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2.12.1995

Cafes

Cybergate

Internet Cafe

Internet World Cafe

Internet World Cafe

Weil wir ein Internet-Infomagazin sind, behalten wir natürlich die Entwicklung auf dem Net sehr genau im Auge. Während Mr. Biwidus das eher von der technischen Perspektive her macht, bin ich viel mehr der Journalist, der sich aus der Sicht eines Laien-Users umschaut. In der Rubrik Hailaits bringen wir ja Reportagen aus der Region, die wir als interessant, spannend oder einfach cool anschauen. So richtig cool, wenn auch nicht ganz so spannend, ist das erste Zürcher Internet-Cafe gleich beim Volkshaus. Die Eröffnung hat letztes Wochenende eine ganze Reihe von interessierten PassantInnen, Freaks und Journis angezogen. Auch Biwidus war dort und zieht Bilanz: ein Trend, der kommen musste und sicher zu spät gekommen ist, aber auch ein Pilotprojekt, das noch unter Kinderkrankheiten leiden wird.

Zu allererst muss mensch mal den Standort etwas kritisch anschauen. Das IWC steht an der Rotwandstrasse gleich hinter dem Volkshaus, im tiefsten Kreis 4 also. Nicht, dass ich den Kreis 4 als Ghetto betrachten möchte (immerhin habe ich selbst dort fast zwei Jahre lang und gerne gearbeitet). Aber das Internet ist heute noch immer, und ich denke, dass das eine lange Zeit so bleiben wird, vor allem Tummelfeld eines klar definierten, nur mit wenigen Ausnahmen homogenen gesellschaftlichen Typs: der typische Internet-User ist (leider) männlich, konsumorientiert (also ex ipso relativ wohlhabend) und/oder gebildet. Im Kreis 4 kann mensch Leute dieses Typs nicht so oft finden. Und aus der ganzen Stadt hierhin kommen nur wegen des IWC, das wird wahrscheinlich kaum jemand. Ich bezweifle, dass es einfach sein wird, trotz des grossen Interesses für das Thema notabene, das IWC auszulasten. Sinnvoll ist allerdings die Ausrichtung des IWC auf Klassen und Lehrkräfte. Durch den immensen Boom des Internet wird sich die Struktur der UserInnen gerade im Ausbildungsbereich eher verbreitern. Konkret: wer in der Schule mit dem Net in Berührung kommt, wird wohl eher hängenbleiben. Für Schulklassen macht das IWC dann auch Sonderkonditionen. (am Morgen kostenlos und Beratung in der Net-Nutzung im Schulbereich).

Das zweite, was mir aufgefallen ist: das IWC ist, obschon es der Name suggeriert, "nur" eine Internet-Stube. Was mensch im IWC finden kann, gibt es z.B. seit nun schon über einem Monat in der AXcess-Computerstube im wohlhabenderen Kreis 6. Im IWC stehen 12 ASI-Maschinen `rum, die alle über einen Net-Anschluss verfügen. Zugegeben, die Maschinen (Multimedia-PCs) sind sehr schnell und sicher die besseren als anderswo, aber nur damit ist es nicht getan. In der Computerstube kann der/die UserIn beispielsweise auch Briefe schreiben und für das Geschäft arbeiten. Das ist im IWC nur begrenzt der Fall. Beide bieten Kurse an, das IWC aber vorerst nur im Bereich Internet. Item. Das IWC hat, wie der Name schon sagt, den Anspruch, eine Mischung aus Internet und Cafe zu sein. Internet ist o.k., aber ein Cafe ist das IWC bei weitem nicht. Im engen Raum steht nur ein (kleiner) Kaffeeautomat zur Legitimation dieses Namens. Das ist ein wichtiger Schwachpunkt, denn eigentlich ist die Idee, ein echtes Internet-Cafe aufzumachen, gar nicht schlecht. Surfen und ein bisschen Kaffeekränzchen machen ist eine faszinierende und sicher sehr lustige Möglichkeit, ins "Cyberspace" einzudringen. Ich hoffe, dass die folgenden Filialen des IWC-Netzes hier besser durchdacht sind, ich sehe das erste IWC als unfertigen Prototyp an.

Sonst? Selbstverständlich hat das IWC auch einen eigenen Server, der nicht nur Infos über das IWC selber hat, sondern auch viele interessante Links sein eigen nennt, das Biwidus fehlt allerdings noch drauf. Wir hoffen, dass sich das baldmöglichst ändern wird. Die Adresse der graphisch attraktiven Homepage ist: www.world.ch

Offensichtlich ist das IWC vor allem für EinsteigerInnen gedacht, die mit möglichst wenig Hintergrundwissen und sehr tiefen Hürden ihre ersten Schritte im Netz machen wollen. Auf sie ist das IWC gut zugeschnitten, während die Computerstube im Bereich der kommerziellen Nutzung weiter ist. Umgekehrt versucht das IWC vor allem auch WerberInnen anzusprechen. Das Internet ist beileibe noch nicht kostendeckend und die Werbemöglichkeiten auf dem Net sind schier unerschöpflich. Eine amerikanische Firma versucht, nur so nebenbei übrigens, z.B. Werbung via Internet gezielt an Presserzeugnisse zu vermitteln (www.ins.se).

Alles in allem muss mensch feststellen: für Laien ist das IWC der wohl beste Zugang zum Net (abgesehen vom KollegInnenkreis). Hier wird die Möglichkeit geboten, unter Anleitung schnell und weit gefächert herumzusurfen. Der Vergleich mit der Computerstube ist durchaus zu ziehen, ich würde als Resultat ein Unentschieden feststellen. Aber ob z.B. das nächste grosse Internet-Cafe bei der Urania (das am 15.12. aufgeht) nicht besser, weil besser gelegen sein wird, wird sich erst noch zeigen. Ich gehe jedenfalls noch immer lieber in ein Cafe, um Cafe zu trinken und nicht, um zu surfen. Das mache ich so oder so.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus dem Internet World Cafe in Zürich.