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Interviews
Des Radios junger Chef
Donghua Li
Mr. Marek _Krynski
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Der Zauberlehrling von Zürich
Ausgerechnet hat er seinen Stundenlohn nur zum Spass, denn von "Lohn" kann dabei
keine Rede sein, 12 Franken die Stunde ist nur eine bessere Spesenabrechnung.
Mutter Krynski hat auch sehr viel draufzahlen müssen, meint der Organisator der
grossen Streetparade spitzbübisch. Mehrere hunderttausend Franken kostet der
Spass, der grösste Technoumzug jenseits von Berlin. Der organisierende Verein
"Streetparade Authorities" nennt sie eine Demonstration für "Love, Peace and
Happiness". Und weil die nun zum vierten Mal stattfindende Streetparade eine
Demo sein soll, können interessierte Sponsoren potentielle KundInnen auch nur
per Werbeversand locken - an der Parade selber halten sie sich im Hintergrund.
Von den Organisatoren wird diese angebliche "Werbefreiheit" immer wieder
hervorgekehrt. Um den nichtkommerziellen Charakter der Veranstaltung zu betonen,
wurde eben dieser Verein auch gegründet - ein Verein ist per deifinitionem eine
Non-profit-Organisation. Was auch immer dies heissen mag. Marek Krynski wird
sich jedenfalls - trotz anderslautenden angeblichen "Facts" in gewissen Medien
so oder so kaum daran "bereichern" können.
Marek, Jahrgang 69 und ursprünglich Student der Mathematik und Philosophie, was
er im nächsten Jahr abschliessen möchte, ist ein echter Technofreak. Er rennt
herum für sein "Kind", die Streetparade. Es gibt viel zu tun, obschon die
Bewilligung noch nicht erteilt worden ist. Die Organisatoren haben sich jetzt
schon aufgrund einer wagen mündlichen Zusage Polizeivorstand Neukomms für einige
zehntausende Franken verpflichtet. Eine Absage würde die "Streetparade
Authorities" einiges kosten. Und auch der Faktor der Stagnation der Raveszene
spielt hinein. Sie wird immer kleiner, der Ravehype ist so gut wie vorbei und
einige Organisatoren mussten schon Konkurs oder zumindest Riesenverluste
anmelden. Die Streetparade ist also zwar ein Riesenanlass, aber keineswegs ein
Riesengeschäft.
Die Geschichte und die Botschaft der Stremetparade sind zu bekannt, als dass sie
wiedergegeben müssten. Und trotz der personellen Nähe zu den verschiedenen
Party-Organisatoren (allen voran zu Techno-Papst Nöldi Meyer, dessen
"Energy"-Rave auch dieses Jahr das grösste seiner Art weit und breit werden
soll) konnten Krynski und Co. bisher alle Vorwürfe des Geldscheffelns
entkräften. Streetparade-Pressechef Christoph Soltmannowski spricht von einigen
hunderttausend Franken, die der Anlass koste. Aber diese gingen vor allem für
Eigenwerbung und Pressearbeit, Reinigungen aller Art und den Sicherheitsdienst
drauf. Und weil der "Chef" Krynski auch noch von etwas leben muss. Trotzdem ist
ihm nicht so klar, warum er das macht:"Es ist zwar eine grosse Befriedigung,
aber finanziell stimmt es eigentlich nicht, und ich merke das erst jetzt
langsam."
Aufgrund von Recherchen bei einem der Hauptsponsoren, Coca Cola, muss man von
einem Betrag von etwa 100'000 SFr. ausgehen, die der Einstieg in den erlauchten
Klub kostet. Den "Profit" hat Coci aber nicht von der Werbung, sondern vom
Verkauf ihres Produktes an der Streetparade selbst -Bandenwerbung wie bei
anderen Veranstaltungen wird es kaum geben am Technoumzug. "Unser einziges Ziel
ist es", meint Susanne Wüllner von Coca Cola, "unser Getränk an den Mann oder an
die Frau zu bringen". Dabei ist der Umsatz stark wetterabhängig - wenn weniger
als die erwarteten 120'000 durstigen Raverinnen und Raver kommen, wird auch der
Umsatz des Sponsors kleiner und dessen Einsatz vielleicht sogar ein
Verlustgeschäft.
Die illustre Runde der Sponsoren verkauft sich primär mittels Flyern oder
Plakaten der Streetparade. Weil die Streetparade die Teilnehmenden keinen
Eintritt kostet, müssen alle Ausgaben von den Sponsoren gedeckt werden - eine
wichtige Rolle spielen dabei auch die Organisatoren grosser Raves. Gegenüber von
Biwidus hat Marek zugegeben, dass auch der Megarave "Energy" nicht unwesentlich
beteiligt sei an der Finanzierung der Streetparade. Immer wieder wird gemunkelt,
dass der Technoumzug eine grosse Werbeveranstaltung für den Rave sei, was
allerdings angesichts der begrenzten Kapazitäten des Hallenstadions und der
horrenden Eintrittspreise nur einen Bruchteil der Streetparadierenden dazu
bringt, auch noch an die Energy zu gehen. Tatsache ist, dass die Konzentration
von etwa 20 kleineren und grösseren Raves in und um Zürich kein Zufall ist an
diesem Wochenende -die Kids müssen ja beschäftigt werden. Verschmitzt lächelnd
fügte Marekt hinzu:"Es wird inzwischen von der Polizei bereits verlangt, dass
eine solche Veranstaltung stattfindet, damit die Leute, die nach Zürich kommen,
in dieser Nacht versorgt sind." Ein Paradigawechsel im Hause Neukomm?
Ob jetzt 150'000 Personen kommen, wie die Veranstalter hoffen oder "nur"
120'000, wie die Polizei dieses Jahr schätzt, Marek hat noch viel zu tun. Am 21.
Juni beispielsweise findet eine Sitzung zwischen den Organisatoren und 52
städtischen Amtsstellen statt, um die Streetparade zu koordinieren. Bewilligt
ist sie nämlich noch nicht - doch Polizeivorstand Neukomm wird sich hüten, noch
einmal die Streetparade zu verbieten, wie er es 1994 tat. Die Folge war, dass
sich unzählige Jugendliche und Jugendparteien von links nach rechts verbündeten,
um dieses Verbot zu bekämpfen.
Der zuständige Beamte der Stadtpolizei meinte gegenüber Biwidus:"Wir wollen sie
dieses Jahr genau so reibungslos über die Bühne bringen wie das letzte:
unfallfrei, problemlos. Dass sie ein Fest wird wie das Züri-Fäscht oder das
Sechseläuten." Es wird im Hause Neukomm sogar laut darüber nachgedacht, ob man
die ganze Innenstadt involvieren wollte. Denn: "Der Wunsch wäre schon, dass wir
den Berlinern (gemeint ist die zur Zeit etwa vier Mal so grosse "Loveparade",
das Original) die Popularität abnehmen könnten, dass, wenn man von der
Streetparade redet auf der Welt, damit die Stadt Zürich gemeint wäre. Da wären
wir stolz darauf."
So oder so: am Nachmittag des 10. August sollten Autofahrer und Autofahrerinnen
die Innenstadt vorzugsweise grossräumig umfahren. Und Zugsreisende den
Hauptbahnhof (es werden 20 Extrazüge der SBB erwartet - natürlich auch ein
Sponsor). Biwidus wird - so der grosse Cybergott will - darüber berichten - und
über die anschliessende "Energy". Doch letzteres kommt auch auf den "Papst"
darauf an, der Nöldi Meyer-Partykonzern hat bisher jede Zusammenarbeit mit
Biwidus strikt abgelehnt.
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