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5.4.1996

Jugend

Jugend macht Politik

Jugendsession 1998

Junge Schweiz und Europa

100 Jugendliche an ZH Vorsession

Jugendflyer Thalwil

Jugendsession 97 light

Drugs Suck

Jugendfilmfestival

Jugend forscht

Blocher im Nirwana

Film: Das lange Schweigen

Making of... a Jugendvideo

Lehrstellen schaffen

CH-Jugendfilmfestival II

CH- Jugendfilmfestival

Ein neues Uni-Gesetz

Patchwork

Luxparade

Semesterbeginn Uni

Sackgeldaktion

Jugendwerbung

Globaler Schulstreik

Broschüre für arbeitslose Lehrlinge

Megafestival der (sozialdemokratischen) Weltjugend

Jugendfilm ?

Jugendsession on the Web

Globale Initiative

Jugendrat

Jugendsession: Infobroschüre

Globale Initiative oder Sturm im Wasserglas?

"Die Geister, die ich rief, werd` ich nun nicht los", schrieb Dichterfürst Goethe in seinem legendären "Zauberlehrling". Etwa ähnlich ergeht es zur Zeit der 17-jährigen Franziska Schutzbach aus Ins bei Biel. Die Kantonsschülerin hat nämlich mit FreundInnen und Verwandten einen Stein ins Rollen gebracht, der eine Lawine auslösen und sie unter sich begraben könnte, die "Globale Initiative für sofortige Abrüstung aller Länder zum Zweck der ökologischen Rettung des Planeten". Die entstandene Kerngruppe um die Familie Schutzbach herum hat es fertiggebracht, hunderte und tausende von Jugendlichen und Kindern dazu zu bringen, über das Ideal einer waffen- und gewaltfreien Welt zumindest nachzudenken. Franzi umriss ihre Absicht bescheiden mit:"Wenn wir nur zehn Leute dazu bringen könnten, darüber nachzudenken, wäre unser Ziel schon erreicht."

Gruppenbild mit Dame: die Kerngruppe der Globalen Initiative (Franzi ganz rechts)
Die Idee stammte von Vater Roland, der dann eine Jugendgruppe um sich und seine Kinder scharte. Unter dem Eindruck der vielen Kriege und Gewaltbereitschaft, die auf der Welt herrschen, formulierten die verwegenen FriedenskämpferInnen folgenden Text:"Die Initiative fordert, dass bis zum September 1998 die Waffen der Erde verschrottet oder endgültig funktionsuntüchtig gemacht sind. Jede Art von Militär ist abzuschaffen, ausser einer UNO-Eingreiftruppe, die den Frieden in krisenhaften Gebeten sichert und über einen Rest von Waffen verfügt. Das eingesparte Geld ist für die ökologische Rettung des Planeten zu verwenden." Nach einem Versand bekamen die jungen Leute viele positive Antworten, unter anderen auch vom Dalai Lama und Michail Gorbatschow. Angespornt durch das Hermann Hesse-Zitat "Man muss mit dem Unmöglichen beginnen, um das Mögliche zu erreichen", gingen Franzi und Co. einen Schritt weiter.

Letztes Jahr wurden sie vom Genfer UNO-Generaldirektor Petrovsky mit Wohlwollen empfangen und durften ihre Forderung vortragen. Dabei überraschte die UNO-Bürokraten, dass die Jugendlichen selbst die Verantwortung für ihre Aktion tragen wollten. Sie schrieben Brief um Brief an verschiedene Persönlichkeiten. Und immer mehr Jugendliche und MedienvertreterInnen hörten den Aufschrei aus Ins bei Biel und schlossen sich der geistigen Bewegung an. Neben Kreisen der UNO und anderen einflussreichen Persönlichkeiten sagten auch viele verschiedene Organisationen dem Projekt ihre Unterstützung zu.

Franzi selbst macht ja alles andere als den Eindruck einer Revolutionärin. Ganz im Gegenteil. Die attraktive Friedensaktivistin spielt in ihrer Freizeit Geige und Theater, ist in der SchülerInnenorganisation ihrer Kanti aktiv und gesteht, dass sie neben Kanti und G.I. auch sonst viel zu viel mache. Sie meint aber auch:"Ich bin keine Politikerin, ich habe das Recht, eine Jugendliche zu sein". Wer möchte ihr das abstreiten? Trotzdem, die Gymnasiastin hat mit ihren FreundInnen eine Lawine ins Rollen gebracht. "Es ist immens, es kann etwas riesiges daraus werden". Aber sie fürchtet sich nicht vor der Zukunft, die ihr immer mehr Aufwand und immer mehr Kampf abverlangen wird (Reisen, Sitzungen, Koordination der Aktionen usw.). "Alles hat klein angefangen", sagte sie uns selbstbewusst, "für mich ist das ein Versuch. Er kann natürlich scheitern, aber ich gebe nicht auf. Es braucht Mut, vielleicht sogar etwas Grössenwahnsinn. Wer weiss, es kann sein, dass auch ich ein bisschen verrückt bin". Dieser augenzwinkernden Bemerkung der symapthischen Initiantin können wir uns nicht anschliessen.

