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Blackout
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Patriotisches Oeko-Beisel
Für die einen ein verkehrstechnisch gut gelegenes und anregendes Dancing,
für die anderen eine auf edel getrimmte Kommerz-Disco für alte Opis und
Salamis. Die Flughafendisco "Blackout" war zeit seines Lebens eine
vielseitig verwendbare Institution im Umkreis des Zürcher Tores zur
Welt. Vor zwölf Jahren als Nachtlokal der Oberklasse gleich beim Parkhaus E
gebaut, wurde das "Blackout" vor Jahresende geschlossen. Viele Gerüchte gingen
herum, es wurde gemunkelt, dass das "Blackout" zu einer weiteren Villa Wahnsinn
umgebaut werden sollte. Letzte Woche wurde dann der Schleier geöffnet, im
wahrsten Sinne des Wortes. Das "Blackout" heisst künftig (d.h. ab dem
26. März) "AlpenRock House".
Die verantwortliche Betreiberin des zukünftigen AlpenRock House, die Flughafen
Restaurant AG (eine Tochtergesellschaft der SSG), hofft, dass sich die Idee
über die ganze Schweiz ausbreitet. Hierfür wird für zwei Millionen Franken
das ganze Interieur des Gebäudes umgebaut. "Postkartenaussichten" werden auf die
Wände gemalt, Felsgestein aus Pappe "verschönert" die Landschaft, und echte
Blockhütten geben dem Restaurant (angeblich) den realistischen Touch. Drei Standbeine soll
die neue Firmenphilosophie haben: traditionelle Werte, Kultur und Kulinarisches,
sowie ein ökologisches Betriebskonzept. Die Stiftung "Save the Mountains" (noch
nie davon gehört...) gibt dem Unternehmen das grüne Uebergewändchen.
Neben all diesem Schnickschnack soll auch ein Dorfplatz entstehen, wo mensch
sein Abendessen selber zusammenstellen kann. Der Salat wird selbst geschöpft,
neben dem Risotto aus dem grossen Kessel wird auch der Duft von gegrillten
Servelats und echtem Waldholz unsere Geruchsnerven vergewaltigen. Vielleicht
muss dabei mit etwas Waldesduft aus der Spraydose nachgeholfen werden. Auf diesem
Dorfplatz soll mensch sich treffen, das gemütliche Beisammensein wird hier also
zelebriert, zugegeben: etwas penetrant ist dieses Halaligefühl schon. Es heisst
nämlich:"Hier wird Action geboten, hier wird getanzt, hier findet der direkte Kontakt
zum Leben, zur Freiheit und zum Glück statt." Pustekuchen.
Auf den ökologischen Aspekt wurde öffentlichkeitswirksam immer wieder
hingewiesen. Was das konkret bedeutet (ausser, dass vor allem Offengetränke
verlauft werden sollen und der Frass aus einheimischer I-Produktion stammen soll),
blieb im Dunkeln. Eine Treuhandfirma soll damit beauftragt werden,
dieses Konzept zu überwachen. Hier wird also mit Oekologie ein
Geschäft gemacht. Die Betreiberin will hierfür eine Stiftung gründen,
eben die obengenannte "Save the Mountains"-Stiftung. Paralellen zum
"Save the Planet" des Megakonzerns "Hardrock-Cafe", dem amerikanischen
Vorbild des Hauses, sind sicher nicht zufällig. Schade, dass niemand auf die
Idee kommt, ein echtes HaCa in der Schweiz zu eröffnen. Und dieses Motto
impliziert eine typisch schweizerische Engstirnigkeit, die leider nicht
nur geographisch ist.
Zu essen soll es vor allem Traditionelles geben, hat es geheissen, das
bedeutet wohl vor allem Fondue und Raclette, dann Brennesselspätzli und
Apfelröschti, sowie die wirklich traditionellen Aelplermakronen und das
spezielle Alpenrock-Risotto. Letzteres soll (was sagt wohl die Feuerpolizei dazu?)
über einem echten offenen Feuer gekocht werden. Bei den Getränken will man auf
sogenannt exotische Biersorten verzichten, der Alki dankt. Allerdings kann das
auch als Abwertung des unbedingt notwendigen fairen Handels mit der darbenden
dritten Welt gedeutet werden, was auch nicht unproblematisch ist. Ein Beispiel: nicht
nur Corona stammt aus dem Trikont, sondern auch der Max Havelaar-Cafe, der
ja als "politisch korrekt" gilt. Und zum Speiseplan muss gesagt werden:
er steht säuberlich und in "Schnüerlischrift" auf einer Schiefertafel.
