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15.3.1996

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Die Schweizer Armee gilt zur Zeit nicht gerade als Liebkind des Volkes. Während immer mehr Männer sich dagegen wehren, in die Uniform des "Trachtenvereins" gezwungen zu werden und es vorziehen, vor dem Kadi ihre hehren Beweggründe für eine Verweigerung geltend zu machen, unternimmt zur Zeit die weibliche Hälfte unserer Wehrmacht, der MFD (Militärischer Frauendienst), eine Kampagne für eine Schweiz mit Frauen in der Armee. Mit zwei reich bebilderten Broschüren sollen dem angeblich "schwachen" Geschlecht die Vorzüge dieses männlichen Berufes schmackhaft gemacht werden. Die kleine Broschüre heisst "Militärdienst für Frauen? Warum nicht!" und die grosse "Militärdienst: das gute Recht aller Frauen". Ob hier die totale Gleichstellung von oben praktiziert wird oder ein Haufen von Rambo-Frauen herangezüchtet werden sollen, sei einmal dahingestellt. Die beiden Hefte sind spannende Bettlektüren (so war das nicht gemeint!) und sollens auch bleiben.

Frau Brigadiere Eugenie Pollak Iselin, an deren vaterländischer und antifeministischer Gesinnung eigentlich niemand zweifelt, führt die Broschüren mit den Antworten auf die Frage ein, warum eine Frau auf die Idee kommen soll, Soldat(in) zu werden. Sie meint:"Die Frauen möchten - wie in der Politik und anderen Bereichen des öffentlichen Lebens - nicht hinter den Männern zurückstehen. Sie möchten sich genauso für ihr Land nützlich machen. (...) Diese Frauen betrachten den Militärdienst nicht als Vorrecht für die Männer, sondern auch als ein Recht für die Frauen." Na. Es fragt sich, ob die Frauenbewegung auch dieser Meinung ist. Als weiterer Grund wird die Tatsache anfgeführt, dass nur Frauen mit (militärischer) Erfahrung zu diesem Thema mitdiskutieren können. Ob es von Vorteil ist, dass nun auch Frauen sexistische Witze machen und lernen, gehorsam zu sein, ist die andere Frage.

In der Folge wird erklärt, wie frau Soldatin wird. Der einzige Unterschied zu den Männern besteht in der Freiwilligkeit, sonst schneit es eine normale RS (15 Wochen), wo den Frauen verschiedene SpezialistInnentätigkeiten zusammen mit den Boys eingepaukt werden (z.B. Spitalsoldatin, Trainsoldatin, Truppenköchin, Büroordonnanz, Nachrichtensoldatin, Pilotenanwärterin, Fahrerin und Feldpredigerin). Hier herrschen sogenannt "frauenspezifische" Berufe aus den Bereichen Büro, Haushalt und Sozialwesen interessanterweise vor. Ausnahmsweise darf übrigens der Freund vor dem Eingang Tränen des Abschieds vergiessen (eher mal wieder ein Vorteil an der Sache). Sonst sind die Frauen in Uniform den Männern auch inhaltlich gleichgestellt (Sold, Post und Versicherung). Auch bei ihnen gibt es WKs und die übliche Dienstdauer von 300 Tagen. In Sachen Kinderkriegen werden Ausnahmen gemacht. Offizierinnen gibt es ebenso wie bei den Männern.

Die grosse Broschüre trägt den Untertitel "Wie Sie davon Gebrauch machen können und welche Möglichkeiten Ihnen offenstehen." Hier werden ergänzende Informationen zum Thema geliefert. Zuerst wird der Augenmerk auf die Unterschiede gerichtet (sozusagen das "Kleingeschriebene"). Dem Lead "Sie werden gemeinsam ausgehoben, sie werden gemeinsam ausgebildet, sie leisten gemeinsam Dienst - aber Frauen und Männer haben verschiedene Aufträge und dadurch teilweise auch verschiedene Ausbildungszeiten" folgt die Differenzierung in der RS-Dauer (8 Wochen für "normale" Soldatinnen, 15 für "Spezialistinnen"). Auch wird unterstrichen, dass Frauen für Aufgaben ausgebildet werden, die "keinen Kampfauftrag einschliessen". So verlange es das Gesetz (eine kleine, aber feine Einschränkung - abgesehen davon gibt es auch noch eine Verfassung). Wichtig ist auch, dass die Mitgliedschaft zwar freiwillig beginnt, dass die geleistete Unterschrift aber nichtsdestototz verpflichtend ist.

Nach dem Berufsbild der einzelnen Funktionen samt Ort der Stationierung der angehenden SoldatInnen stehen noch ein paar motivierende Einzelheiten. Zum Beispiel, dass 2000 Frauen in der Armee ihren Dienst tun und aus verschiedensten Gegenden und allen sozialen Schichten stammen. Huch, wie aufregend! "Die meisten Frauen suchen - neben ihrem Beruf oder neben ihrer Familie - eine zusätzliche Herausforderung. Oder sie handeln aus Verantwortungsgefühl, sehen den Militärdienst als Pflicht gegenüber der staatlichen Gemeinschaft." Sachen gibt's. "Dazu kommen natürlich ganz persönliche Gründe: einmal etwas machen, das man noch nie gemacht hat. Menschen (und Dinge) kennenlernen, die man sonst nirgends kennenlernt. Dem Alltagstrott den Rücken kehren. Die eigenen Grenzen besser kennenlernen." Es wird unterstrichen, dass es von Selbstbewusstsein zeuge, wenn frau (es wird andauernd das männliche "man" verwendet) den Militärdienst mache. Also muss eine Frau, die im MFD ist, ihren Mann stehen, ob's den anderen passt oder nicht. Pustekuchen. Bin ich froh, ist meine Freundin Zivilistin, das macht das Leben angenehmer.

Weitere Infos zum Thema erhält frau bei:

Dienststelle MFD/Frauen in der Armee
Hofweg 11
Postfach 239
3000 Bern 11
Tel. 031 324 32 73

Des weiteren kann frau: eine Propaganda-Videokassette beziehen, eine RS besuchen und ein persönliches Gespräch mit einer Soldatin führen.

Abtreten!



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus dem Bundesratsbunker.