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Element of Crime: Interview mit Sven Regener
Also, es ist ein Ding der Unmöglichkeit, das ganze Interview an dieser Stelle wiederzugeben.
Sven, der immer so zerbrechlich und jung wirkt, ist ein Mensch, der seine Lebensklage
sehr gekonnt und lyrisch - und vor allem mit Ueberlängen - ausdrücken kann. Als wir uns
mit ihm an einen Tisch setzten, wussten wir nicht, was uns erwartet. Trotzdem versuchen
wir, euch dieses interessante Interview nicht vorzuenthalten. Aber leider wird es
löchriger sein, als ein französischer Emmentalerkopie. Sprich zusammengefasst. Nichts
für ungut.
Biwidus: Hallo, Sven. Wie ist das eigentlich, ist Element of Crime eigentlich eine
einheitliche Band oder einfach nur "Sven Regener und Band"?
Sven Regner: Ich denke, es ist eine Band mit mir in der Mitte. Aber seit wir deutsche
Texte machen, stehe ich mehr im Vordergrund. Ich glaube, wenn in einer Band jemand die
Texte macht, dann steht er im Vordergrund. Und wenn er auf der Bühne singt erst recht.
Das wird immer so sein. Ich glaube aber nicht, dass diese Songs, diese Musik, diese
Platten so wären, wie sie sind, wenn wir nicht 'ne Band wären. Der Begriff des
Frontmanns kommt hier zur Sprache. Aber ich bin schon derjenige, der die Sache nach aussen
vertritt. Und seit wir deutsche Texte machen auch sehr extrem, weil ich auch viele
Interviews gebe. Aber bei uns ist jeweils zuerst die Musik da, und dann kommen die
Texte.
B: Ihr sagt, ihr macht Rock'n Roll. Aber da denke ich an Elvis und so. Wie stehts
damit?
S: "Heartbreak hotel", "Love me tender", "In the ghetto"? Das ist ein generelles Problem
im deutschsprachigen Raum. Unter RnR wird eine bestimmte Art von Musik verstanden, wo
Gitarrenriffs gespielt werden, alle lange Haare haben und Lederhosen tragen. Das ist
so abgeschmackt, denn RnR ist ne ganze Welt. Jede Musik hat da Platz, entscheidend ist,
wie die Musik entsteht und mit welchen Mitteln sie gemacht wird. Und wir sind halt näher
bei "Heartbreak hotel". RnR ist ne Art, Musik zu machen.
Nimm Punkmusik. Wenn du mal überlegst, wie viele verschiedene Gruppen unter Punkmusik
fallen. Und wir kommen ja aus einer Postpunkgeschichte heraus. Wir haben viel
Krachmusik gemacht und diesen seltsamen Kram, ja? Entscheidend ist, dass es ne Form von
Musik ist, die frei und direkt entsteht. Es ist nicht wie bei Schlager, wo jemand hingeht
und einen Text macht, jemand der die Musik macht und dann suchen die sich jemand, der das
interpretiert. Oder wie bei Liedermachern, die einen Text schreiben, damit irgendwer
sich über irgendetwas bewusst wird. Warum muss man sich, wenn man als Deutscher Rockmusik macht,
fragen lassen: "Ist das überhaupt noch Rockmusik?", nur weils da Dreiertakte gibt? Ich
finde das lächerlich.
B: Ihr scheint beim Publikum anzukommen, obschon euer Sound ganz anders ist als derjenige
in der Kommerz- und Teeniehitparade à la DJ Bobo. Was ist das Rezept eures
elfjährigen Erfolgs?
S: Keine Ahnung. Wer sagt, dass nur Sachen wie DJ Bobo Erfolg haben? Nichts gegen DJ Bobo,
ich meine, er hat seine eigene Welt. Und es ist ja heute nicht mehr so, dass man sagen
kann: alle wollen die eine Musik hören. Ganz im Gegenteil, die Gesellschaft sperrt sich
immer mehr kulturell auf, jeder wird zum Freak. Alle laufen mit irgendwelchen komischen
Ballonseideanzügen durch die Gegend oder was weiss ich. Natürlich finden auch wir da
unser Publikum. Wir machen Musik, die uns gefällt, wir machen das jeden Tag,
warum soll die nicht auch anderen gefallen? Ich mache das gern, auch wenn ich erkältet
bin wie jetzt, weisst du? Ich freue mich zum Beispiel heute voll auf
dieses Konzert.
Also ist es verständlich, dass ein paar Leute kommen, die das auch gern sehen wollen.
Musik ist etwas sinnliches, wie essen. Entweder du magst es, oder du magst es nicht.
B: Uns ist aufgefallen, dass ihr immer wieder betont, dass ihr apolitisch seid. Warum
eigentlich?
S: Warum soll Kultur der Politik untergeordnet sein? Es sind beides nur Ueberbauphänomene.
Politik ist ein Ausdruck dessen, was in der Gesellschaft läuft. Kultur auch. Also: es
gibt keinen Grund dafür, dass das eine Ueberbauphänomen, Kultur, dem anderen untergeordnet
sein sollte. Ich wüsste nicht, warum ein Koch ein revolutionäres Essen kochen sollte.
Und so steht es auch bei einem Liebeslied. Musik ist wie Luft zum Atmen. Kultur und
Musik sprechen Gefühle an, und Gefühle haben in der Politik nichts zu suchen, das
kann zu fatalen Folgen führen. Ich glaube auch nicht, dass es in der Kultur darauf ankommt,
grosse Massen zu schaffen, die in eine Richtung gehen. Das ist mir etwas unangenehmes,
kulturell ist das eine Niederlage. Natürlich kann Politik ne Wirkung auf Kultur haben
und umgekehrt. Doch ich bin nicht der Meinung, dass Helmut Kohl und Sozialabbau einen
guten Song ergeben. Und ein schlechter Songs ist ein schlechter Song. Ich denke,
man muss ja nicht alles singen, auch dieses Interview wird ja nicht gesungen.
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