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Notgrabungen in Nänikon-Uster
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Notgrabungen in Nänikon/Uster
Das Quartier Bühl in Nänikon/Uster war nachgewiesenermassen seit der
Steinzeit menschlich besiedelt. Seine Blütezeit erlebte Nänikon jedoch
im Hoch- und Spätmittelalter, als eine wohlhabende Adelsfamilie auf
dem Bühl einen Wohnturm, die Burg, und dann eine Kapelle erbauen liess.
Das damals 50 Seelen beherbergende Dorf entwickelte sich zu einer
für kantonale Verhältnisse eher reicheren Gemeinde, die nach und nach immer
mehr Eigenständigkeit zu fordern begann. Die Kapelle wurde ausgebaut, um
die Kirchgemeinde zu stärken und ein Friedhof erstellt. Nachdem die
Burg niedergebrannt war, wurde auch die Kapelle im Zuge des grösseren
Drucks durch die Zürcher Obrigkeit (im Rahmen der Reformation) verlassen.
Nänikon wurde kirchen-, und dann auch bürgerrechtlich ein (heute wieder
bedeutender) Ortssteil von Uster. Aber
die Ueberreste dieses regionalen Zentrums kann mensch heute noch finden.
Im Rahmen einer Ueberbauungsplanung auf dem Gebiet Bühl wurde nach mehreren
archäologischen Versuchen, die bis ins letzte Jahrhundert datieren,
eine Notgrabung notwendig. Mit einem Kraftakt konnte die zuständige
Kantonsachäologie WissenschafterInnen aus vielen Disziplinen in Nänikon
versammeln. 1992 begannen diese Rettungsgrabungen, 1994 waren sie dank der
guten Zusammenarbeit aller beteiligten Institutionen zu einem glücklichen
Ende gebracht worden. Die Stadt Uster und die Zürcher Baudirektion stellten
nun eine Ausstellung vor, die die gefundenen Objekte einer breiten
und interessierten Oeffentlichkeit zugänglich machen soll. Im
Stadthaus Uster fand die Vernissage statt und gleichzeitig auch die
Taufe des Buches, indem die Ergebnisse und die Grabungen vorgestellt werden.
Ausstellung und Monographie tragen den Namen "Ein altes, zergangnes
Schloss - Rettungsgrabungen in Nänikon bei Uster und Bonstetten."
Die Kapelle war schon letztes Jahrhundert zum Teil ausgegraben worden. Die
ForscherInnen fanden dort weitere Einzelheiten und vor allem Gräber auf
dem angrenzenden spätmittelalterlichen Friedhof. Ueber 100 Skelette wurden
dort ans Tageslicht gebracht. Dabei waren überraschend viele Kinderleichen
zu Tage getreten. Daneben standen die Grundmauern des Wohnturmes und der
Burggraben. Neben all diesen Bauten fand mensch auch viele kleinere
Objekte wie Pfeilspitzen, Pferdebeschläge und weitere Gebrauchsgegenstände.
Besonders interessant waren dabei die Skelette, denn sie erlaubten den
WissenschafterInnen, den Alltag einer ländlichen Gemeinde aus dem
tiefsten Mittelalter bis ins Detail rekonstruieren zu können, eine
Möglichkeit, die in ganz Europa seinesgleichen sucht.
Im Spiegel der Skelettfunde des Näniker Friedhofs erscheinen allzu oft
Spuren von schwerer Arbeit, mangelhafter Ernährung, unheilbarer
Krankheiten und schrecklichen Arbeitsunfällen. Diese Darstellung des
ländlichen Alltags jener Zeit ist sehr exakt und zeichnet für
historisch Interessierte ein klares Bild. Trotz allgegenwärtigem
Tod und Verderben bauten die mittelalterlichen NänikerInnen ein
tiefes Gemeingefühl auf, das wohl überlebensnotwendig gewesen sein
muss, gerade auf dem Land. Jedoch ist auch die historische
Bedeutung dieser Grabung in Bezug auf die adelige Lebenskultur des
Hochmittelalters sehr gross. Wer sich ins Ustermer Stadthaus
verirrt, soll sich diese Ausstellung ruhig mal ansehen, ob mensch
NänikerIn ist oder nicht. Das Schlusswort geben wir
dem Ehrengast der Vernissage, Baudirektor Hans Hofmann, der diese
Ausstellung wie folgt kommentiert hat:"Diese Ausstellung und das Buch
beweisen einmal mehr, wie spannend Archäologie sein kann."
Ausstellung "Ein altes, vergangnes Schloss" - Archäologische Ausgrabungen in
Nänikon im Stadthaus Uster (8.-23. März 1996).
Oeffnungszeiten:
MO-FR 08.00-18.00
SA 09.00-19.00
SO 09.30-11.30
Publikation: "Burg - Kapelle - Friedhof. Rettungsgrabungen in Nänikon bei
Uster und Bonstetten." Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 26.
Zürich und Egg 1995. Preis: 65.- SFr.
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