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27.5.1996

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Die Euphorie - Wie gewonnen, so zeronnen!

Verhalten wurde über die Nati und ihrem neuen Trainer, den Portugiesen Artur Jorge, im Jahre X nach der Aera Hodgson gesprochen. Zwar flammte Kritik nach dem Länderspiel gegen Luxemburg auf. Doch spätestens mit dem Sieg über ein schwaches Wales, verstummten sämtliche Stimmen. Sowohl im Volk, wie auch in der Medienlandschaft. Mit der Nichtberücksichtigung der WM-Helden Alain Sutter und Adrian Knup für das EM-Kader, ist man auf einen Schlag zurück im Rampenlicht.


Die erstmalige Qualifikation zur EM-Endrunde hatten die Schweizer unter Roy Hodgson geschafft, was auch gebührend gefeiert wurde.Seit Beginn der Amtszeit von Artur Jorge war nur wenig zu hören und zu sehen von der Nationalmannschaft. Natürlich wurden die Spiele gegen Oesterreich (0:1), Luxemburg (1:1) und Wales (2:0) mit grossem Interresse verfolgt, auch noch am anderen Tag darüber gesprochen, aber die zum Teil ernüchternden Resultate liess das Interresse kleiner werden. So weit, dass man das Gefühl bekam, dass gar keine Europameisterschaft vor der Tür steht. Vor zwei Jahren, als sich die Schweiz nach 28-jähriger Abstinenz wieder für eine WM-Endrunde qualifizieren konnte, verging kein Tag wo nicht über dieses Ereignis gesprochen wurde. Auf der Strasse, im Tram oder im Einkaufsladen, überall war die Nati present. Die Medien taten ihren Teil dazu. Es entstand, für Schweizer Verhältnisse ungewöhnlich, Euphorie. Menschen, die bis anhin dem Fussball wenig abgewinnen konnten, waren Namen wie Pascolo, Sutter, Bregy oder Knup plötzlich geläufig.

Die eigentliche Vorbereitung hat schon eine Woche früher in Montreux begonnen. Nur waren dort die Auslandprofis, sowie die Kandidaten der Cup-Finalisten Sion und Servette, noch nicht dabei. Der Zusammenzug in Zürich, mit sämtlichen Stars, ist der letzte und auch der wichtigste Teil der Vorbereitung. Wer darf mit nach England, wer nicht? Am Pfingstmontag war das erste Training in der Witikoner Sportanlage Looren angesagt. Hier wurde in den Medien erstmals wieder versucht, Interesse zu wecken, wo und wann die Nationalmannschaft auftreten wird. Es gelang! Rund 2000 Fans pilgerten zur Nati und dies, obwohl sich das Wetter alles andere, als von der Sonnenseite zeigte. Einen Einheimischen versetzte dieser Ansturm in Staunen:"So viele Zuschauer hatte der FC Witikon noch nie".

Für viele Anwesende war der Aufmarsch überraschend, denn auch Ihnen fehlt die Euphorie. "Die WM war halt schon etwas grösseres. Vielleicht sind wir alle etwas genügsamer geworden," bemerkte Bernhard Betschart, ein eingefleischter Fan der Fussball-Nationalmannschaft. Die 17-jährige Erika Güntensberger ist zuversichtlich. "Die Euphorie kommt schon noch, sobald sie in England sind." Doch just an diesem ersten Trainingstag glaubt man sie wieder zurück, die Euphorie. Beim gemeinsamen Einlaufen werden die Nationalspieler beklatscht und als Kubilay Türkyilmaz für einen kurzen Moment zurückfällt, wird er stürmisch angefeuert, bis er seine Teamkollegen eingeholt hat. Jede noch so halbwegs gelungene Aktion wird bejubelt.

Bei Ende der Trainingseinheit stürmten die Fans auf die Spieler zu, um sich auch noch ein Autogramm zu erhaschen. In diesem Moment waren die Stars wirkliche Stars. Sie genossen es, im Mittelpunkt zu stehen. Der Verteidigerhüne Ramon Vega sprach dann auch davon, dass er nichts von einer fehlenden Euphorie spüre, die sei seit der Qualifikation vorhanden. Youngster Johann Vogel schlug in die gleiche Kerbe ein, um nach einem kurzen Räuspern dazuzufügen: "Mit der Zeit wird mehr kommen, aber so ist es auch besser für uns, wenn nicht so viel über uns gesprochen wird." Wie recht er doch hatte, mit seiner Vermutung, es werde mehr kommen. Schon am Abend zogen am Schweizer Fussballhimmel schwarze Wolken auf.

"Morgen ist auch noch ein Tag," besagt eine Redewendung, wenn man etwas unangenehmes aufschieben will. Vielleicht ist es Artur Jorge es auch so ergangen, dass er die Katze nicht vorzeitig aus dem Sack liess, sondern seine Selektion erst am nächsten Tag bekannt gab. Dass Spieler wie Züberbühler, Ceccaroni und Walker nicht im 22-Mann Kader dabei sein werden, damit hatte man gerechnet, zumindest war es keine Ueberraschung. Das die WM-Helden von 94', Alain Sutter und Adrian Knup nicht dabei sein werden, löste bei Fans und Journalisten gleichermassen ein mittleres Erdbeben aus. " Aus rein sportlichen Aspekten," liess Nati-Coach Artur Jorge verkünden, "sind diese zwei nicht im Kader."

Mit diesem Entscheid dürfte Artur Jorge in der nächsten Zeit nicht zu Ruhe kommen. Schon werden Stimmen laut, dass alles ein abgekartetes Spiel sei, ein Racheakt von SFV-Präsident Marcel Mathier. Er fühle sich nach wie vor persönlich betroffen, von der "Stop It, Chirac"-Aktion, bei der Knup und Sutter federführend waren und habe deshalb seinen grossen Einfluss auf Jorge geltend gemacht. Etwas was Mathier weit von sich weist. Zugegeben, Regisseur Sutter und Goleador Knup nicht mit nach England zu nehmen, stattdessen Nobodys wie Sesa, Jeanneret oder Rothenbühler, ist ein mutiger Entscheid.

Bei Adrian Knup ist der Entscheid eher nachvollziehbar, war er doch in letzter Zeit bei seinem Klub Karlsruhe mehr auf der Ersatzbank anzutreffen. Aber Artur Jorge muss neben Türkyilmaz und Chapuisat schon sehr gute Stürmer haben, wenn er auf einen Mann mit einer Ausbeute von 26 Toren aus 46 Länderspielen verzichten kann. An den übrig gebliebenen Spielern, allen voran den Leistungsträgern und Wortführern wie Geiger und Sforza, bleibt es zu zeigen, dass Jorge's Verdikt richtig ist. Bereits diesen Samstag können sie in Basel, im Länderspiel gegen die Tschechien, dieser Reputation gerecht werden.


Für Biwidus: Der Kommissar aus dem Sportplatz Looren Witikon/Zürich