 |
Gedanken
Zahlen und Menschen
Borchert auf CD
Kühe in Zürich
Roter Dany
Ein Brief erregt Ekel
Geschmackloser Werbemüll
Engel im HB
Diana vom Boulevard abgeschossen
Pathfinders Bibliothek
Neoliberaler Sozialismus
Das Ende der Dürre
Wups: UBS
Was ist ne Tussi?
Linke gegen Rechte
Die Rechten im Dörfli
1999+1=?
Hass - Albanien - Schweiz
Militärdienst: warum noch?
Mensch, ich gehe
Mensch, wohin?
Ode an die Schönheit
Revolution in den Medien
Reihe Utopia - _Gesundheit
Weihnachten
Mr. Biwidus zur Gesellschaft
|
 |
Wirtschaft heute
Mein Gewissen: Ich habe dir gesagt, du sollst keine politischen Pamphlete mehr
im Biwidus herausgeben!
Ich: Ist kein politisches Pamphlet, sondern ein paar Gedanken zu einem
ernsthaften Thema.
Mein Gewissen: Wir machen nichts ernsthaftes im Biwidus. Und abgesehen davon
heisst du nicht Ernst.
Ich: Mir egal. Ich darf ja wohl noch ein paar Ideen zum aktuellen
Wirtschaftsfanatismus los werden, oder?
Mein Gewissen: O.k. Aber nicht zu viele.
Ich: O.k.
Also. Früher war mal die Politik am Ruder, d.h. die Macht lag in der
Hand des politischen Establishments. Heute sind es die Wirtschaftsbosse,
die Herrscher der grossen Konzerne, die als Opinion leaders das Geschick
dieses Landes leiten. Die Jahre der Rezession haben einen Kasinokapitalismus
der erlesensten Art aus der Asche des "real existierenden Sozialimus"
auferstehen lassen. Die absolute Marktwirtschaft ist es, was alle als
das Mass aller Dinge anschauen. Ich eben nicht. Ich bin zwar kein
Oekonom, will aber im folgenden einer Alternative das Wort reden:
einer Art von Hybridwirtschaft.
Die Grundidee ist eine Aufteilung in Makro- und Mikrosysteme. Auf der
grösseren Makroebene haben Tendenzen der Globalisierung durchaus ihre
Berechtigung. Gross angelegter Welthandel als globaler Binnenmarkt ist
insofern eine sinnvolle Alternative, als dass auch bisher von der heilgen
Triade USA/Japan/EU ausgeschlossene Regionen miteinbezogen werden könnten.
Das allerdings verlangt auf jeden Fall eine viel deutlichere Ausrichtung
der Wirtschaft weg von Massengütern hin zu fairen Nischenprodukten. Dies,
eine Forderung der Entwicklungshilfe, kann und sollte zu einem
Qualitätslabel werden. Wer in jeder Beziehung "guten" Kaffee will,
kriegt das aus der Soli-Ecke im Reformhaus.
Diese "soziale" Marktwirtschaft soll vom Staat so weit als möglich ihren
eigenen Regeln unterworfen werden. Der Sozialstaat sollte tatsächlich nicht
mehr "regeln", sondern "regulieren", i.e. dem/der Kundschaft als "KönigIn"
klar machen, was "gut" ist und was nicht. Das liegt in der Macht des Staates,
widerspricht nicht der freien Marktwirtschaft und packt das Problem dort an,
wo es entsteht. "Diese Firma produziert mittels Lohndumping" ist als
Negativlabel sinnvoll, denn man kann es operationalisieren und der
KundInnenschaft klar machen, was das bedeutet. Nach dem Motto: vergesst
nicht, auch ihr könntet von Lohndumping/Sozialabbau usw. betroffen sein!
Sinnlos ist es, den Betrieben das vorzuschreiben. Sie sollen doch selber
darauf kommen.
