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Zürich
26.4.1996

Drogen

Coop-Hanf-Tee

Vom Hanf-Skandalprozess

Kiffertypen

Zigis (oder anderes) drehen

ZH, BL und SO meinen: Legalisieren!

Heroinabgabe

Jugendsession 96

Expovina 96

Drogendatenbank

Weinernte 95

Suchtprävention 1996

Hanffestival

Alkohol- Konditionierung

Bex 96

Wo weder Hopfen, noch Malz verloren sind: BEX 96

O.K. Ich trinke ja selber sehr gern dieses edle und ehrwürdige Gerstengetränk, das sich Bier nennt. Und ich bin sicherlich nicht daran schuld, dass der jährliche Bierkonsum in der Schweiz von 65 auf 62 Liter abgenommen hat (im Vergleich: die Tschechen - inklusive Kleinkinder und Frauen - schütten jährlich 140 Liter in sich hinein). Und als Biwidus-Redaktor war es mir auch ein Vergnügen, mich durch die Stände zu recherchieren (sprich durchzusaufen), auf dass unsere Leserschaft auch was davon habe. Aber was mich in diesem Jahr so richtig gestört hat, waren die Unmengen von Besoffenen, die in den Gängen rumhingen und sich so richtig stillos vollaufen liessen. So angemacht wurde ich noch nie. Dabei war das Degustieren offiziell nicht einmal mehr gratis. Nun ja, auch hier konnte mensch den fortschreitenden geistigen Zerfall unserer Gesellschaft sehr gut festellen, so nach dem sich epidemisch verbreitenden Motto "Mann, bin ich cool, heh!".

60 Aussteller präsentierten 800 verschiedene Biersorten aus dem In- und Ausland (so viele gibt es schon!). Wieder waren einige Marken neu und wieder ging es darum, in dieser fortwährenden Flut (wortwörtlich) von neuen Biermarken und -sorten Markt und K(S)äufer zu gewinnen. Je länger es geht, desto unübersichtlicher wird das Geschäft. Der durchschnittliche Schweizer Bierologe (Kennzeichen: säuft ausschliesslich Lager einheimischer Provenienz) versteht heute die Welt nicht mehr. Und es wurden 20'000 von dieser Sorte (meist männlich oder nur Anhang) erwartet. Neben einem Seminar für Fachleute wurde auch dieses Jahr wieder eine Sonderschau durchgeführt, Thema: Energy-Drinks - die mieseste Erfindung seit jener des Keuschheitsgürtels. Allerdings passten diese Dinger in eine Bierwelt 1996, die sich in Sachen Erfindungsreichtum (Draft, Ice Beer, Cider, Diesel usw.) fast ins Apokalyptische begeben hat.

Vier Tage lang soff man sich durchs Kongresshaus - für den bescheidenen Eintritt von SFr. 12.- und zusätzlichen Ausgaben pro Konsum. Eine Horde von meist jungen Degustanten war angestellt worden, um das BEX-Bier des Jahres auszuwählen. Von Anfang an stand der Favorit fest: das "Ittinger Klosterbräu" der Actienbrauerei Frauenfeld, das die bisherige Ueberlegenheit des österreicheischen "Landbieres" schlagen sollte. Weitere Geschmacks-Favoriten waren der "Weihenstephan" und das "Naumarkter Lammsbräu", ein Oekobier. Beide überzeugen durch einen zwar klassischen, aber doch aufregenden Gout und mit dem Festhalten an einer stilvollen Bierbrautradition. Genau das Gegenteil, aber trotzdem sehr zu empfehlen, sind "Vollmond" und das "Vambier" (letzteres inkl. Konsumentenclub). Das sind junge Fan-Biere, die dem Trinkenden ein Flair von Insidertum geben. Dies, obschon sie nicht so ein Gepansche sind, wie die verschiedenen süssen französischen und belgischen Möchtegernbiere.

