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16.9.1996

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Die neuen Zürcher Lokalradios 2: Magic FM

Wer sich rumfragt, hört in Bezug auf die Lokalradios gerade von Jugendlichen zwischen 20 und 29 die Kritik, dass die "grossen" Z und 24 nicht nur identisch, sondern auch je länger je langweiliger und seichter werden (das gilt durchaus auch für die kleineren Lokalradios Eulach aus Winti und Zürisee aus Rappi), dass das staatliche DRS3 sich nicht nur in der ökonomischen, sondern auch in der inhaltlichen Struktur diesem geistlosen und postpubertären Einheitsbrei a la Gabi Felder-Hitparade annähert und dass Lora es trotz 13 Jahren Sendebetrieb noch nicht fertig gebracht hat, die negativen Auswüchse des Amateur-Bürgerradios aus dem Aether zu verbannen. Zur Erinnerung: Sechs Sender bewerben sich für die zusätzliche regionale und die lokale Konzession (ausser Radio Z, 24 und Lora), einer davon für beide Konzessionen.

Obschon es so aussieht, dass nur noch dekadente und gleichgeschaltete Teenies den Aether bestimmen, gibt es noch immer Leute, junge Leute, die darauf hoffen, dass die "guten" Achtziger mit Stilen wie Punk, Alternative und echtem Techno wieder Oberwasser erhalten. Ein solches Projekt ist das kleine Zürcher Magic FM, ein erklärtes Stadtradio mit Anleihen zugleich aus dem Kommerzbereich und dem Bürgerradiostil a la Lora. Wir stellen Magic FM vor und erklären, was es ist, was es will und weshalb es (leider!) keine Chance hat, sich gegen all die (z.T. geistlosen Konkurrenten) durchzusetzen.

Magic FM: ein Sender für alle - aber chancenlos

Der Grundgedanke dahinter ist ziemlich simpel: Musik nonstop, kein langweiliges Geschwafel wie bei den anderen, sondern Sound, Sound, Sound. Den Tag hindurch will Magic FM sich dem Stil der erfolgreichen Kommerzsender anpassen, "Music of the Sixties, Seventies and Eighties", wie Initiant und Teilhaber Xaver Aerni aus Wollishofen das nennt. Hier will Magic FM explizit ein Begleitmedium sein, ob bei der Arbeit, beim Autofahren oder beim Kochen, hier deckt Magic FM die nicht abzustreitbaren Bedürfnisse der nicht bewusst Hörenden ab. Von morgens um sechs bis abends um sechs will Magic FM pendeln zwischen Rock and Roll, Filmmusik, New Soul usw. Langweilig bis zum Gehtnichtmehr also, aber Mainstream. Und recht einfach produziert mittels Harddisc-Recording. CDs werden dabei auf eine Giga-HD überspielt, und der Computer selbst übernimmt das Abspielen. Viel schlechter als die anderen wird Magic FM deshalb aber noch lange nicht.

Doch danach, ab sechs Uhr, kommt der eigentliche Trumpf von Magic FM ins Spiel. Und das, was diesen innovativen Low-Budget-Sender ausmacht. Ganz nach dem Vorbild des den Umständen entsprechend erfolgreichen Konkurrenten Lora wird Magic FM als Bürgerradio den echten Fans offenstehen. Und sechs Stunden lang soll alles andere wie Mainstream gespielt werden. Ob Techno, House, Folkrock, Punk, Heavy bis Klassik, alles, was die anderen sich nicht getrauen zu spielen. Und zwar eben nicht per HD-Reording, sondern von freiwilligen Freizeit-Deejays, die ihren eigenen Sound auflegen, den Sound nämlich, den sie auch zu Hause abspielen und in dem sie sich ganz und gar auskennen.

So kann die bisher verkannte Szenen-Jugend in seinem eigenen facettenreichen Musikgeschmack getroffen werden. NDW (Neue Deutsche Welle) beispielsweise hat dort genau so seinen Platz wie Breakbeat oder irische Volksweisen. Hauptsache, es unterscheidet sich vom öden Schrottsound von Z, 24, 3, Eulach, Zürisee und der anderen. Und das Tüpfchen aufs I setzt die Mitternachtsschiene, wo bei Magic fleissig getalkt, gespielt, pressegeschaut und über alles mögliche informiert wird. Hier wird explizit versucht, Nachtschwärmer mittels bewusster Information vom seichten Gedöns der anderen wegzulocken. Aerni äusserte selbstsicher:" Es gibt sicherlich viele Leute, die bereit sind, wenn ihre Lieblingssendung kommt (auf Magic FM natürlich - Anm. d. Red.), das Radio dem Fernseher vorzuziehen.

Dabei behilft sich Magic FM auch der Neuen Medien. Der eigene Internetserver http://www.pop.ch wird dabei genau so benutzt wie all die Spielereien, in denen sich die Initianten zu Hause fühlen. Aerni selbst ist ein Computer- und Elektronikspezialist der ersten Klasse, war nicht unwesentlich am Aufbau des ersten aktuellen Regionalfernsehsenders der Schweiz beteiligt und kann deshalb dank seiner Innovationsfähigkeit das Jahresbudget des Senders auf 128'000 SFr. beziffern. Diese Ausgaben sollen durch Werbung und Sponsoring gedeckt werden. Dies ist in einem Sendegebiet mit fast einer halben Million potentiellen HörerInnen durchaus realistisch. Aerni meint dazu: "Es ist uns klar dass am Abend die Einschaltquoten nicht sehr hoch sein werden, aber dafür konstant."

Der "Musiksender mit wenig News und wenig Gesprächen" (O-Ton Aerni) hat zwei Vorteile: eine allgemeine Stossrichtung bei der potentiellen ZuhörerInnenschaft und das Low-Budget-Prinzip, was ein tiefes Defizit, resp. eine schnelle Break-even-Grenze garantiert. Der Nachteil, der grosse Nachteil, ist die interne Abstützung. Magic FM scheint die Idee eines Einzelnen zu sein, während die meisten anderen Anträger entweder eine potente AG oder einen Verein hinter sich geschart haben. Der nichtprofesssionelle Stil spricht sicher eher gegen Magic FM. Trotzdem garantiert die allgemeine Ausrichtung (z.B. auch durch publikumsproduzierte Jugendsendungen) eine bitter notwendige Bereicherung im langweiligen Lokalradioäther. Insofern ist es wünschenswert, dass das BAKOM dieses Projekt wegen seiner Breitenwirkung den Minderheitenprojekten a la Omega FM und Opus Radio vorzieht.

Infos kriegt Ihr bei:
Xariffusion
Balberstrasse 74
8038 Zürich
Fax: 483 07 22
Mail: xaver@pop.ch

oder bei http://www.pop.ch.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus Zürich