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Saufen bis zum Morgen
Kaum herrschte in den letzten Jahren so viel Einigkeit in einem
politischen Thema wie in der Vorbearbeitung des neuen, liberalen
Gastgewerbegesetzes im Kanton Zürich. Sogar die traditionelle Vertretung
der Lohnabhängigen, die linksbürgerliche SP ist dafür, dies, obschon die
Vorlage klar den Richtlinien des ansonsten höchst fragwürdigen
Deregulierungswahns entspricht. Es geht darum, die Bedürfnisklausel, resp.
das Wirtepatent für Alkoholika zu streichen und die Oeffnungszeiten
faktisch mehr oder wenger freizugeben. Konsequent nehmen neben
bürgerlichen auch die SP und die Grünen Einsitz im Pro-Komitee, ihnen zur
Seite sitzen "Salz&Pfeffer"-Chefredaktor Daniel Eggli und der Leiter des
"Back und Brau".
Die ganze Sache wirkt irgendwie seltsam. Denn, obschon die Frage an sich
ziemlich unbestritten erscheint und ganz klar im Schatten der beiden
eidgenössischen Vorlagen Arbeitsgesetz und SVP-Asylanten-Raus!-Initiative
steht, haben die Befürworter eine grosse Medienkampgane geplant, um, wie
sie in einer Erklärung schreiben, der von den Gegnern zu erwartende
Schlammschlacht zuvor zu kommen. A propos Gegner: die wohl
wahrscheinlichsten Gegner, nämlich die in ihren christlichen Wurzeln
wühlende Allenrechtmach-Partei CVP, hat gerade ihre Unterstützung bekannt
gegeben. Bleiben nur noch der Wirteverband, der wie eine Glucke an ihrem
Fähigkeitsausweis festhält und die mit ihr liierte SVP - die entsprechend
auch nicht im komitee vetreten ist. Die Vorlage ist also trotz Vorbehalten
in weiten Kreisen der Bevölkerung unbestritten.
Um was geht es eigentlich? Die Kantone St. Gallen und Basel haben in den
letzten Monaten ihr Gastgewerbegesetz erfolgreich liberalisiert. JedeR
kann nun im Prinzip eine Beiz aufmachen und führen, nur noch die
Mechanismen der freien Marktwirtschaft und evt. allgemeine Auflagen
spielen hinein. Die noch aus dem abstinenten 19. Jahrhundert stammende
Bedürfnisklausel (die eine Beiz pro Bevölkerungseinheit will/wollte) wird
gestrichen, überall können nun theoretisch Beizen aufgehen. Und wie gesagt
kann jedeR wirten, der/die das praktisch kann. Das Fähigkeitszeignis, das
bisher immer verlangt wurde und eigentlich auf die gastronomische
Kreativität nicht Rücksicht nimmt, gibt es dann nicht mehr. Kurt Walker,
Inhaber des erfolgreichen "Back und Brau" stellte lakonisch fest, dass er
selbst auch keinen solchen Ausweis habe. Das neue Gesetz führt also zu
einer Vielfalt an Gastronomie.
In erster Linie jedoch entfallen demzufolge einerseits auch Beschränkungen
für Leute, die Parties und Feste organisieren (Stichwort "illegale
Parties"). Andererseits aber, und das ist gerade für uns Junge
interessant, wird den Beizen nicht mehr (kantonal) vorgeschrieben, bis
wann sie offen haben dürfen. Sicher, es gibt noch die Polizeistunde und
die Vorgabe, dass zwischen Mitternach und fünf Uhr morgens die Beizen in
der Regel geschlossen sind, aber im Prinzip kann jede Gemeinde jetzt
Ausnahmeregelungen bis um vier erlauben, und diese sind natürlich daran
interessiert, Freiraum bei diesen Bewilligungen zu haben. Wir können somit
öfter saufen bis tief in den morgen, ohne uns im voraus erkundigen zu
müssen, wo alles offen ist. Insofern bietet sich für uns Junge die
Möglichkeit, zum Beispiel in der Wärme (fast) das ersten öV-Mittel des
Tages abzuwarten.
Nicht jede Liberalisierung bietet diese Facette an Vorteilen an. Das neue
Arbeitsgesetz zum Beispiel bringt sowohl uns, als auch den Angestellten
nur Nachteile wie Sonntagsarbeit und einfachere Nachtarbeitsregelungen für
die Patrons. Auch mit dem neuen Gastgewerbegesetz müssen die
Lohnabhängigen zwar (neues Arbeitsgesetz hin oder her) bis tief in den
morgen arbeiten, aber der Wildwuchs kann und wird aufgrund des Marktes
klein sein, und der Nachtzuschlag gilt ja weiterhin. So können - vom
"wirtschaftlichen" Nutzen eines regeren Nachtlebens ganz zu schweigen -
Nachtschwärmer wie wir bieren und durchfesten, ohne ein schlechtes
Gewissen zu haben. In diesem Sinne: "Prost!" und ein Ja zum neuen
Gastgewerbegesetz im Kanton Zürich!
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