Neben dieser vom Staat ziemlich unabhängigen Makroebene (der Staat ist sozusagen
nur eine Art KonsumentInnenschutzorganisation) plädiere ich auch für eine total
andere Mikroebene. Das Kernwort heisst vernetzte Autarkie. Der moderne Staat
soll endlich die Regeln der Vernetzung begreifen, ein Prinzip, das schon dem
Kommunismus bekannt war und zu Grunde lag. Das Prinzip der lokalisierten
Wirtschaft. Der Staat hat dabei die Funktion einer Art Verteilzentrale. Er stellt
Land zur Verfügung. Das Land kann staatseigenes Land sein, vom Staat
(zurück)gekauft worden oder von privaten Besitzern gepachtet sein. Dieses
Land kann jetzt freiwillig von der Bevölkerung zur Selbsternährung
bebaut und vor allem auch bewohnt werden.
Die israelischen Kibbuz sind das erklärte Vorbild. Der Staat funktioniert(e)
dort als Geburtshelfer. Er stellt Land "mietweise" an Genossenschaften zur
Verfügung und zwar gratis!!! Diese verpflichten sich an sich zu nichts ausser
das Land zu nutzen und können vom Staat Darlehen zur Vorfinanzierung aufnehmen.
Sie können nun auf "ihrem" Land anbauen und tun, was sie wollen. So entsteht
eine Gesellschaft der KleinbauerInnen und SelbsternährerInnen. Und so können
Computerfachleute, Studis, Praxisassistentinnen und TV-Journalisten eine
eigene Existenz aufbauen. Sie können im Idealfall einen Grossteil ihrer
Ernährungsgrundlage selbst produzieren. So werden Produktionsmittel
sozusagen auf liberale Art vergesellschaftet.
Entscheidend für diese Idee sind folgende Punkte. Einerseits ist eine solche
Gesellschaft ökologisch wie sozial und sogar ernährungsmedizinisch tendenziell
sinnvoller. Die Bevölkerung wird zu einer dualen Gesellschaft, gleichzeitig
BauerInnen und ArbeiterInnen. Dabei kommt natürlich auch die
Informationsgesellschaft zum Zug. Daneben können so alternative Arbeitsmodelle
(20h-Woche oder so) nicht nur entwickelt, sondern auch verwirklicht werden.
Die Menschen haben wieder Zeit für sich selbst, für die Gruppe, sie können
selbst über ihre Zeit und Tätigkeit entscheiden, somit kann auch der
fortschreitenden Entfremdung des modernen Menschen von Natur und
Gesellschaft Einhalt geboten werden.
Abgesehen davon ist dann jedeR sozusagen einE UnternehmerIn, Liberalismus
als Gesellschaftsordnung also, aber kein Kasinokapitalismus der Oberen
Zehntausend, sondern Volkskapitalismus im eigentlichen Sinn. Des weiteren
wird damit Land, was heute an sich seine Bedeutung als Ernährungsgrundlage
verloren hat und jetzt nur noch Spekulationsobjekt ist, seiner
ursprünglichen Bedeutung zugeführt. Abgesehen davon, dass es ein
Erlebnis sondergleichen ist, im Herbst jene Tomaten zu essen, die man
im Frühling mit der eigenen Hand gepflanzt hat und ein Poulet zu
verspeisen, das man noch in seiner Form als Ei gekannt hat und das im
eigenen Garten rumgerannt ist. Gesunder Frass ohne jedes E n (wobei n eine
beliebige ganze Zahl ist)!
Ach jaa, und was dann den Link zur höheren Ebene bilden kann, sind natürlich
die Märkte für den Produktionsüberschuss. Eine solche Genosseschaft kann
sicher mehr produzieren als für sich selbst notwendig. Dieser
Produktionsüberschuss kann dann von der eigenen Genossenschaft oder einem
Dachverband an regionalen, nationalen oder internationalen Märkten
verkauft werden. Und das Geld dazu und für andere und staatliche Dienstleistungen
(z.B. Energie, Verkehr und so) reicht den Genossenschaftsmitgliedern durchaus
mit ihrem Arbeitslohn. so wird auch, und das ist eigentlich noch ein
wichtiger Punkt, diese Wirtschaft nicht nur auf der Basis von Geld geführt,
was ja Schwankungen unterliegt, sondern auf dem Tauschhandel. "Ich gebe dir
Wein von meinem Weinberg und du mir Brot aus deinem Holzofen". Tauschhandel
kennt keine Inflation im eigentlichen Sinn.
|