlagzeug ohne Verstärker
kommt ziemlich bald auf 90 dB. Wir werden weiterhin Ohrenpfropfen
verteilen.
Biwidus: Werdet ihr den neuen Grenzwert auch einhalten?
MS: Wir werden es probieren. Etwas schwierig ist ja auch, dass es oft die
DJs selbst sind, die mit ihren Mischpulten die Lautstärke regeln.
Da haben wir wenig Einfluss. Es kommt aber auch darauf an, wo die Boxen
stehen und wie nahe man selbst daran steht. Wir denken, dass die Leute
sensibel und vernünftig genug sein sollten, nicht zu nahe an den Boxen zu
tanzen. Wir werden probieren, die Boxen sinnvoll hinzustellen oder aufzuhängen,
damit es keine Probleme gibt.
Biwidus: Könnt ihr selbst mit diesen Einschränkungen leben?
MS: Ganz klar ist laute Musik ein Bedürfnis, das viele haben. Lautstärke
hat offensichtlich einen Reiz. Insofern sind diese Einschränkungen ein Problem.
Aber gewisse technische Aenderungen bringen hier schon sehr viel. Ich gebe
zu, dass es beispielsweise bei Rockkonzerten, auch an Technoparties,
zum Teil unzumutbar laut ist. Ich denke da an gewisse Gitarrenparts an
Hardrockgigs. Man muss aber sehen, dass es auch im Alltag sehr laut sein
kann, wenn ein Lastwagen an mir vorbeidröhnt zum Beispiel.
Biwidus: Wie steht es bei den RaverInnen, glaubst du, dass sie durch diese
neue Verordnung abgeschreckt werden könnten?
MS: In Hardrockkonzerten z.B. ist die Lautstärke ein Ausdruck, ein Stilmittel
der Musik. So auch im Techno, vor allem im Hardcore. Hier kommt die Musik
einfach nicht mehr rüber, wenn sie leiser ist. Also wirkt sie auch nicht
mehr. Das bemerken die RaverInnen sicher. Wenn ein Veranstalter sich strikt
an diese Vorgaben hält, gibt das eine sehr peinliche Angelegenheit, die
Leute werden dadurch abgeschreckt. Für Partygewohnte ist diese Musik ja
keineswegs zu laut, sondern eher für Freizeit-RaverInnen. Die Leute, die
oft an Raves gehen und die laute Musik bevorzugen, werden vermehrt in kleine
Clubs abwandern, die sich nicht so sehr an die Vorgaben halten. Oder aber sie gehen
an illegale Veranstaltungen, von denen es in nächster Zeit wohl wieder
mehr geben wird, denn nur in den Illegalen kann man noch gute laute Musik
hören. Der Staat hat sich quasi ein Eigentor geschossen.
Biwidus: Michael, wir danken dir für dieses kurze Gespräch. Viel Erfolg
trotzdem für euren nächsten Rave.
Vater Staat behauptet natürlich, dass es nicht darum gehe, die Musikkultur
der Jugendlichen an den Rand drücken zu wollen. Aber gerade dies wird dadurch
erreicht werden. Einmal mehr wird Jugendlichen vorgeschrieben, was gut
ist für sie und was nicht. Und einmal mehr werden sie geradezu in
die Illegalität hineingedrückt. Kleines Zückerchen am Rande:
die Schweiz ist das erste Land überhaupt, das
sich einen solchen Unsinn erlaubt.
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