Keine Therapie für Therapy?
Therapy? Ja!!! Das Konzert in der Roten Fabrik war einmalig. Biwidus hat
sich eineinhalb Stunden lang blendend unterhalten. Dabei war die
Band auch wirklich gut drauf, Andy warf dem Publikum andauernd seine
bekannten teuflischen Blicke zu, einem Todesengel gleich stand er
meistens ziemlich ruhig da, sang mit einer für Metalverhältnisse ungemein
weichen Stimme und schwang seine Gitarre bei den härtesten Riffs hin und
her. Therapy?-Kopf Andy Cairns genoss den Abend sichtlich.
Therapy? spielten zumeist Songs aus ihrem neuen Album "Semi-Detached",
einem guten Stück Hardrock-Grunge aus Belfast. Die Höhepunkte
waren am Abend die Songs "Church of Noise" und "Thanks for
coming" als Zugabe. Beim Eröffnungssong des Albums (eben "Church
of Noise") zeigte sich das eigentlich sehr gesellschaftskritische
Flair der Band.
Mit seinem sympathischen irischen Akzent (die Produktion des Albums in
England scheint sich nicht auf den Dialekt der Jungs ausgewirkt zu haben)
äusserte sich Bandkopf Andy zu den "Troubles" in seinem Land. Er sei
"not by choice" Protestant, Gitarrist und Bassist Michael genauso
unfreiwillig Katholik. In ihrem Land müssten sie sich von Glaubens wegen
umbringen. Und Andy unterstrich, dass er einen feuchten Kehricht um diese
Religion kümmere, (er verwendete ein unanständiges Fourletterword)
und dass er diesen Mann liebe.
Immer wieder lockerten die Jungs das Publikum mit faulen und frechen Sprüchen
auf, ein kleines Schmackerl für den Auftritt der Vorband: die Innerschweizer von
Hellmute fanden wohl den Beifall des Sängers, er bedankte sich bei den
Helvetometallern und bot ihnen einen warmen Applaus an. Die Musik der
Iren wiederum war eher cool, sie folgten dem breiten musikalischen Feld
des Albums. Die Jungs haben ja seit dem letzten Album vom grungig-harten
und vor allem düsteren Nirwanasound auf den neugestylten Edelrock wie
sie auch von den Nirwanabrüdern von Pearl Jam
praktiziert wird, umgeschwenkt. Und das war sicher die richtige Entscheidung,
Therapy? klingen hart, aber herzlich.
Des weiteren fiel auf, dass als für Hardrockverhältnisse sehr ausgefallenes
Stilmittel das Cello verwendet wurde. Zugaben waren beim Wahldubliner Andy
spärlich gesät, der "Herr der Finsternis", wie die Fans den Master of
Ceremony der Band nennen, stieg mit seinen Mannen nach nur drei Songs in
seinen cool mit vielen Fragezeichen bemalten Tourbus und fuhr heim,
heim auf die grüne Insel.
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