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16.8.1996

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"Wie keine zweite der grossen Weltreisen ruft die Seidenstrasse in uns Phantasien und Sehnsüchte hervor. Namen, Gerüche, Bilder von märchenhaften Städten, rätselhaften Stämmen, unberührten Einöden, Pässen, die den Himmel berühren, tauchen auf und wecken die grosse Reisesehnsucht. Um so erstaunlicher scheint es, dass sich auch 700 Jahre nach Marco Polos fesselndem Reisebericht die Völker, durch deren Länder die legendäre Seidenstrasse fährt, kaum näher gekommen sind. Weder die weltumspannende Kommunikation noch die globalen Aktivitäten des Grosskapitals können verhindern, dass Teile der Kulturen des Orients und Okzidents im Begriff sind, eher wieder auseinanderzudriften.

Ein Team des Fernsehsenders Schweiz 4, bestehend aus vier Frauen und zwei Männern, begibt sich während vier Monaten auf eine Filmexpedition auf den Spuren von Marco Polo. De Genueser vereinte Pioniergeist, Handelsgeschick, Abenteuerlust, Diplomatie und kulturelle Imagination, was die Einzigartigkeit seiner Schilderungen ausmacht. Die ExpeditionsteilnehmerInnen wollen nicht einfach spektakuläre Bilder links und rechts der Seidenstrasse aufspüren, sondern Geschichten, Legenden, andere Realitäten und eben - Spuren." So (oder ähnlich) steht es im Presseversand über diese Expedition.

Nur: schon in Vorfeld hatte das Team mit Problemen zu kämpfen, die in der dreijährigen Vorbereitungsphase nicht einkalkuliert waren. Das Spezial-Wohnmobil des Teams, das unter vielem anderen auch ein Megastativ für die 360 Grad-Rundumkamera des Teams tragen sollte, brannte kürzlich in der Garage nieder. Und das ganze Experiment war gefährdet. Als sich das Team doch noch entschied, wenn auch eine Woche später (am 26. Augst), doch noch in See zu stechen, wurden alle Register der Organisationskunst gezogen, um neben den üblichen Problemen (z.B. Visas und Absprachen mit den örtlichen Machtträgern) auch noch eine Ersatzausrüstung zu kriegen. Expeditionsleiter Charles Michel und seine Leute brachten auch das fertig, so dass das Team sich noch ein letztes Mal der Oeffentlichkeit und den Medien zeigen konnte.

Monetäre Schmiermittel (in der arabischen Lokalsprache "Backhsisch" genannt) stünden bereit, meinte Michel gegenüber Biwidus und fügte hinzu, dass das halt so üblich sei. Er wolle lieber die vielen örtlichen Paschas, Unterpaschas und Unterunterpaschas gnädig stimmen, anstatt zwei Wochen an irgendeiner Strassensperre zu verbringen. Und auch gegen natürliche Gewalten sei man gewappnet und wolle zum Beispiel den Khunjerab-Pass in Pakistan überqueren, noch bevor die Hochwasser eintreffen. Für den erfahrenen Weltreisenden war die Brandkatastrophe seines Spezialwagens offensichtlich der grösste anzunehmende Unfall, denn sie brachte das Projekt an den Rand des Untergangs. Entsprechend war er auch sichtlich bewegt, während seines Vortrages sogar den Tränen nahe.

Er, sein Kameramann und vier Journalistinnen haben sich vor allem mittels Reiseliteratur auf die Reise vorbereitet, zwei der Weltreisenden kennen sich aus in der Gegend und sprechen zwei der geläufigsten Sprachen. Trotzdem birgt die Reise so viele Gefahren und hat so viele Unbekannte in der Gleichung, dass mensch mehr von einem Experiment wie von einer Expedition sprechen muss. Auch hier habe mensch vorgesorgt, neben zwei Geländewagen hat das Team einen kompletten TV-Schnittplatz mit dabei, einen neuen (wenn auch kürzeren) Schwenkarm für die Rundumkamera, Feldküche, ein Gross- und je ein Dachzelt, denn das Leben des Teams würde in und um ihre "Planwagen" ablaufen. Es gehe ja mehr darum, führte Michel aus, die Fahrt zu dokumentieren, als an den Ländern Gesellschaftskritik zu üben. "Wichtig ist das Projekt", dafür seien sie bereit, Konzessionen zu machen, was Inhalt ("aktuelle Politik interessiert uns in diesem Sinne nicht") und Formalitäten (sprich Bakhschisch) betrifft.

Schweiz 4-Direktorin Carla Ferrari wiederum betonte, dass das Projekt rein kultureller Natur sei und keine Werbekampagne für den unter Beschuss geratenen Sender. Sie selber mag das Abenteuer, "sonst würde ich nicht bei Schweiz 4 arbeiten". Gerade junge Leute seien sonst für kulturelle Themen schwierig zu haben. Aber viel Action und das persönliche Schicksal eines jeden Teammitgliedes, gepaart mit einer rechten Prise Kultur, das sei der Stoff, aus dem sie auf den Erfolg dieses Experimentes schliesse. Sie könne sich allerdings nicht selbst als Teilnehmerin dieser Expedition vorstellen.

Arabelle Frey, TV-Journalistin und Expeditionsteilnehmerin, sieht sich durchaus auch auf den Spuren des TV-Weltreisenden Michael Palin. Der Ex-Monty Python hatte mit seiner Serie "In 80 Tagen rund um die Welt" eine amüsante und sehr informative Sendung für die BBC gemacht. Für sie, die angefragt worden ist und sich nicht selbst für diese Reise beworben hat, ist klar:"Neugierde koppelt sich mit journalistischem Interesse" - und es macht ihr Spass, bei der Sache mit dabei zu sein, "Es ist das, was man dort vor Ort trifft und schöpft, was dort passiert, flexibel mit dem Team zu sein und ausserhalb der alltäglichen Tätigkeit mal so zu arbeiten". Das sei unbezahlbar.

Trotzdem wolle er Problemen aus dem Weg gehen und mit seinem Team "vor Ort entscheiden", wo durch genau die Route führen würde. Ob jetzt die Taleban in Westafghanistan, die Kurden in der Osttürkei, die chinesische Wüste oder deren Besatzungstruppen in Tibet, immer wieder erwarten das Team nicht nur Abenteuer, sondern auch allerhand politische Querelen, die für diese Gegend nahezu typisch sind. Sie seien bereit, den "steinigen Weg" gemeinsam zu gehen, schloss Michel seine Ausführungen ab. Und der steinige Weg ist immerhin 13'000 km lang (geht voraussichtlich über Venedig - Rom - Brindisi - Istanbul - Izmir - Konya - Erzurum - Kars - Tabriz - Teheran - Isfahan - Meschhed - Buchara - Samarkand - Kabul - Islamabad - Khunjerab-Pass - Wüste Taklamakan - Wüste Gobi - Peking).

Schweiz 4 wird über die viermonatige Expedition ab 17. September jeweils in der neuen Sendung "Tirami su" berichten. Wir von Biwidus stehen mit dem Team in E-Mailkontakt und werden regelmässig einen Reisebericht des Kameramanns Joshua Hess bringen. Auch das Bild der Rundumkamera ist vom Internet abzurufen, sicherlich ein Leckerbissen für alle, die sich für solche Reisen interessieren. Vorausgesetzt, so meinte der junge Kamermann, dass er irgendwie körperlich und geistig komplett bis nach Peking käme, dem Reiseziel der Gruppe. Harren wir also der Dinge, die da noch kommen werden.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus Zürich