Wie der Name des Lokals verspricht, soll während des Essens und gemütlichen
Beisammenseins vor allem Rockmusik ab Konserve gespielt werden. Der DJ thront
dabei über den Blockhütten hinter seinem Mischpult. Neben heimischem Rocksound
ist auch (Kommerz-)Dancefloor willkommen. Das ist die Mischung, aus dem das
Erbrochene ist, kein gutes Image für ein aufstrebendes Restaurant mit einer
revolutionären Grundidee, denke ich. Die beiden Stargäste des Presseanlasses,
der Uraltrocker Chris von Rohr (Krokus) und das von der Redaktion abgöttisch
gehasste Starlet Cornelia Grolimund, stehen für dieses Konzept. Dem Photographen
ist es nicht gelungen, ein Bild aufzunehmen, auf dem die schreckliche
Möchtegern-Sängerin nicht abgebildet ist.
Der Propagandachef des AlpenRock House, der zuständige PR-Berater
Heiner Lämmler sagte gegenüber Biwidus
überzeugt:"Das Alpenrock House richtet sich an weltoffene Menschen zwischen
18 und 38 Jahren, die nicht viel Geld für den Ausgang ausgeben wollen." Bei dieser
Musikauswahl muss mensch an ein Wunder glauben, wenn erwartet wird, dass vor allem
junge Menschen ins AlpenRock House kommen sollen. Und hierzu heisst es, laut
Herrn Lämmler:"Bis auf die härtesten Spielarten von Techno, Trance oder
Hardcore im weitesten Sinne ist das musikalische Konzept so ausgelegt,
dass viele Musikrichtungen Platz haben." Neben Lifegigs soll marktgerecht
auch eine gleichnamige CD zum Restaurant herausgegeben werden, der Multi
BMG Ariola steht dafür gerade.
Das AlpenRock House soll, so das Konzept, ein Orginal sein. Allerdings entsinne ich
mich, dass in Oesterreich und bei uns an vielen Wintersportorten eben dieses
Konzept schon verwirklicht wird (Fressen mit viel Nationalgefühl und störender
Musik). Die Orginalität gilt also wohl nur für das urbane Millionenzürich. Und
in den Bergen stimmt wenigstens die Umwelt. Die Orginalität wird auch
durch das propagierte Oeko-Label bewahrt. Sicher, damit hebt sich das Haus
gegenüber den anderen Flughafenrestaurants hervor, aber ob das die Leute
animiert, ausgerechnet ins AlpenRock zu kommen - und wenn möglich mit dem
Zug - sei einmal dahingestellt.
Das AlpenRock House soll ins Bild des traditionellen Touristik- und Gastronomielandes
Schweiz passen. Ob die Einheimischen aber am Touristikland interessiert sind,
muss bezweifelt werden, denn im AlpenRock kann mensch weder Skifahren, noch Snöben.
Und zu Hause isst auch der Gastronomiekenner nicht unbedingt bodenständig,
vom hämbifressenden Jugendlichen ganz zu schweigen. Oepfuröschti bei
Hudigäggelersound ist wohl nicht Jedermenschen Sache. Heidi und Edelweissstimmung
können vielleicht Touris begeistern, der/die normale Einheimische empfindet das
als überkommenes Relikt einer Zeit des vermeintlichen Heimatglücks. "Cool Man"
Steiner hatte zwar damit Erfolg, aber die erwünschte Lagerfeuer- und Skilagerstimmung
muss erst noch aufkommen. Ob ökonomische Oekologie und ein Appell an die
nationalen Gefühle der Stoff sind, aus dem der Erfolg sein soll? Na, ich weiss
nicht. Der Saftladen "Schnipo" zum Beispiel, der im Niederdorf letztes Jahr
eröffnet worden ist, scheint eine ziemliche Fehlinvestition gewesen zu sein,
jedenfalls ist meistens gähnende Leere darin, der Frass mit dem
Matterhorn-Sujet scheint niemanden anzusprechen.
Ob das AlpenRockHouse tatsächlich, wie geplant, am 26. März seine Tore öffnen kann,
ist, trotz der Betriebsamkeit, meines Erachtens fragwürdig. Und wenn, dann
fragt mensch sich, ob dieses "orginelle" Betriebskonzept wirklich greifen wird.
An seine nationalen Gefühle zu appellieren, wird vor allem jungen Leuten nicht
so passen (bei den erfolgreichen Villen Wahnsinn wird das ja nicht so
penetrant gemacht). Und auch das eher klassische
kulinarische Programm ist vor allem auf bejahrte Gäste zugeschnitten. Wer in
den Skiferien in Andermatt Aelplermakronen isst, muss das im Ausgang in Millionenzürich
nicht gezwungenermassen auch tun. Und über die Musik wollen wir gar nicht
streiten: Krokus und Fondue passt so gut zusammen wie Wein und Haschisch. Prost.
Für die Kalkulierenden: Speis und Trank sollen im AlpenRock House SFr. 25.-
kosten. Dies als positiver Punkt zum Schluss.
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