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Eine Liebeserklärung an das Open Air St. Gallen
Dieses Jahr findet das traditionelle Open Air St. Gallen bereits zum zwanzigsten
Mal statt. Grund genug ein paar Worte über eines ältesten Festivals in der Schweiz
zu verlieren.
Wenn ein Nicht-Sanggaller das Open Air beschreiben soll, dann fallen ihm als Erstes
Begriffe, wie Regen, Schlamm, Kälte, Lagerrockstimmung, zweitklassige Bands und viel
CH-Rock ein. Personen, die das Open Air schon einmal erlebt haben - und das waren in
den letzten zwanzig Jahren nicht wenige- würden das Happening ganz anders beschreiben:
eine vielfältige Bandauswahl, ein geniales Festivalgelände, übersichtlich, familiär
und man einer (mich eingeschlossen) hat sich nicht nur einmal einen gnadenlosen
Sonnenbrand geholt.
Aber drehen wir die Zeit einmal ein bisschen zurück. In den Anfängen des Open Airs
war dieses nicht wie heute im Sittertobel, sondern in Abtwil, einem Agglodörfchen
von St. Gallen beheimatet gewesen. Die Bands waren ausschliesslich aus der CH-Rock
Szene. So waren zum Beispiel die damals auf dem Höhepunkt ihrer Karriere stehenden
Krokus gerngesehene Gäste. Doch mit der Zahl der Jahre stieg auch die Popularität dieses
Festivals und so musste das Open Air sich bald nach einem grösseren Gelände umsehen.
Dieses fand sie dann auch im Sittertobel, nahe der Kerichtverbrennungsanlange, unter
uns gesagt, eine der grössten Entdeckungen, seit Kolumbus in Amerika gelandet ist.
Auf einer Seite ist das Gelände nämlich von steilen Hängen eingekesselt, währenddem
die andere Seite durch eine Flussschlaufe der Sitter umflossen wird. Obwohl noch vor
einigen Jahren die Kapazität dieses Geländes mit etwa 14000 Besuchern angegeben worden
ist, konnte es in den letzten Jahren bis zu 22000 Personen aufnehmen.
Seit langer Zeit ist das Open Air St. Gallen ein wichtiger Bestandteil des Lebens der
hiesigen Jugend. Man erinnere sich nur an die Absenzensperren am Open-Air Samstag in
der Kantonsschule, oder die zähen Verhandlungen um einen frühen Schulschluss am
Freitag-Nachmittag, damit man noch einen guten Zeltplatz ergattern konnte. Ganz zu
schweigen von der ausgesprochen familiären Atmosphäre (ich habe auch Freunde aus
Zürich dort getroffen).
Auch der Vorwurf des Schlechtwetteropen-airs stimmt nur bedingt, klar hat es auch
gereget, war zum Beispiel die Temperatur letztes Jahr in der Nacht auf 8 Grad gesunken,
aber über den Daumen gepeilt, war es in den letzten Jahren eher sonniger. Das letzte
richtig verregnete Open-Air datiert aus dem Jahre 1990. Das war auch das Jahr, als
Carlos Santana den Hauptact darstellte. Wer also vor hat, auch dieses Jahr zu gehen,
der sollte nicht vergessen die Sonnencreme einzupacken.
Was die Bands betrifft, so gibt sich das Open-Air St.Gallen bescheidener als andere
Open-Airs in der Schweiz. Der Grund dafür liegt darin, dass die Besucherzahl nur
begrenzt ist und deswegen auch das Budget der Organisatoren. Aber das macht gar
nichts, denn die Organisatoren schaffen es immer wieder ein Schnäppchen zu machen und
auch mit Bands kleineren Kalibers für eine gute Stimmung zu sorgen und das manchmal
auch unkonventionell. Man erinnere sich an die Alder Buebe, dem Streichquartett aus
dem Appenzell, welche am Samstag-Abend 1991 als erste eine La-Ola Welle aus Applaus
bekommen haben. Oder auch die kombinierten Band-Auftritte, wie zum Beispiel als
letztes Jahr Patent Ochsner beim Song Belpmoos Unterstützung von ihrem Musikerkollegen
und Freund Stephan Eicher bekommen haben.
Wie jedes Jahr, so findet auch dieses Jahr das Festival am letzten Wochenende im Juni
statt, oder wie man in St. Gallen zu sagen pflegt: ein halbes Jahr nach Weihnachten.
Das Datum für dieses Jahr ist somit der 28. bis 30. Juni. Betrachtet man die diesjährigen
Acts, so muss man anerkennen, dass die Organisatoren kräftig zugelangt haben. Neben
den Hauptacts wie den Red Hot Chili Peppers (ihr letztjähriges Konzert war ausverkauft),
den Sex Pistol, welche sich wieder in ihrer Urbesetzung zusammengetan haben, das heisst
mit Jonny Rotten, kommt auch Herbert Grönemeyer, aber auch Bands wie Fettes Brot,
die Jazzkantine, The Cadrigans oder auch Züri West (man denke nur an ihr triumphales
Konzert am Open Air 1994) werden dabeisein. Aber natürlich noch viele viele mehr.
Wie in den letzten beiden Jahren, so wird es auch dieses Jahr eine Heubühne geben, auf
welcher junge Talente die Möglichkeit bekommen werden, sich einem grösseren Publikum
bekannt zu machen.
Neben diesem Staraufgebot gibt es jedes Jahr noch einen Special Guest, welcher erst
kurz vor dem Festival bekanntgegeben wird. Auch dieses Jahr läuft deswegen die
Gerüchteküche ganz heiss. Das heisseste Gerücht ist, dass U2 auftreten würden. Ich
persönlich denke, dass dieses Band eine Nummer zu gross für das Open Air St. Gallen
ist, aber wer weiss, schliesslich hat das Festival dieses Jahr das 20-jährige Jubiläum.
Wir werden uns also überraschen lassen. Für mich ist jedenfalls eine Sache klar: ich
werde mir das zwanzigste Open-Air St. Gallen nicht entgehen lassen, so wie ich mir
auch die letzten fünf Open-Airs St. Gallen nicht entgehen lassen habe.