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Geschichte
Der Sonderbundskrieg 1847
Kulturgüterschutz
ExilschweizerInnen
Fresken an der Brunnengasse
Kantonale Denkmalpflege
Stefan Zweig
Notgrabungen in Nänikon-Uster
Römische Töpferwaren
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Der vergessene Krieg
Wisst ihr das überhaupt? Dass vor nur hundertfünfzig Jahren in diesem
ach so friedlichen und wohlhabenden und schon immer mehrbesseren Land
ein Bürgerkrieg wütete? Am 4. November 1847 sah sich die
Tagsatzung (das damalige "Bundesparlament") gezwungen, auf die
Gründung des "Sonderbundes" aus konservativen Kantonen militärisch zu
reagieren. Der Ursprung war darin zu finden, dass sich die innerschweizer
Orte zusammen mit Freiburg und Wallis zu einer Trotzallianz gefunden
hatten. Ziel war es, die (mehrheitlich reformierten) liberalen Kantone
in die Schranken zu weisen und die "alte Ordnung" wiederherzustellen.
Man muss den Kern der Geschichte vor und in der Französischen Revolution
1798 suchen. Die "Schweiz" war damals ein loser Staatenbund ähnlich der
heutigen EU, ein Zusammenschluss souveräner Orte und ihrer Untertanengebiete.
Der Einmarsch französischer Revolutionsgarden und ihrer Ideen brachte die
Schweiz aus dem Gefüge, es entstand kurzfristig die Helvetische Republik.
Der politische Rückschlag mit dem Sieg der konservativen europäischen
Staaten über Napoleon stärkte die Herrschaften zwar wieder. Die Schweiz war
aber zur 22örtigen Eidgenossenschaft geworden.
Und eben diesen "Eid" wollte der Sonderbund brechen. Verhandlungen im
Berner Bundeshaus brachten nichts. Es musste gehandelt werden, um die
bundesbrüchigen Kantone zur Räson zu bringen. Diese rüsteten sich und
wagten als erstes einen Ausfall ins Tessin. Dieser blieb stecken. Durch die
geographische Lage eh eingeschlossen, griffen Sonderbundstruppen dann von
Luzern aus das aargauische Freiamt an. Sie wollten eine Bresche zwischen
die eidgenössischen Orte Zürich und Bern schlagen und durch die ihnen
zugewandten Freien Aemter und die Grafschaft Baden ins ebenfalls
katholisch-konservative Südbaden (Deutschland) marschieren.
Der Plan ging wegen militärischen Fehlern und Zufällen in die Hose. Bei
zwei Gefechten wurden die Innerschweizer gestoppt und verloren damit den
Krieg. Eidgenössische Truppen drängten die isolierten Kantone Freiburg und
Wallis (durch Wahlen übrigens) zur Kapitulation. Zug, ohnehin mehr aus
Prinzip mit dabei, strich auch bald die Fahnen. Das Hauptquartier des
Sonderbundes, Luzern, lag zu nahe an der Grenze und wurde damit verwundbar.
Damit war nach knapp einem Monat der Spuk vorbei.
"...a very civil war...." soll ein Amerikaner im Nachhinein über den
Sonderbundskrieg gesagt haben. Im Gegensatz zu den Amis gab es in der
Schweiz nur einige Dutzend Tote. Das also war nicht das Entscheidende.
Viel wichtiger war die Katalysatorwirkung des Krieges für die Gründung
der modernen Schweiz, d.h. für die Bundesverfassung. Zwar war der
militärische Sieg der Modernisten klar, aber General Henri Dufour nutzte
diesen nicht aus, sondern behandelte den Gegner als Partner. So konnten die
ehemaligen Sonderbundskantone nur zehn Monate später die Bundesverfassung
akzeptieren. Wenn auch zähneknirschend.
Der Militärhistoriker Dieter Wicki, Mitautor der Studie "Sonderbundskrieg
1847", unterstreicht auch, dass das "Vergessen" des Krieges auch das
"Vergessen" von möglichen Gräben bedeutet. Gräben, die heute in einer
Zeit der Polarisierung wieder ansatzweise existieren. Die Probleme sollen
gemeinsam gelöst werden, nicht über die "Arena". Nicht vergessen
soll werden, dass die Schweiz vor 150 Jahren einen Bruderkrieg geführt
hat, dass sie keineswegs 700 Jahre lang das gottgegebene Paradies auf
Erden war, wie gewisse Politiker das heute glauben machen wollen.
Der Sonderbundskrieg ist ein Stück Schweizergeschichte, über das wir
uns schämen müssen. Aber er ist auch der Auslöser einer Zeit, als die
Schweiz ein revoluionärer Staat war und aus einer Vernunftsehe souveräner
Kleinstaaten entstand. Das kennen wir doch irgendwie.....
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