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Modedroge KRD
Ein Blick in die Szene
"Was um Himmels Willen sind denn KRD?" fragt mich ein Freund aus Deutschland
beim Durchsehen der Kleininserate. Nun mein Lieber, dieses Phänomen existiert
nur hierzulande, und auch nur Eingeweihte wissen, was sich hinter diesem
Kürzel verbirgt. Exklusiv für Biwidus wird hier das Geheimnis gelüftet. Ein
Blick in die Seele der KRD-Süchtigen. Alles begann im letzten Herbst mit
einem herzzerreissenden Aufschrei meines Portemonnaies: "Hunger! Hunger!"
Was tun? Ich sehe im Kasten nach, was man verkaufen könnte, und stosse auf
meine alte KRD-Sammlung, die etwa seit sieben Jahren immer mehr verstaubt.
Höchste Zeit, sie abzustossen. Auf den Tip einer Kollegin hin suche ich
einen Sammlerladen in Zürich heim. Unglaublich, aber wahr: ein ganzer
Laden voller
Kaffeerahmdeckeli.
Kaufen wollen sie aber meine
Sammlung nicht, das Geschäft verkauft nur. "Versuchen Sie Ihr Glück doch
mal an einer Sammlerbörse", rät mir ein Kunde des Ladens. "Uebrigens:
welche Serien haben sie denn?" will er wissen. "Nun, äh, na zum Beispiel
solche mit Tierchen und Sprüchen drauf..." Gnädigerweise leiht er mir den
Käppeli-Katalog, eine Art KRD-Bibel, wo ich erfahre, wie meine Serien
wirklich heissen und wieviel meine Sammlung überhaupt wert ist. Der Mann
muss mich Banausen aber auch noch aufklären, was Ausdrücke wie "Regel",
"Restaurant", "Stange", spitze, stumpfe oder runde Lasche bedeuten. Eine
halbe Wissenschaft... Bis ich meine Sammlung aufbereitet habe, braucht's
noch einige Stunden Heimarbeit. Doch dann bin ich startklar, und ich
gehe erwartungsfroh an eine solche Sammlerbörse. Beim Eintreten ins
Lokal, den innersten Zirkel der Szene, sitzen einige SammlerInnen im
Säli, vor ihnen auf dem Tisch liegen ihre Deckeli-Präsentierordner (im
Fachhandel erhältlich). Es ist zwei Uhr. Ich setze mich an einen freien
Tisch und packe meine KRD aus. Schon bald komme ich mit anderen ins Gespräch,
sie interessieren sich tatsächlich für meine Sammlung. Als sich das Säli
langsam füllt, stehen die Leute schon fast Schlange für meine Deckeli,
gierig reissen sie sie einander beinahe aus den Händen, und ich lache mir
ins Fäustchen: das Geschäft läuft. Zuweilen wird's schwierig, den Ueberblick
zu behalten, wer nun was in Beschlag genommen hat. Wieder hat ein älterer
Herr mir gegenüber Platz genommen, und betrachtet nach einem kurzen
Wortwechsel mit leuchtenden Augen und ehrfürchtiger Miene meine Deckeli.
Das Selbstklebe-Fotoalbum, in das ich meine KRD einst versorgt hatte, verrät
mich als Dilettanten, und auch die Tatsache, dass sich einige beschädigte
Deckeli darunter befinde einfach in den Alu-Sammelstellen ausgegraben). Mit der Pinzette fischt mein
Gegenüber diejenigen Exemplare heraus, die ihm laut seiner Liste noch fehlen.
Je nach Wert bringt das 50 Rappen bis 16 Franken pro Stück ein. Nach einer
gewissen Zeit flaut der Andrang ab, und ich komme mit einigen Leuten
über ihr Hobby ins Gespräch. Die meisten sind Rentner oder Menschen aus
unteren Gesellschaftsschichten. Mehrheitlich sammeln sie erst seit einigen
Jahren. "Ich habe erst vor acht Monaten angefangen, aber ich besitze schon
fast alle 400-er-Serien", erzählt mir eine Frau stolz, "und dabei habe ich
nie welche gekauft." Nun denn, mir kann's egal sein, solange die anderen
kaufen... Ein jüngerer Herr sagt mir, er bekäme bald die Blick-Serie von
seiner Tante geschenkt. Katalogwert der fünf Deckeli: 6000 Franken... "Hedi,
warst Du am Freitag in Wohlen?" ruft eine Frau durchs Säli. "Nein, ich gehe
normalerweise nach Balsthal." Deckelibörsen-Pilger. Um sechs Uhr verlasse
ich das Wirtshaus. Meine Kleider stinken zwar nach Rauch, aber ich bin
hochzufrieden mit dem Resultat. Die 700 Kaffeerahmdeckeli haben mir 400
Franken eingebracht. Noch tagelang lache ich innerlich: wie kann man nur so
viel Geld für Aluminiumverpackung ausgeben. Doch dann beschleicht mich ein
ungutes Gefühl: hätte ich nicht noch mehr rausschlagen können???
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