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Erich Müller, Velofahrer, Oberlunkhofen
Dem aufmerksamen Leser/der aufmerksamen Leserin ist in den
letzten Tagen sicher ein grosses Inserat in den Zeitungen aufgefallen.
Auf 450 Quadratzentimetern Fläche ist ein alter, aber rüstig
wirkender Mann mit Dächlikappe abgebildet. Der Titel stellt den
Herrn auch gleich vor:"Erich Müller, Velofahrer, Oberlunkhofen". Der
Herr scheint die Natur zu lieben und aus dem Stromkanton
Aargau zu stammen.
Herr Müller meint in diesem Inserat: "Ich bin sehr umfassend über
die Kernenergie informiert worden anlässlich meines Besuchs eines Kernkraftwerkes:
Es wurde uns gesagt, wieviel Strom wir dank den Werken produzieren können;
die Sicherheitsvorkehrungen haben mich beeindruckt. Und natürlich
die Anlage, die so gepflegt ist wie mein Velo." Unterschrieben ist das
Inserat mit "Schweizer Kernenergie. Täglich Strom" und den Telephonnummern
der schweizer AKWs. Die entsprechenden Nummern stehen unter diesem
Artikel, falls die Begierde Eurerseits besteht, dort anzurufen.
Dass problematische Branchen das Bedürfnis haben, für sich zu werben
und natürlich dabei die Problematik ihrer Branche möglichst
zu verdecken, ist ja wohl klar. Die Lobbyorganisation "Gen Suisse",
hinter der die chemischen Grossbetriebe stehen, hatte mit ihrer
breiten Kampagne vor ein paar Jahren viel Sand aufgewirbelt. Und jetzt sind die
AKW-Betreiber dran. Sie verlangen Goodwill vom Volk, damit sie ihre
Strahlenschleudern weiterhin betreiben können. Und Goodwill
weckt mensch am besten mit einer grossangelegten volksnahen Kampagne.
Ist es ein Zufall, dass diese Kampagne justament in jenem
Moment anläuft, da die AKW-Betreiber für den Nicht-Bau des
Meilers in Gösgen vom Staat fürstlich entschädigt worden sind?
Sind hier Millionen direkt von Bern in die Säckel der Zeitungen
geflossen? Fragen über Fragen. Ach, da fällt mir ein. Ich habe
im "Vorwärts" eine treffende Karikatur über diese Entschädigungen
gelesen. Ercan (die Hauptfigur einer Comicreihe) bewirbt sich
für eine Stelle und wird abgewiesen. Als Folge stellt er dem
Patron (einem fiesen Grosskapitalisten natürlich, wie es sich
für dieses Blatt geziemt) eine Rechnung für den dadurch
ausgefallenen Lohn aus. Na, ein kurzer Abstecher in die staatliche
Finanzpolitik.
Jedenfalls wirbt ein offensichtlich naturverbundener Mensch
hier für eine widernatürliche, nicht erneuerbare und
erwiesenermassen riskante Energiequelle. Nichts gegen Werbung,
aber hier wird mit der grossen Kelle angerichtet. Herr Müller
scheint eine Führung durchgemacht zu haben, während der ihm
vorgegaukelt worden ist, dass unsere AKWs immun gegen allfällige
Störfälle seien, so nach dem Motto:"Was in der fernen UdSSR
passiert ist, kann uns nicht passieren, die leben ja eh hinter dem Mond."
Nie wird mit einem Wort gesagt, dass auch bei uns hie und da, wenn
auch kleinere, Störfälle passieren. Das Volk wird mit der Garantie
eingelullt, dass ein bejahrter Velofahrer aus dem Aargau das technische
und politische Verständnis hat, über die Sicherheit von AKWs urteilen
zu können.
Wir haben uns mal bei Herrn Müller in Oberlunkhofen erkundigt. Es
stimme, meinte er gegenüber Biwidus. Zwar sei der Text "etwas
ausgeschmückt", aber nicht erfunden. Seine Frau arbeite bei einer
Inseratefirma und habe eine Führung ins AKW organisiert, so mit
Aperitif und so. Und diese Führung habe ihn davon überzeugt, dass
das AKW Gösgen so sicher sei, dass mensch keine angst zu haben
brauche. Also, wenn das nicht ein neutrales und kompetentes Verdikt
ist!
Ueli Müller, der sich bei der Umweltorganisation Greenpeace
mit der Atomkraft befasst, lachte, als ich ihm den Text vorlas.
Er meinte, dass die Atomwirtschaft seit November eine breit
angelegte Kampagne in Presse und Fernsehen lanciert habe. Dieses
Inserat sei ein Teil davon. Es gehe darum, dass die AKW-Betreiber,
zusammengeschlossen im SVA und im Stromforum, versuchten, im
Hinblick auf das zehnjährige Jubiläum der Katastrophe von
Tschernobyl (am 26. April 1996), dem anlaufenden Protest der Umweltverbände den
"Wind aus den Segeln zu nehmen". Er meinte, dass diese
Kampagne einen Gesamtumfang von einigen hunderttausend
Franken haben könne. Allein schon dieses Inserat koste über
10'000 Franken. Das ist wahrscheinlich Geld aus unseren Stromrechnungen.
Es ist schon seltsam, dass die Kernenergielobby zu Mitteln
greifen muss, die mensch mehr aus der Waschmittel- und
Hygieneartikelwerbung kennt. Die Atomkraft wird plötzlich
mit Ariel-Ultra auf die gleiche Stufe gesetzt. Dort ist es
dann eine Hausfrau (Achtung Klischees!), die die Vorzüge
dieses Produktes preist. Wir denken, dass dies ein weiteres
Beispiel für die fortlaufende Ent-Sinnung der Werbung ist,
so ähnlich wie:"Gebt mir eine Million, und ich mache
euch aus einem Kartoffelsack einen Bundesrat."
Dieses sind übrigens die Nummern der betreffenden Anlagen:
KKW Leibstadt | 056 267 72 50
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KKW Gösgen | 155 155 6
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KKW Beznau | 056 250 00 31
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KKW Mühleberg | 031 330 51 25
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Achtung! Dies war eine Satire.
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