Trotz der Bierschwemme in unseren Grossverteilern sind es vor allem die "kleineren" Biermarken, die die besten Noten erhalten und wohl so schnell nicht zu verdrängen sind. Ich denke da ans legendäre Original-"Budweiser" aus der tschechischen Nationalbrauerei oder das so richtig traditionell schmeckende Oeko-Pils aus Wädenswil. Martin Wartmann, der Kopf hinter der Frauenfelder Kleinbrauerei ("Ittinger Klosterbräu") meint dann auch dem einen Trend entsprechend:"Ich wünsche mir, dass die BEX eine Produkteschau der Schweizer Kleinbrauer wird". Die Grossbrauer (hier Willem Hosang von Calanda-Haldengut/Heineken) dagegen behaupten noch immer felsenfest:"In allen globalisierten Branchen hat Mittelmass keine Zukunft mehr". Zwar haben die "Grossen" mit ihrer Riesenpropaganda einen regen Zulauf gehabt, aber die Originalität (z.B. Feldschlösschen Ice Beer oder Amstel) liess massiv zu wünschen übrig. Dort hatten die "Kleinen" die Nase vorn, denken wir an Eichhof und ihr "Spiess Edelhell", ein leichtes, erfrischendes Bier, das jedoch nicht die Aehnlichkeit mit Pisse hat, wie ein "Draft".

Auch Besonderheiten waren weit verbreitet an der Biermesse. Ich denke da zum Beispiel an den Grosserfolg des Ciders (eine Art Sauser aus britischen Landen), der dank einer trendigen Verpackung gerade Jugendliche angesprochen hat. Dasselbe gilt auch für das "Fliegerbier" und andere "echte" Biere. Nach aussen unauffällig, von innen eine fast kommune Limonade ist "Hooch" aus Britannien. Aber Achtung! "Hooch" hat immerhin stolze 4,7% und fährt (vor allem im Sommer) sicher in die Glieder. Unter den französischen Möchtegernbieren ist mir nur eines positiv aufgefallen, nämlich "Duchesse de Bourgogne", ein Süssbier, das in ehemaligen Portweinfässern reift. Ach ja, und wens wirklich interessiert, der soll mal bei der Schweizerischen Heimbrauervereinigung vorbeischauen, dort kann mensch Bier Marke Eigenbau herstellen.

Enttäuschungen gab es für mich en masse. Abgesehen von den Panschereien wie die verschiedenen Whiskybiere a la Adelscott und das guaranahaltige Turbo-Diesel (Bier/Cola) seien da folgende Marken genannt: das läppische "Lapin Kulta", das neu auf den Markt geworfene "Coors", "Bud Ice" und "Red Lion" (typisch amerikanisch), "1664 von Kronenbourg" (Franzose halt), "Labkov" (obschon tschechisch) und das italienische "Nastro Azzuro" (nur als Auswahl). Es gab definitiv mehr bierische Enttäuschungen für uns Biertrinker als Lichtblicke. Denn eines wird gewiss: die Beliebigkeit, die ein typisches Zeichen unserer heutigen Gesellschaft ist, macht sich nun auch beim bisher standhaften Bier breit. Es gibt Biere für alle Gelegenheiten. Ein Bier für den Sommer, eines für den Winter, eines für die Einsamkeit, eines für die Zweisamkeit, eines vor einer Liebesnacht, eines für danach usw. Es fehlt nur noch das Bier für die Zeit nach einem atomaren Super-GAU (jodhaltig). So nicht, meine Herren! Ich glaube nicht, dass exotische Biersorten eine Zukunft haben werden bei uns, denn dafür sind wir zu traditionell eingestellt (in Deutschland zum Beispiel herrschen die "klassischen" Sorten ununterbrochen vor). Interessant dagegen ist der Marktauftritt von klassischen Lager-Bieren aus "exotischen" Ländern wie z.B. Kenia ("Tusker").

Eine Neuigkeit zum Schluss: aus dem Hause Tapero ("Vambier") gibt es ab Mai eine neue Säuflichkeit, eine Dosenlimo namens "Blondi". Der Untertitel "Somesing to drink - this side up" sagt schon alles aus. Die Bier-Vampiere haben es also tatsächlich fertig gebracht, aus Blondinenwitzen ein Getränk zu machen, bravo.

Bier - Links



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus dem Kongresshaus Zürich