Smart, sweet and sour: Franziska Schutzbach
Zum "utopischen" und "unmöglichen" Touch der Forderung, die doch zum Teil so realistisch anmutet (z.B. mit der UNO-Friedenstruppe), gehört ganz klar auch der Aktionstag im Rahmen des Internationalen Friedenstages am 17. September 1996. Wer hätte dieses Datum sonst gekannt? Die Kerngruppe ruft auf diesen Tag hin zu einem weltweiten Schulstreik- und Aktionstag auf. Kinder und Jugendliche in aller Welt sollen für ein paar Stunden ihre Schularbeit hinlegen, eine Schweigeminute und verschiedene Aktionen abhalten mit dem Ziel, den Erwachsenen klar zu machen, dass sie dieses Spiel auf ihrem Rücken nicht mehr zu spielen bereit sind. Schon jetzt haben allein schon SchülerInnen aus über 50 Schweizer Schulen ihre Teilnahme zugesagt, von den KommilitonInnen aus Kolumbien, Kambodscha, den USA usw. ganz zu schweigen. Schweigemärsche und eine Medienaktion sollen den Kindern und Jugendlichen genug Gehör verschaffen, um ihre Anliegen vorzubringen, und sei es auch nur für einen Tag. Aber niemand ist dazu gezwungen. Vielmehr sollen die SchülerInnen in einer Urabstimmung entscheiden, ob sie daran teilnehmen wollen oder nicht.

Neben dem ambitionierten Schulstreik hat die G.I. aber auch andere Projekte laufen. Im Sommer sind die jungen Leute beispielsweise an eine Konferenz von über 700 Häuptlingen indigener Völker aus aller Welt eingeladen. Im Genfer UNO-Gebäude können sie ihre Forderungen vor den alten und meist im Einklang mit der Natur lebenden "Herren" dieses Planeten vortragen. Franzi unterstrich, dass dieser Tag ihr persönlich sehr viel bedeute, denn die Unterstützung der Chiefs aus aller Welt wäre eine symbolisch wichtige Rückendeckung für die G.I. Auch haben die InitiantInnen eine Kerze an die UNO-Generalversammlung geschickt mit der Bitte, dieser einen Raum zu geben und sie anzuzünden, sobald mindestens die Atomwaffen dieser Erde endgültig und bis in alle Ewigkeit abgeschafft sind.

Also. Wenn eine 17-jährige Frau, die ja eigentlich anderes im Kopf haben müsste (z.B. Schule oder einen liebenden und geliebten Freund), nichts anderes erreichen will, als die weltweite Abrüstung, dann wirkt das auf uns extrem. Na, viel radikaler geht's ja nicht mehr. Aber. Wenn nicht da und dort in der Weltgeschichte die "Radikalität" Oberhand gewonnen hätte, dann wären Errungenschaften des menschlichen Fortschritts wie Demokratie, Menschenrechte und Technologie (z.B. Internet) kaum oder gar nicht möglich gewesen. Insofern ist die Radikalität der G.I. gar nicht so extrem. Es heisst ja, dass radikale Zustände (und um solche handelt es sich ja wohl) radikale Lösungsansätze erfordern. Und wer kann radikaler sein als Jugendliche? Insofern ist die Initiative von Franzi und ihren FreundInnen nur einer von vielen Versuchen mutiger Menschen, dem Schicksal eine bessere Wendung zu geben.

Persönlich habe ich das Gefühl, dass Franzi eine mutige, trotz ihrer anthroposophischen Umwelt realistische junge Frau ist. Sie hebt sich deutlich ab aus der unendlichen Menge ausschliesslich konsumorientierter und sich keinen Deut um Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft und Welt scherender junger Leute. Sie ist nicht der Archetyp der revolutionären Weltverbessererin, sondern "nur" eine engagierte und bewusste 17-jährige, die offen ausspricht, was viele von uns (gerade der politisch aktiven Jugendlichen) denken, nämlich, dass dem unabwendbar scheinenden Untergang endlich Einhalt gewährt werden muss. Allein schon deshalb ist die G.I. unterstützungswürdig und keineswegs "extrem". Offenbar braucht es immer wieder Leute, die, Propheten nicht ungleich, ihre ungläubigen Mitmenschen aufrütteln. So wie Moses dem Volk Israel zürnen musste, weil viele vom rechten Glauben abgefallen waren und das goldene Kalb anbeteten. Und hierfür braucht es halt mehr, als nur ein paar Worte der Vernunft. Franzi fasst ihre Absicht in ihrer "Biographie" zusammen mit: "Die Leute waren sprachlos, überwältigt vo der Radikalität unserer Forderung."

Die Globale Initiative ist über viele Kanäle zu erreichen. Die Snailadresse lautet zum Beispiel:
Globale Initiative
Fauggersweg 39
3232 Ins

Es befindet sich eine Homepage im Aufbau, vorläufig gibt es zwei Textseiten auf dem Web unter http://www.cop.com/info/fs-bio (Franzis Weg zur G.I.) und http://www.cop.com/info/fs-plan (ein Abriss der G.I.) Ueber Mail sind die Globalen InitiantInnen auch zu erreichen. sowie über Phone/Fax; 032 83 24 58/83 35 73. Sie sind sicher froh um jedeN, der/die sich für ihre Initiative interessiert.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus Ins bei Biel.