zur Frontseite
Zürich
11.3.1997

Lokale

Akademisches Tanzzentrum

Arnie im Plant Hollywood

Glam: Agglos im Ausgang

Beizenrevolution

Buurezmorge

Lokal: Deep Shit

Stallone in Zürich

Zürich für Fremde

Eine Schweizer Biertournee

Planet Maxx Schliessung?

Das Hanf-Resti von Wädibräu

Maxx Jubiläum

Neue Miss Albani

AlpenRock

Blauer _Engel

Kulturbeiz in Baden

Blackout

Brasserie Federal

Als ich die Nachricht vor einiger Zeit im Tages-Anzeiger las, dass im neuen Nordtrakt des Zürcher HB eine Beiz mit 100 Bieren eröffnet werden soll, war ich überaus skeptisch eingestellt. Die Vorstellung reichte von Scheusslichkeiten aus unserem nördlichen Nachbar bis zu importieren afrikanischen Experimenten und überaus süssen Verführungen (?) aus belgischen Landen.

Die negative Einstellung änderte sich jedoch mit der Mitteilung im selben Blatt, dass die 100 Biere aus der Eidgenossenschaft stammen. Nun denn, wohlan! Letzten Samstag war's soweit. Einfahrt aus Luzern im Zürcher HB, meine Heimstrecke. Ab ins Federal, dass gut eingebettet in der renovierten historischen Haupthalle des HB liegt. Wer die Situation im Zürcher HB kennt, ist froh um jeden neu eingepflanzten Sitzplatz, welcher das güldene Nass entgegennimmt. Wer selbst um Mitternachtszeit noch um einen Sitzplatz mit Bier kämpfen muss, dem ist jede Erweiterung recht.

Das Interieur der neuen Brasserie lässt sich durchaus sehen. Jedoch stört die etwas germanisch anmutende Musik (schunkel, schunkel) das Bild einer eidgenössischen Beiz. Wie man aus der Presse erfahren hat, ist die Brasserie mehr ein Neubau als ein Original: lediglich das Deckenfenster wurde originalgetreu vor dem Bau des Nordtrakts mit den entsprechenden Verschiebungen und Umstrukturierungen übernommen. Die Bar bzw. der Bierschlittenbahnhof in der Mitte der Beiz mutet ebenfalls etwas gar zu modern an...

Nun aber zum Wichtigsten, was die Brasserie zu bieten hat: das Bier.

Eine Karte mit vielen Bieren lockt zum Versuchen an: Ziegelhof, Adler, Falken, Walliser Bier, Karbacher in verschiedenen Variationen rufen zu Tische; Biere, welche meinen Gaumen schon seit mehreren Semestern nicht mehr berührten. Selbstverständlich freuten sich meine Geschmacksnerven auf solche lukullische Genüsse. Teilweise wurden sie jedoch auch arg enttäuscht. Nur wenige Biere werden offen ausgeschenkt, die meisten in Flaschen.

Beim Versuch, ein Rosengarten-Bier über die Zunge rollen zu lassen, erinnerte sich das Hirn an ein 08/15-Gebräu. Was ist schon die Atmosphäre eines Restaurants mit Flaschenbier im Gegensatz zur verschneiten Landschaft Einsiedelns, wo ich anno birra das Rosengarten bei der Brauerei offen noch bis zum letzten Zehen spürte? Oder das Walliser Bier, welches so gut zur rustikalen Beiz in Brig passte, wo wir uns vor zwei Jahren verköstigten und es würzig und stark schmeckte?

In der Beiz zerschlug das eingenommene Bier beinahe die wunderbaren Erinnerungen zweier Jahre Wanderschaft nach Schweizer Bieren. Zu sagen ist auch, dass Regionalbiere, welche überaus zu gefallen wissen (z.B. Egger, Stadtbühl, Frauenfelder, etc) nicht zu haben sind. Warum nicht eine Beiz mit 200 verschiedenen Schweizer Biere eröffnen? (Gute Idee, mein lieber "Heer vo Horw", Anm. d. Red.)

Fazit: Nebst ein paar germanischen Entgleisungen (Musik, Kalbshaxn) gefällt die neu geschaffene Brasserie Federal durchaus. Vor allem für diejenigen, welche sich mal durch die normalen und manchmal auch etwas krumm geratenen Erzeugnisse schweizerischen Brauertums trinken möchten, sei ein Besuch empfohlen. Jedoch kann eine Fasnachtszeit im Rheintal mit Sonnenbräu niemals mit einem Flaschenbier in der Brasserie verglichen werden.


Für Biwidus: Philipp Heer aus dem fremden Zürich