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8.3.1996

Geschichte

Der Sonderbundskrieg 1847

Kulturgüterschutz

ExilschweizerInnen

Fresken an der Brunnengasse

Kantonale Denkmalpflege

Stefan Zweig

Notgrabungen in Nänikon-Uster

Römische Töpferwaren

Notgrabungen in Nänikon/Uster

Das Quartier Bühl in Nänikon/Uster war nachgewiesenermassen seit der Steinzeit menschlich besiedelt. Seine Blütezeit erlebte Nänikon jedoch im Hoch- und Spätmittelalter, als eine wohlhabende Adelsfamilie auf dem Bühl einen Wohnturm, die Burg, und dann eine Kapelle erbauen liess. Das damals 50 Seelen beherbergende Dorf entwickelte sich zu einer für kantonale Verhältnisse eher reicheren Gemeinde, die nach und nach immer mehr Eigenständigkeit zu fordern begann. Die Kapelle wurde ausgebaut, um die Kirchgemeinde zu stärken und ein Friedhof erstellt. Nachdem die Burg niedergebrannt war, wurde auch die Kapelle im Zuge des grösseren Drucks durch die Zürcher Obrigkeit (im Rahmen der Reformation) verlassen. Nänikon wurde kirchen-, und dann auch bürgerrechtlich ein (heute wieder bedeutender) Ortssteil von Uster. Aber die Ueberreste dieses regionalen Zentrums kann mensch heute noch finden.

Im Rahmen einer Ueberbauungsplanung auf dem Gebiet Bühl wurde nach mehreren archäologischen Versuchen, die bis ins letzte Jahrhundert datieren, eine Notgrabung notwendig. Mit einem Kraftakt konnte die zuständige Kantonsachäologie WissenschafterInnen aus vielen Disziplinen in Nänikon versammeln. 1992 begannen diese Rettungsgrabungen, 1994 waren sie dank der guten Zusammenarbeit aller beteiligten Institutionen zu einem glücklichen Ende gebracht worden. Die Stadt Uster und die Zürcher Baudirektion stellten nun eine Ausstellung vor, die die gefundenen Objekte einer breiten und interessierten Oeffentlichkeit zugänglich machen soll. Im Stadthaus Uster fand die Vernissage statt und gleichzeitig auch die Taufe des Buches, indem die Ergebnisse und die Grabungen vorgestellt werden. Ausstellung und Monographie tragen den Namen "Ein altes, zergangnes Schloss - Rettungsgrabungen in Nänikon bei Uster und Bonstetten."

Die Kapelle war schon letztes Jahrhundert zum Teil ausgegraben worden. Die ForscherInnen fanden dort weitere Einzelheiten und vor allem Gräber auf dem angrenzenden spätmittelalterlichen Friedhof. Ueber 100 Skelette wurden dort ans Tageslicht gebracht. Dabei waren überraschend viele Kinderleichen zu Tage getreten. Daneben standen die Grundmauern des Wohnturmes und der Burggraben. Neben all diesen Bauten fand mensch auch viele kleinere Objekte wie Pfeilspitzen, Pferdebeschläge und weitere Gebrauchsgegenstände. Besonders interessant waren dabei die Skelette, denn sie erlaubten den WissenschafterInnen, den Alltag einer ländlichen Gemeinde aus dem tiefsten Mittelalter bis ins Detail rekonstruieren zu können, eine Möglichkeit, die in ganz Europa seinesgleichen sucht.

Im Spiegel der Skelettfunde des Näniker Friedhofs erscheinen allzu oft Spuren von schwerer Arbeit, mangelhafter Ernährung, unheilbarer Krankheiten und schrecklichen Arbeitsunfällen. Diese Darstellung des ländlichen Alltags jener Zeit ist sehr exakt und zeichnet für historisch Interessierte ein klares Bild. Trotz allgegenwärtigem Tod und Verderben bauten die mittelalterlichen NänikerInnen ein tiefes Gemeingefühl auf, das wohl überlebensnotwendig gewesen sein muss, gerade auf dem Land. Jedoch ist auch die historische Bedeutung dieser Grabung in Bezug auf die adelige Lebenskultur des Hochmittelalters sehr gross. Wer sich ins Ustermer Stadthaus verirrt, soll sich diese Ausstellung ruhig mal ansehen, ob mensch NänikerIn ist oder nicht. Das Schlusswort geben wir dem Ehrengast der Vernissage, Baudirektor Hans Hofmann, der diese Ausstellung wie folgt kommentiert hat:"Diese Ausstellung und das Buch beweisen einmal mehr, wie spannend Archäologie sein kann."

Ausstellung "Ein altes, vergangnes Schloss" - Archäologische Ausgrabungen in Nänikon im Stadthaus Uster (8.-23. März 1996).

Oeffnungszeiten:
MO-FR 08.00-18.00
SA 09.00-19.00
SO 09.30-11.30

Publikation: "Burg - Kapelle - Friedhof. Rettungsgrabungen in Nänikon bei Uster und Bonstetten." Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 26. Zürich und Egg 1995. Preis: 65.- SFr.



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus Uster bei Nänikon.
Photo: Beatrice Jäggi