Ende Neu
Die Einstürzenden Neubauten haben nicht eine CD herausgebracht,
sondern eine CD-Extra
Ja ja, Kunst und Medien sind unweigerlich miteinander verbunden, speziell,
wenn es um kommerzielle Angelegenheiten geht. Was an technischem
Fortschritt herauskommt, der Musikzirkus springt auf den abfahrenden Zug
auf und das nicht nur bei der Tonträgertechnik, welche uns einen
verbesserten Musikgenuss beschert. Auch bei Computern versucht genutzt zu
werden, was ein bisschen Geld verspricht. Sei es eine CD-ROM, auf welcher
man die Tonstudios von Peter Gabriel durchwandern kann, oder ein
Ballergame mit Aerosmith.
Auch die CD-Extra ist deswegen bereits keine Neuigkeit. Bei dieser CD,
welche Musikalbum und CD-ROM gleichzeitig ist, wird uns von der
Musikindustrie ein interaktives Hören versprochen. Seit etwas mehr als
einem Jahr gibt es diese Bonus-CD s und meistens als Limitierte Auflagen.
Die Rolling Stones haben eine, aber auch BAP. Neben diesen Musikern des
Mainstream haben sich auch Musiker der Disziplin Freistil an dieses Medium
herangewagt, und zwar keine geringeren als die Einstürzenden Neubauten.
Ihr letztes Album Ende Neu, welches im Herbst des letzten Jahres auf dem
Markt gekommen ist, gehört wie die obengenannten zur Elitegarde der
CD-Extras. Aber zu erst einmal kurz etwas zu Ende Neu. Es ist perfekt! (Na
ja, das wiederum ist etwas zu kurz...) Die Einstürzenden Neubauten sind
die Avantgarde des Industrial. Obwohl Ende Neu auch zu dieser Sparte
gehört, ist sie trotzdem nicht so krud, wie ihre Vorläufer. Es gibt viele
Streicherarrangements und die Texte sind von einer auf den ersten
Augenblick nicht auszumessenden philosophischen Tiefe. Dazu kommt noch der
fast schon schauspielermässige Sprechgesang von Blixa Bargeld. Besonders
hervorstechen tun die Songs Stella Maris und Die Explosion im
Festspielhaus. Bei Stella Maris handelt es sich um ein Liebeslied, welches
im Duett von Blixa Bargeld und der Schauspielerin und Weill-Songs
Interpretin Meret Becker. Diesem traditionell gehaltenen Song
gegenübergestellt besticht Die Explosion im Festspielhaus durch das
Zusammenspiel von Stille, Rhythmusset und Instrumenten wie Papier,
Bürsten, Schreibern, etc.
Nun aber zur Cd-rom. Es handelt sich dabei um eine Hybrid-CD, welche
sowohl auf DOS, wie auch auf Mac läuft. Bei den DOS-Computern hat man mit
den üblichen wirren Fehlermeldungen zu kämpfen, bis dann nach einer
Viertelstunde -ich jedenfalls- zum Anfangsbild kommt. Dieses Anfangsbild
ist ein geschlossenes Auge, genau gleich, wie auch auf der Rückseite des
Albums.
Nun muss ein versteckter Punkt angeklickt werden, um in das Programm
hereinzukommen. Nach einiger Zeit fröhlichen Herumgeklickes öffnet sich
das Auge. Im Begleittext zur CD wird aber bereits darauf hingewiesen, dass
sich dieser versteckte Punkt bei jedem neuen Aufstarten an einer anderen,
zufällig ausgewählten Stelle befindet. Nun ja, nachdem man das Auge
geöffnet hat, kommt man in das Tonstudio der Neubauten, wo man mit einer
Kamera 360 Grad herumfahren kann. Alle Instrumente sind mit einer anderen
Farbe gekennzeichnet und durch Anklicken bringt man sie zum Tönen
(vorausgesetzt man hat eine Soundkarte). Neben diesen Instrumenten werden
durch Anklicken Clips geladen, so zum Beispiel den Videoclip vom oben
genannten Stella Maris, oder von den Aufnahmen zu NNNAAAMMM. Alles steckt
voller angenehmen Überraschungen.
Das Fazit ist: Die CD-Extra macht ein bereits perfektes Album noch ein
bisschen farbiger. Trotzdem würde Ende Neu auch ohne diese
Computerspielerei gut auskommen. Aber einem geschenkten Gaul schaut man
nicht ins Maul und so ist es auch bei einer Bonus-CD-ROM.
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