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Aarau
14.1.1998

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Caramba: Revolution im Aargau

Dass die Aargauer den Ruf haben, nicht besonders revolutionär, sondern eher ziemlich bis sehr konservativ zu sein, das kommt nicht von jeher, es war und ist so. Der Kanton gilt als eher rechtsstehend, als statisch. Dem war aber nicht immer so. 1798, als die alte Eidgenossenschaft der Patrizierorte unter dem Druck der revolutionären Truppen aus Frankreich zusammenbrach, waren es junge Aarauer, die anlässlich einer Tagsatzung die junge Helvetische Republik ausriefen. Es waren dieselben Aargauer, die dem Land eine fortschrittliche Verfassung und einige revolutionäre Neuerungen gaben. Aarau war der Hort der modernen revolutionären Schweiz.

Das muss der Wirt der Musikbar Caramba, Erich Frensdorff, im Sinn gehabt haben, als er, erklärter Feind der Polizeistunde, zum politischen Zweihänder griff und kurzerhand die Revolution ausrief. Zwar galt diese nur für sein Lokal, aber er schaffte es, dass die Oeffentlichkeit ihm Gehör schenkte. Seine Idee: er wollte auf Teufel komm raus während der ganzen Jubiläumswoche sein Lokal nonstop offen halten. Dies, obschon er damit gegen alle möglichen Gesetze verstiess und sich im folgenden einige Feinde machte.

Der Clou: ab der Polizeistunde um Miternacht mussten alle Anwesenden einen Fackel unterschreiben, der sie als Kurzzeitangestellte des Caramba auswies. Ihr Arbeitsvertrag galt einfach für diese Nacht mit einem Franken Lohn und der Aufgabe, aus Papierschlangen Konfetti herzustellen. Ein Trick, der an Frechheit und Gewitzheit seinesgleichen sucht. Tatsächlich fanden sich am ersten Abend auch knapp 70 Personen ein, alles in der Folge Angestellte, die sich verpflegen mussten.

Das Ansinnen, bis am morgen festen zu können, gelang vorerst. Zumal sich die Polizei nicht mit einem rüden Umgang einen schlechten Ruf holen wollte. Zwei Beamte gingen rein, sahen sich die "Verträge" an und verschwanden wieder, die Gegner der Polizeistunde konnten einen Teilsieg verzeichnen. Der umtriebige Carambawirt aber hatte sich damit in die Nesseln gesetzt.

Tatsächlich nämlich nahm ihm niemand die "Veträge" ab, ihm wurde nicht nur die Schliessung seines Betriebes angedroht, sondern auch eine Anzeige. Als dann auch noch Leute aus seinem beruflichen Umfeld sich gegen ihn richteten, gab er den Kampf auf. So endete seine Revolution nach nur einer Nacht.

Schliesslich sei gesagt: Aarau ist kein einfaches Pflaster für revolutionäres Gedankengut, so scheint es. Das alte Gastgewerbegsetz aus dem Jahr 1903 scheint immer noch stark zu sein. Das grosse Privileg einer echten Grossstadt ist es, Gnade vor Recht walten zu lassen, wenn das soziale und kulturelle Vorteile erbringt. Eine echte Grossstadt zeichnet sich durch die Courage aus, im Sinne der Mehrheit zu entscheiden und sich nicht nur durch irgendwelche Gesetze leiten lassen zu müssen. Das eben ist Revolution: sich nach der Situation zu richten und nicht umgekehrt.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) (hat sich trotz Dienst blendend unterhalten)